Österreich: Kanzler Kurz im Kreuzfeuer der Ibiza-Ermittlungen
Posted on: 18/05/2021, 02:10h.
Last updated on: 18/05/2021, 02:11h.
Der parlamentarische Ibiza-Untersuchungsausschuss in Wien spitzt sich zu. So geriet neben Finanzminister Gernot Blümel nun auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) immer mehr ins Zentrum der Causa Casinos, Causa Novomatic und den damit zusammenhängenden Korruptionsvorwürfen gegen die Regierung. Der Nationalrat hielt daher am Montag eine Sondersitzung ab.
Der Kanzler habe sich insgesamt 50 Fragen zu den gegen ihn gerichteten Vorwürfen der Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss stellen müssen. Dies berichtete das österreichische Nachrichtenportal Kontrast.
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz war am 25. Juni 2020 vor den Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung geladen. An jenem Tag wurde er erstmals zur Ernennung von Thomas Schmid zum Alleinvorstand der Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) befragt. Die Gesellschaft hält 33,2 % der Anteile an der Casinos Austria AG.
Kurz hatte zu jener Zeit ausgesagt, über die Bestellung Schmids informiert, aber nicht in sie eingebunden gewesen zu sein. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) habe jedoch Medienberichten zufolge mittlerweile anhand von Textnachrichten nachweisen können, dass Kurz nicht nur involviert gewesen sei, sondern die Entscheidung praktisch selbst getroffen habe.
Wie Kontrast erläutert, gelte vor dem Ibiza-U-Ausschuss Wahrheitspflicht. Auf Falschaussage drohe eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren. Statt seine mutmaßlichen Falschaussagen zu erklären, soll Kurz bei seiner gestrigen Befragung allerdings „auf Angriff“ gegangen sein. So habe er der Opposition vorgeworfen, nicht auf Ermittlungsergebnisse aus zu sein, sondern ihm „seine politischen Erfolge zu missgönnen und ihn persönlich anzugreifen“:
Unter Beschuss: Alle gegen Kurz
Gegen seinen Widerstand habe sich Kurz jedoch harsche Worte der anwesenden Fraktionsführer und -chefs anhören müssen. Während lediglich die ÖVP, seine eigene Partei, hinter ihm gestanden habe, hätten SPÖ, FPÖ, Neos und Grüne den Kanzler heftig zurechtgewiesen. SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried sagte:
Sie sind der Täter, der sich gegen den Rechtsstaat, die parlamentarische Demokratie und gegen Moral und Anstand richtet.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner fügte hinzu, dass niemand über dem Recht stehe, „auch Sie nicht, Herr Bundeskanzler“. Beate Meinl-Reisinger von den Neos hingegen habe von einer ÖVP-Krise gesprochen und dem Kanzler und seiner Partei vorgeworfen, Macht und Einfluss allein „im Interesse der Freunde und der Spender“ zu nutzen.
FPÖ-Klubchef Herbert Kickl sei noch weiter gegangen und habe über Kurz gesagt, dass dessen „Stärke vor allem auf unterwürfigem Bestelljournalismus fuße“. Kickl sei aufgrund seiner Wortwahl zweimal ermahnt worden.
Ob das Handeln des Kanzlers letztendlich als Straftat einzuordnen sei, müsse nachfolgend ein unabhängiger Richter entscheiden.
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