Australien: Manipulation und Spionage von Spielern bei Woolworths
Posted on: 03/08/2018, 05:30h.
Last updated on: 09/08/2018, 09:58h.
Der australische Kaufhausriese Woolworths hat zugegeben, dass die Hotel- und Pubkette ALH Group, deren größter Anteilseigner mit 75 % Woolworths ist, seine Kunden systematisch mit Getränken abgefüllt und deren Spielgewohnheiten ausspioniert hat.
Woolworths ist eine der größten Supermarktketten in Australien und Neuseeland. Gemeinsam mit Coles Supermarket deckt sie 80% des australischen Marktes ab.
Freie Getränke um Kunden am Automaten zu halten
In den Pubs der ALH Group kam es laut der Untersuchungen zur systematischen Manipulierung der Kunden. Die Besucher wurden mit der Aussicht auf freie Getränke am Automaten gehalten, außerdem wurde das Verhalten der Kunden notiert und unter den Mitarbeitern geteilt.
Die Affäre wurde bereits im Februar dieses Jahres von dem tasmanischen Parlamentsmitglied Andrew Wilkie losgetreten. Wilkie hatte Screenshots von Google Drive Dokumenten veröffentlicht, die zeigen, dass die Geschäftsführung des Unternehmens klare Verhaltensvorgaben an die Mitarbeiter ausgegeben und sie beauftragt hat, die Kunden mit allen Mitteln an den Automaten zu halten.
Die Unternehmenskette hat hohe Umsatzziele und hat scheinbar versucht, diese auch mit fragwürdigen Methoden zu erreichen.
Aus einer internen Mitteilung an die Mitarbeiter geht die Anweisung hervor, Getränkegutscheine zu verteilen und alles zu tun um die Leute im Raum zu halten. Die Mitarbeiter werden außerdem nochmal an die hohen Ziele des Unternehmens erinnert.
Mitarbeiter tauschen sich über Kunden aus
Mit Hilfe eines Whistleblowers hat Wilkie weitere interne Dokumente veröffentlicht, die zeigen, dass das Verhalten der Kunden aufgezeichnet und mit anderen Mitarbeitern geteilt wurde.
Angestellte der Frühschicht haben demzufolge Notizen für Kollegen hinterlassen: „Einige Gesichter, die gestern und Sonntag da waren, sind wieder hier. Drinks und Getränke vergeben um sie wieder herzulocken“
Auch der Umsatz, der im Laufe des Tages in die Kassen gespült wurde, scheint in Notizen festgehalten worden zu sein. Die Einnahmen des Tages wurden miteinander verglichen, um einen internen Wettbewerb um die besten Zahlen anzukurbeln.
Alle möglichen Informationen über die Kunden wurden von den Mitarbeitern gesammelt und mit den anderen rund 400 Pubs der Kette im ganzen Land geteilt. Die Informationen reichten vom Lieblingsklubs der Kunden bis hin zu deren bevorzugten Besuchszeiten.
Bonuszahlung für Umsatzziele
In einem weiteren internen Dokument werden die Mitarbeiter an ihren Bonus erinnert, den sie bekommen, wenn sie die Umsatzziele ihrer Schicht erreichen.
Unter anderem wurden Geschenkgutscheine im Wert von 20 Dollar für das Erreichen der Ziele einer Schicht angeboten. 50 Dollar-Gutscheine gab es für jeden Mitarbeiter, der sein Wochenziel erreicht und somit das Unternehmen beim Erreichen des Umsatzziels von 1,7 Million Dollar unterstützt hat.
Der Whistleblower nennt die vorgegebene Strategie des Unternehmens rücksichtlos und unethisch. Man müsse als Mitarbeiter im Prinzip ständig über die Schulter des Gastes gucken und dessen Verhaltensweise festhalten, ohne dass der Gast davon etwas merkt.
Woolworth zeigt Reue
Nachdem Andrew Wilkie seine Informationen veröffentlicht hatte, wurden von Woolworths Seite zunächst Ermittlungen eingeleitet. Nun hat das Unternehmen zugegeben, dass im letzten Jahr ein „Kundenservice-Programm“ eingeführt wurde, das den Mitarbeitern Anlass gegeben haben könnte, das Verhalten der Kunden zu dokumentieren und damit in einer Weise zu manipulieren, welche nicht den Standards der ALH Group entspreche.
Die internen Untersuchungen wurden vom Vorstandsvorsitzenden der ALH Group Roger Corbett geleitet und von der Anwaltskanzlei Minter Ellison unterstützt. Die Ergebnisse der Untersuchungen bestätigen die Vergünstigungen für zahlungskräftige Kunden und die erhöhte Anzahl an freien Getränken.
Aufgrund der Ergebnisse der internen Untersuchungen hat sich Gordon Cairns, Vorstandschef von Woolworths, in einem Statement zu der sozialen und ethischen Verantwortung des Unternehmens bekannt und erklärt, dass das Kundenservice-Programm zukünftig unter strengeren Bedingungen ablaufen werde.
Im Angesicht der Ergebnisse der Untersuchungen hat das Unternehmen Woolworths zudem eine Reihe von Mitarbeitern in 22 Einrichtungen der ALH Group entlassen, darunter 20 in dem australischen Bundestaat Queensland.
Wilkie noch nicht zufrieden
Für Andrew Wilkie gehen die Maßnahmen des Unternehmens nicht weit genug. Er zeigt sich allerdings zufrieden mit der Reaktion des Vorstandschefs Gordon Cairns und nennt dessen Bemühungen, den Schaden der Pokermaschinenindustrie einzudämmen, vorbildlich.
Der Abgeordnete fordert allerdings weiterhin, die Spielautomaten-Industrie zu regulieren und somit den Auswüchsen der Branche Einhalt zu gebieten. Es sei nicht die Aufgabe von Parlamentsmitgliedern und Whistleblowern, die Missstände aufzudecken und zu beheben.
Wilkie ist bekannt für seinen Kampf gegen die Ausbreitung von Spielautomaten in der australischen Gesellschaft. Der parteilose Abgeordnete hatte bereits bei den australischen Parlamentswahlen 2010 für die Abschaffung der Automaten gekämpft. Laut Wilkie verlieren Spieler pro Jahr bis zu 5 Milliarde Dollar an die sogenannten „Pokies“.
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