16. Symposium der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim beendet
Posted on: 14/03/2019, 11:47h.
Last updated on: 14/03/2019, 11:59h.
Am Mittwoch ging in Stuttgart das 16. Symposium der Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim zu Ende. Bei der zweitägigen Fachtagung, die am Montag mit einem Festakt zum 15-jährigen Bestehen der Forschungsstelle Glücksspiel begann, diskutierten Forscher und Branchenexperten unter anderem über Ziele von Glücksspielregulierung und aktuelle Suchtfragen.
Im Zentrum des Treffens stand die Frage, wie der nicht-regulierte Online-Glücksspielmarkt in Zukunft durch die Länder reguliert werden könnte.
Laut dem Leiter der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim, Prof. Dr. Tilman Becker, bedürfe es einer länderübergreifenden Behörde, um den Spielerschutz zu stärken und das Glücksspiel zu kontrollieren und regulieren.
Forscher fordern stärkere Regulierung
Wissenschaftler und Referenten wiesen auf dem 16. Symposium der Forschungseinrichtung auf Regulierungsdefizite hin, die im Hinblick auf das Online-Glücksspiel schon seit Jahren bestünden.
So arbeitet die Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim
Die Forschungsstelle Glückspiel der Universität Hohenheim untersucht seit 2004 die unterschiedlichen Facetten des Glücksspiels durch einen interdisziplinären Ansatz.
Mehr als 20 Wissenschaftler aus den Forschungsbereichen Medizin, Recht, Wirtschaft, Psychologie und Soziales widmen sich dringenden Fragen zum Status des Glücksspiels in Deutschland. Die Forschungsstelle ist unabhängig und verfolgt keine privatwirtschaftlichen Ziele.
Die Politik habe es verpasst, Regulierungsziele wie Verbraucherschutz, Schutz vor Kriminalität und Manipulation zu erreichen.
Schon in der Ankündigung zum Symposium kritisierte Forschungsstellenleiter Becker die Unfähigkeit der deutschen Behörden, eine einheitliche Regulierung für Online-Glücksspiel zu finden.
Deutschland habe sich zu einem „Paradies für illegale Anbieter entwickelt“, ließ Becker wissen, und forderte die Einführung einer Sperrdatei als Maßnahme für effektiven Spielerschutz:
„Wir brauchen endlich wirksame Maßnahmen für den Spielerschutz, zum Beispiel eine bundesweite Sperrdatei. Die Gesetze gegen illegales Glücksspiel müssen wirkungsvoll vollzogen werden, um den Jugend- und Spielerschutz sicherzustellen.“
Eine bundesweite Glücksspielkommission könnte zudem die rechtspolitischen Differenzen der Bundesländer überwinden, bundesweit Lizenzen vergeben und die Einhaltung des Glücksspielrechts in Deutschland kontrollieren.
Glücksspielbranche unterstützt transparente Regulierung
Für eine stärkere Überwachung von Online-Glücksspiel sprach sich als erster Referent auch Georg Wacker aus.
Der Geschäftsführer der staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg befürwortete schon in der Vergangenheit die Schaffung einer Anstalt der Länder, die die Kontrolle über Online-Wetten ausüben soll und beschrieb die Herausforderungen von Glücksspielregulierung aus Sicht einer Lotteriegesellschaft.
An seinen Vortrag schloss sich eine Podiumsdiskussion zum Regulierungsbedarf in Deutschland an. Mit dabei waren Vertreter des Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB), der Deutschen Automatenwirtschaft (DAW), des Deutschen Sportwettenverbands (DSWV), des Deutschen Online Casinoverbands (DOCV) und des deutschen Spielbankenverbands (DsbV).
Die Positionen gingen inhaltlich teilweise stark auseinander. Während Mathias Dahms vom DSWV den derzeitigen Glücksspielstaatsvertrag für gescheitert erklärte und eine grundlegende Reformation des deutschen Glücksspielwesens forderte, wies Dirk Quermann vom DOCV darauf hin, dass reine Verbote für die Zukunft des Online-Glücksspiels in Deutschland nicht zielführend seien.
Georg Stecker von der DAW betonte die Folgen der Regulierung. Die Automatenwirtschaft habe schon eine Regulierung erlebt und dadurch viele Standorte verloren. An diesen steige nun die Illegalität.
Jürgen Häfner vom DLTB unterstrich besonders die soziale Verantwortung, der sich Lotto- und Sportwettenbetreiber, egal ob online oder landbasiert, stellen müssten. Allein die staatlichen Lotteriegesellschaften überwiesen täglich 8 Millionen Euro für das Gemeinwohl in Deutschland.
Wie gegen illegales Glücksspiel im Internet vorgehen?
Über die Frage, wie Staat und Länder in Deutschland wirksam gegen illegales Glücksspiel im Internet vorgehen könnten, referierte Prof. Dr. Julia Hörnle vom Center for Commercial Law Studies der Queen Mary University in London.
Die Wissenschaftlerin diskutierte zum einen die Chancen und Grenzen von IP- und Payment-Blocking und forderte zum anderen eine internationale Kooperation der Regulierungsbehörden, um effektive Maßnahmen gegen illegales Glücksspiel zu veranlassen.
Alexander Haberl von Gaming Laboratories International (GLI) sprach als Experte für europäische Glücksspielgesetzgebung anschließend über die regulatorischen Herausforderungen der Kontrolle und Zertifizierung von Online-Glücksspiel.
Biometrische Methoden als Teil der Suchtprävention
Der letzte Vortrag des Symposiums befasste sich mit der Frage, ob biometrische Methoden für die Suchtprävention oder die Suchtbekämpfung eingesetzt werden könnten.
In vielen Ländern, so zum Beispiel in Japan, wird seit einiger Zeit über die Einführung von Gesichtserkennung diskutiert, die in Zukunft eine bedeutsame Anwendung zur Gewährleistung des Spielerausschluss darstellen soll.
Auch Gefühlserkennung auf Grundlage biometrischer Methoden kam im Zusammenhang mit dem Spielerschutz beim Glücksspiel immer wieder ins Gespräch.
Beim diesjährigen Symposium der Forschungsstelle Glücksspiel wurden die Technologien unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes diskutiert.
Er kann eine Einführung der Methoden vor allem aus rechtlicher Sicht verkomplizieren.
Relevante Beiträge zum Thema Glücksspiel
Das Symposium der Forschungsstelle Glücksspiel bot Branchenspezialisten und interessierten Zuhörern auch in diesem Jahr relevante Beiträge zum Thema Glücksspiel.
Besonders die Auseinandersetzungen um eine Regulierung von Online-Glücksspiel war von Bedeutung, hat die Wissenschaft doch immer auch das Potential, ein Signal an die Politik zu senden und so den Status Quo zu ändern.
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