Nebenwirkung Glücksspiel: Pharmakonzern muss nicht für Millionenverluste von Verstorbenem aufkommen
Posted on: 13/04/2021, 02:51h.
Last updated on: 13/04/2021, 02:52h.
Der Supreme Court der kanadischen Provinz British Columbia hat eine Klage gegen die Hersteller des Psychose-Medikaments Abilify abgewiesen. Geklagt hatten die Hinterbliebenen des 2018 verstorbenen Unternehmers Sameh „Sam“ Magid (†52). Sie werfen den Pharmakonzernen vor, nicht ausreichend auf mögliche Nebenwirkungen der Arznei wie exzessives Glücksspiel hingewiesen zu haben. Magid hatte während der Zeit der Einnahme rund 9 Mio. US-Dollar (rund 7,6 Mio. Euro) in Casinos in Las Vegas verspielt.
Glücksspielsucht und Hypersexualität
Die Familie von Sam Magid hatte rund 9 Mio. USD von dem japanischen Abilify-Hersteller Otsuka Pharmaceutical Co. und dessen nordamerikanischer Vertriebsgesellschaft Bristol-Myers Squibb Co. gefordert. Den Anwälten zufolge sollen die Pharmaunternehmen für massive Spielverluste des Verstorbenen in Las Vegas verantwortlich sein.
So habe Majid Abilify von 2010 bis zu seinem Tod im Jahr 2018 eingenommen. Schnell hätten sich als Nebenwirkung eklatante Wesensveränderungen und der Verlust der Impulskontrolle eingestellt. Neben zwanghaftem Geldausgeben und Hypersexualität habe der Millionär begonnen, exzessiv zu spielen.
Es ist bekannt, dass sich bei bestimmten Medikamenten exzessives Verhalten und mangelnde Impulskontrolle als Nebenwirkung zeigen können. Ärzte und Betroffene berichten beispielsweise von starkem sexuellem Verlangen, abweichendem Sexualverhalten, unangemessenem Verhalten sowie dem Drang nach finanziellem Risiko, wie beispielsweise beim Glücksspiel. Grund für die Wesensveränderungen, die unter anderem von dem Wirkstoff Pramipexol hervorgerufen werden können, sind Veränderungen der Dopaminproduktion im Gehirn.
Allein im Mai 2012 hätten sich die Verluste Majids im Caesars Palace Casino in Las Vegas auf 583.750 USD summiert. In den Jahren 2014 und 2015 habe er rund 8,4 Mio. USD im Mandalay Bay Casino verspielt. Der Schaden, der durch das exzessive Glücksspiel entstanden sei, habe sich nicht allein auf die finanziellen Verluste beschränkt, so der Vorwurf. Vielmehr habe er aufgrund seines außer Kontrolle geratenen Spielverhaltens auch mit mentalen und körperlichen Problemen sowie einem massiven öffentlichen Ansehensverlust zu kämpfen gehabt.
Prozess in den USA?
Abgesehen von den schwerwiegenden Folgen der Medikamenteneinnahme hatten die Hinterbliebenen dem Hersteller vorgeworfen, auf dem amerikanischen Markt nicht ausreichend über die bekannten Risiken aufgeklärt zu haben. Und das, obwohl das Unternehmen in Europa bereits seit 2012 vor Abilify-Nebenwirkungen, wie Majid sie erlebt habe, warne.
In seiner Entscheidung, die Klage abzuweisen, war der Supreme Court der Argumentation der Beklagten gefolgt [Seite auf Englisch]. Diese hatten geltend gemacht, dass Sameh Majid während der Zeit, während der ihm Abilify verschrieben worden war, keinen ständigen Wohnsitz in British Columbia gehabt habe. Vielmehr sei er in fraglichen Zeitraum im US-Bundesstaat Kalifornien ansässig gewesen.
So sah es auch der zuständige Richter und erklärte:
Meiner Ansicht nach sind die mir vorliegenden Beweise erdrückend, dass Sameh in British Columbia niemals Abilify verschrieben wurde (…). Es ist nicht im Interesse (…) des Rechtssystems, dass diese Angelegenheit in British Columbia verhandelt wird. Es wäre viel effizienter, wenn die Gerichte in Kalifornien die Fragen klären würden.
Weder die Kläger noch die Pharmakonzerne haben sich bislang öffentlich zum Abschluss des Verfahrens in British Columbia geäußert. Ob die Familie den Rechtsweg in den USA beschreiten wird, bleibt somit vorerst unklar.
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