No-Deal-Brexit: Britische Regierung veröffentlicht Checkliste für Glücksspiel-Anbieter
Posted on: 08/10/2019, 01:08h.
Last updated on: 08/10/2019, 01:23h.
Die britische Regierung hat für den Fall eines No-Deal-Brexits eine 8 Punkte umfassende Checkliste für Glücksspiel-Anbieter veröffentlicht. Das vom Ministerium für Digitales, Kultur, Medien und Sport erstellte Dokument beinhaltet unter anderem Hinweise zu Visa-, Datenschutz- und Zoll-Regelungen.
Wenige Wochen vor dem Ablauf des Brexit-Datums am 31. Oktober 2019 verfügt die britische Glücksspiel-Industrie damit erstmals über einen Informationskatalog, der wichtige Geschäftsfragen vor dem potenziell abkommenslosen Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union beantwortet.
Obgleich sich die Regierung mit der Checkliste an alle britischen Glücksspielunternehmen richtet, träfe ein möglicher No-Deal-Brexit vor allem Online-Casinos und Online-Buchmacher hart. Diese offerieren ihre Dienste häufig europaweit über Online-Glücksspiellizenzen, die in britischen Überseegebieten wie Gibraltar vergeben werden.
Reise- und Berufsfreiheit im Fokus
Online-Glückspiel ist in Großbritannien ein wichtiger Wirtschaftszweig. Allein im Jahre 2018 haben Online Casinos und Online Buchmacher durch ihre Angebote ca. 5.6 Milliarden GBP (ca. 6,28 Milliarden Euro) eingenommen.
Einen hohen Umsatzanteil haben Firmen mit Sitz in Gibraltar generiert. Glücksspiel-Riesen wie GVC Holdings, William Hill und Bet365 beschäftigen derzeit Hunderte Mitarbeiter am Südzipfel der Iberischen Halbinsel, die nicht selten von Spanien über die Grenze nach Gibraltar zur Arbeit pendeln.
Bet365 will 80 % seiner Stellen in Gibraltar streichen
Schon bevor die finalen Modalitäten zum Brexit feststehen, hat das Unternehmen Bet365 umfangreiche Stellenstreichungen in Gibraltar angekündigt. Der Sportwettenanbieter beschäftigt vor Ort knapp 500 Mitarbeiter, will die Zahl der Angestellten jedoch auf 100 reduzieren.
Seine Zukunft sieht Bet365 in Malta. Günstige Lizenzbedingungen und niedrige Steuersätze für Glücksspielbetriebe machen die Insel für Online-Casino-Betreiber interessant.
Dies könnte sich ändern, sollten die Arbeitnehmer nach einem No-Deal-Brexit nicht länger von der Reise- und Berufsfreiheit innerhalb der Europäischen Union profitieren können.
Die britische Regierung rät den in Gibraltar tätigen Firmen und Mitarbeitern deshalb dazu, die Immigrations-Bestimmungen der EU zukünftig genau zu prüfen. Laut Checkliste sollten Betriebe kontrollieren, ob Mitarbeiter nach dem No-Deal-Brexit weiterhin in der EU arbeiten und leben dürften.
Auch werden Arbeitnehmer dazu angehalten, die Anmeldung zum „EU Settlement Scheme“ zu prüfen. Der Prozess ermöglicht es Europäern, nach dem Brexit dennoch auf britischem Gebiet wohnhaft zu bleiben.
Der Umgang mit europäischen Nutzerdaten
Für Online-Glücksspielanbieter sind Personen- und Kundendaten eine wertvolle Ware. Schließlich lassen sich aus den Datensätzen wichtige Informationen über Einzahlungs- und Spielverhalten der Nutzer ziehen.
Nach Informationen der britischen Regierung könnten sich die bisherigen Schutz- und Nutzungsregeln für europäische Kundendaten nach einem No-Deal-Brexit maßgeblich verändern. Bisherige Datennutzungsverträge sollten von den Glücksspielbetreibern aus diesem Grund genau geprüft werden.
Um die genaue Überwachung und Einhaltung der EU-Standards zu gewährleisten, wird großen Online-Betrieben die Abstellung eines Repräsentanten empfohlen.
Copyright, Verwaltung und Einfuhrzölle
Sollten sich britische Regierungspolitiker tatsächlich nicht mit den EU-Verantwortlichen über einen geordneten Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union einigen, könnte dies zu signifikanten Veränderungen in Firmenverwaltungsprozessen führen.
Laut britischer Regierung müssten sich Glücksspielfirmen im Falle eines No-Deal-Brexits besonders im Bereich der Buchhaltung den Regeln der einzelnen EU-Staaten anpassen.
Dies könnte zu einem verstärkten Verwaltungsaufwand und damit zu höheren Kosten führen.
Belastende Zusatzausgaben könnten auch durch die Änderung von Copyright-Richtlinien entstehen. Wie es in der Checkliste heißt, sei es möglich, dass britische Copyright-Genehmigungen im Rest der EU nicht länger Gültigkeit besäßen und deshalb einzelvertraglich neu vereinbart werden müssten.
Teure Neuerungen, die im Rahmen eines No-Deal-Brexits drohen, betreffen überdies die Einfuhr von Technologien nach Großbritannien. Glücksspielunternehmen, die ihre technischen Operationen in Zukunft von der Insel ausführen wollen, müssen womöglich mit Zöllen auf Hardware rechnen.
Im Rahmen der Checkliste rät die Regierung deshalb dazu, genau zu überprüfen, welche Kosten auf die Besteller zukommen werden.
Es kann teuer werden
Wer zwischen den Zeilen der Checkliste liest, erkennt, dass es bei einem No-Deal-Brexit für Online-Glücksspielanbieter nicht nur aufwändiger, sondern auch teurer werden kann, ihre Geschäfte wie gewohnt zu betreiben.
Der Sportwettenanbieter Bet365 könnte daher nicht das einzige britische Glücksspielunternehmen bleiben, das seine Zukunft außerhalb Großbritanniens suchen wird.
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