Elfmeter und Co: Wird es ab 2019 neue Fußballregeln geben?
Posted on: 07/11/2018, 01:20h.
Last updated on: 07/11/2018, 01:37h.
Das International Football Association Board (IFAB) diskutiert neue Fußballregeln. Auf der Agenda stehen das Handspiel, Spielverzögerungen beim Einwechseln und die Rahmenbedingungen beim Elfmeter. Ziel der Neuerungen: Das Spiel soll fairer, schneller und übersichtlicher werden.
So spannend der Fußball ist, so behäbig gebärdet er sich in der Modifikation seiner Spielregeln.
Neue Fußballregeln schon ab Juni 2019?
Am 7. November diskutierte das International Football Association Board (IFAB) in London über Neuerungen im Reglement und manch einer wittert bereits eine „Fußball-Revolution“.
In zwei Wochen, am 22. November, wird sich dann entscheiden, ob die Änderungsvorschläge im März 2019 der jährlichen Generalversammlung des IFABs im britischen Glasgow vorgelegt werden. Sollten die neuen Regelungen vom IFAB-Komitee ratifiziert werden, steht einer kurzfristigen Einführung nichts im Wege: Sie würden ab dem 01. Juni 2019 für alle Partien der FIFA-Mitgliedsverbände und Konföderationen gelten.
Das IFAB ist die relevante Entscheidungsinstanz für die Spielregeln im Fußball. Laut Selbstbeschreibung gehört es zu seinen Aufgaben, „die Fußballregeln innerhalb des von der FIFA organisierten Weltfußballs zu bewahren, zu formulieren und anzupassen“.
Das Board besteht aus der FIFA und den vier britischen Fußballverbänden aus England, Schottland, Wales und Nordirland. Die Verbände verfügen bei Abstimmungen über jeweils eine Stimme, der Weltfußballverband FIFA über vier.
Vorschläge für Änderungen der Fußballregeln können von allen nationalen Fußballverbänden und Konföderationen an die Mitglieder des IFAB herangetragen werden, die diese dann offiziell im Komitee vorstellen.
Auf den jährlich stattfindenden Generalversammlungen wird über die erarbeiteten Themen abgestimmt. Für die Änderungen an den internationalen Fußball-Spielregeln ist eine Dreiviertel-Mehrheit der stimmberechtigten Anwesenden notwendig.
Konkret geht es nun um drei Vorschläge, die dem Komitee vorgelegt werden sollen. Sie betreffen das Handspiel, die Auswechslung und den Elfmeter.
„Die Hand des Frosches“
Was „Hand“ ist und was nicht, führt auf dem Feld regelmäßig zu Diskussionen und empört-theatralischen Szenen. Dabei scheinen die Regeln eigentlich recht übersichtlich. Im Bereich „Fouls und unsportliches Betragen“ der offiziellen Spielregeln heißt es hierzu:
Ein Handspiel liegt vor, wenn ein Spieler den Ball absichtlich mit der Hand oder dem Arm berührt.
Folgendes ist zu berücksichtigen:
– die Bewegung der Hand zum Ball (nicht des Balls zur Hand),
– die Entfernung zwischen Gegner und Ball (unerwarteter Ball),
– die Position der Hand (das Berühren des Balls an sich ist noch kein Vergehen),
– das Berühren des Balls mit einem Gegenstand in der Hand des Spielers (Kleidung, Schienbeinschoner usw.) ist ein Vergehen
Nun scheint die Sache mit dem „absichtlich“ immer wieder zu Irritationen zu führen, wie die Nationalmannschaft Irlands beispielsweise im Skandal um das Handspiel von Starfußballer Thierry Henry im Jahr 2009 schockiert feststellen musste.
