Europa League: Red Bull gegen Red Bull
Posted on: 22/09/2018, 03:23h.
Last updated on: 22/09/2018, 03:43h.
Am vergangenen Donnerstag unterlag Bundesligist RB Leipzig zuhause RB Salzburg mit 2:3. Während Fans fürchten, dass es für die Sachsen in der Europa League nun eng werden könne, stellen sich Kritiker eine andere Frage: Wieso können überhaupt zwei Red Bull-Teams gleichzeitig am Turnier teilnehmen?
Die Integrität des Wettbewerbs
Was in der Formel1 gang und gäbe ist, ist im Fußball verboten: Die Stallregie, bei der mehrere Teilnehmer eines Wettkampfes unter einem Dach vereint sind.
Das Reglement der UEFA, die für die Ausrichtung des Europa Cup zuständig ist, ist diesbezüglich deutlich. Es gibt vor, dass nicht ein und dieselbe juristische oder natürliche Person für zwei Teams zuständig sein darf. So soll die Integrität des Wettbewerbs sichergestellt werden.
Juristisch bewegen sich die Teams auf der sicheren Seite. Dennoch: Die Rolle, die Getränkehersteller Red Bull bei RB Leipzig und Red Bull Salzburg spielt, sorgt immer wieder für Anlass zur Sorge: Wie groß ist die Nähe der Klubs zueinander wirklich?
Gruppengegner in Sorge
Rune Bratseth ist Vorstandsmitglied des norwegischen Vereins Rosenborg Trondheim, der im Europa Cup in seiner Gruppe auf beide Red Bull-Teams trifft. Er zeigt sich im Vorfeld des Turniers besorgt:
Die Leute denken nach: „Vorletzter Spieltag und die brauchen beide einen Punkt. Was dann?“ Das ist nicht gut für die zwei Vereine.
Ein roter Bulle statt zweien
2017 hatte sich die gleiche Frage bereits im Vorfeld der Champions League gestellt. Auch hier hatten sich beide Vereine des Getränkeherstellers qualifiziert, die UEFA meldete Bedenken an. Da der RB Leipzig in der Bundesliga schlechter platziert war als der Club aus Österreich in der eigenen nationalen Tabelle, mussten die Sachsen um ihren Startplatz zittern.
Letztendlich entschied die UEFA, beide Klubs zum Spiel um den Champions-League-Pokal zuzulassen. Voraussetzung: Die Vereine mussten sich deutlich voneinander unterscheiden. Was das genau bedeutete, wurde juristisch hinter verschlossenen Türen geklärt.
Für die Fans sichtbar war RB Salzburg der Aufforderung nachgekommen: Der Club entfernte einen der beiden roten Bullen aus dem Logo des gemeinsamen Geldgebers auf den Trikots, um die Sachsen im Spiel zu halten.
Red Bull Chef: Eigentümer und Sponsor
In diesem Jahr teilte Red Bull- Chef Dietrich Mateschitz den Salzburger Nachrichten bereits im Frühjahr mit, in Bezug auf die Europa League sei „alles geregelt“. Was genau das bedeutete, blieb im Dunkeln, zumal die UEFA erklärt hatte, eine diesbezügliche Entscheidung erst im Juni fällen zu wollen.
Nach einem Thailandurlaub 1982 gründete der damals 38-jährige Dietrich Mateschitz gemeinsam mit dem Thailänder Yoovidhya die Red Bull GmbH. Nach Vorbild des thailändischen taurinhaltigen Getränks Krating Daeng, dessen Grundrezeptur und Marketingkonzept sie übernahmen, kreierten die beiden den Energiedrink Red Bull und brachten diesen 1987 auf den Markt.
36 Jahre später ist Dietrich Mateschitz mit einem geschätzten Vermögen von 23 Milliarden US-Dollar laut Forbes Liste der mit Abstand reichste Österreicher.
Rechtlich sind die Vereine seit einiger Zeit komplett voneinander getrennt. Während Mateschitz` Red Bull GmbH Eigentümerin des RB Leipzig ist, ist sie in Salzburg seit 2015 offiziell nur noch Hauptsponsor.
Laut UEFA-Reglement darf ein Sponsor nicht mehr als 30 % zum Verein zuschießen. Dass Maateschitz nach wie vor die Zügel in den Händen zu halten scheint, könnte an den weiteren Premium-Sponsoren des Vereins liegen.
So finden sich neben Red Bull auch der exklusive Red Bull-Abfüller Rauch und Autohersteller Audi, der Red Bull Kooperationspartner für eine private Mondlandung, in der Liste der großen Geldgeber. Eine Entscheidung gegen Mateschitz` Willen wird so recht unwahrscheinlich. Rechtlich relevant sind diese Vorgänge nicht, sie zeigen aber, wie groß der tatsächliche Einfluss des Getränkeherstellers auf den Verein sein kann.
Insider berichtet von großer Schnittmenge
Doch nicht nur die finanziellen Gegebenheiten lassen die Vermutung zu, dass zwischen den Vereinen eine gewisse Nähe besteht. Insbesondere die Transferhistorie der beiden Teams lässt aufhorchen: Bereits 18 fanden Spieler ihren Weg aus Salzburg nach Leipzig. Im Winter steht mit Amadou Haidara der nächste Verkauf an.
Zyniker sprechen vom RB Salzburg schon länger als zweiter Mannschaft des RB Leipzig. Ein Eindruck, den der damalige Salzburger Trainer Oscar Garcia verstärkte, als er seinen Klub als „Ausbildungsverein“ für den deutschen Bruder bezeichnete.
Auffällig ist nach Recherchen des Magazins 11 Freunde zudem die operative Nähe beider Vereine. So berichtete ein RB-Mitarbeiter den Journalisten von zahlreichen Verflechtungen des Dreiecks Leipzig-Salzburg-Red Bull GmbH. Insbesondere das Scouting geschehe in Absprache miteinander, auch Spielphilosophien und Trikotdesign seien Thema.
Eine Aussage, die die Leipziger Führung bereits 2017 dementierte:
Diese bereits vor geraumer Zeit vollzogene Trennung bezieht sich auf sämtliche Bereiche.
Red Bull-Sponsorings in der Kritik
Die Kritik am Unternehmen Red Bull, das seit Jahren weniger durch seine Energiedrinks als durch unterschiedlichste Sportsponsorings auf sich aufmerksam macht, ist breit gefächert.
Fußballballfans werfen dem Konzern vor, den Fußball durchzukommerzialisieren. Nachdem RB Leipzig 2009 die Fünftligalizenz des SSV Makranstädt übernahm, ist der Verein dank Red Bull heute ganz oben mit dabei.
Auch mit seinen Extremsportsponsorings polarisiert der Getränkehersteller: Während die einen spektakuläre Aktionen, wie den Sprung des Österreichers Felix Baumgarter 2015 aus 40 km Höhe feiern, sorgen sich andere, um die Sicherheit der Sportler.
Immer wieder sterben Sportler bei waghalsigen Aktionen, die Red Bull sponsort. Kritiker werfen dem Konzern vor, die Markenbotschafter wissentlich zu hohe Risiken eingehen zu lassen, um das eigene Produkt mit spektakulären Kampagnen zu bewerben.