Der Franzose, dessen Handspiel für das Aus der Iren in der WM-Qualifikation gesorgt hatte, bekannte nach Abpfiff der Partie freimütig: „Natürlich war es Handspiel“, aber er sei schließlich nicht der Schiedsrichter. Später kam heraus, dass die FIFA den „Boys in Green“ im Nachklang fünf Millionen Dollar Entschädigung für das unrechtmäßige Ausscheiden gezahlt hatte. Die Episode ging – politisch nicht so ganz korrekt – als „Die Hand des Frosches“ in die Fußballgeschichte ein.
Nach Willen der Verantwortlichen soll nun eine neue Definition für Abhilfe schaffen: Ein Handspiel läge danach bei einer „unnatürlichen“ Armhaltung vor.
„Unnatürlich“ ist die Armhaltung nach Meinung der Experten, wenn sich der Arm bei der Berührung des Balles über der Schulterhöhe oder – Obacht – weiter abgespreizt, als in den Uhrzeigerstellungen 4.00 oder 8.00 Uhr befindet.
Es ginge somit bei den Entscheidungen nicht mehr um die Einschätzung des Schiedsrichters, ob Vorsatz oder nicht, sondern um seine Fähigkeiten in Geometrie und Winkelberechnung.
Ein Ende der Spielverzögerung beim Auswechseln?
Ein weiterer Punkt auf der Agenda der Regelmacher des IFAB ist der – Achtung Wortspiel – „Ablauf“ der Auswechslung. Derzeit bringt das Einwechseln von Spielern der Mannschaft, die mit dem aktuellen Spielstand zufrieden ist, nicht nur frische Energie, sondern auch die Chance auf jede Menge geschundene Zeit.
Da trottet der Auszuwechselnde, lässt sich beklatschen, umarmt auf dem Weg seine Kameraden, während die Zeit gegen den Gegner läuft. Das bietet sich an, denn nach geltenden Regeln müssen sich Auswechselspieler in Höhe der Mittelfeldlinie an der Außenlinie einfinden.
Die Neuregelung sähe vor, dass der Spieler das Feld an der Außenlinie verlässt, die ihm am nächsten ist. Sollten die Bewegungen nicht in Zeitlupe ablaufen, wäre eine deutliche Zeitersparnis gewiss.
Elfmeter: Was wird aus dem Nachschuss?
Der dritte und am kontroverstesten diskutierte Punkt der angepeilten Regeländerungen ist die Abschaffung des Nachschusses nach einem Strafstoß.
Bisher war der Ball nach einem Elfmeter weiter im Spiel, wenn er am Tor abprallte oder vom Keeper abgewehrt wurde. Geht es nach den neuen Vorstößen, wird es künftig keine Nachschüsse mehr geben. Ist der Elfmeter verschossen, soll es mit einem Abstoß weitergehen.
Auf diesem Weg würde das Gerangel um die besten Plätze im Strafraum, das teilweise sogar in Gelben Karten mündet, überflüssig und auch dem Fehlstart von Spielern, die schon vor dem Strafschuss losstürmen, der Nährboden entzogen.
Inwieweit eine solche Regelung dem Spiel und den Fans zugutekommen würde, ist umstritten. Schließlich sind es zuweilen genau diese Szenen vor dem Tor, die das meiste Spannungspotenzial bergen.
Revolution oder Gedankenspiel?
Übrigbleibt, dass das IFAB bislang ein eher gemächliches Tempo an den Tag gelegt hat, wenn es um tiefgreifende Neuerungen in Bezug auf die Regeln des Fußballs ging. Die FIFA kokettiert auf Ihrer Website sogar mit dem angestaubten Image der Regelhüter:
Warum gab es im Laufe der Jahre so wenige Änderungen an den Regeln? Warum gilt das IFAB als konservativ?
Die Antwort darauf ist ebenso simpel wie direkt: Die Attraktivität des Fußballs liegt in seiner Einfachheit. Und als Hüter der Regeln versucht das IFAB so gut wie möglich die Wurzeln zu bewahren, aus denen der Sport so spektakulär aufgeblüht ist.
Ob alle der genannten Vorschläge in zwei Wochen also wirklich angenommen und im nächsten Jahr ratifiziert werden, kann nur die Zeit zeigen.
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