Computerspielsucht: Veränderte Hirnstruktur bei pathologischen Gamern
Posted on: 18/06/2022, 05:30h.
Last updated on: 17/06/2022, 01:49h.
Menschen, die unter einer Computerspielsucht leiden, weisen Parallelen zu drogenabhängigen Personen auf. Bei beiden seien bestimmte Hirnareale verändert, wie der Pharmazeutischen Zeitung zufolge neueste Studien belegen.
Die Veränderungen würden vor allem das Belohnungszentrum im Gehirn sowie zwanghaftes Verhalten betreffen. Unumkehrbar seien sie allerdings nicht.
Besonderheiten im Gehirn als Vorbedingung oder Folge von Computerspielsucht?
Bevor die Computerspielsucht von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den Diagnosen-Katalog ICD-11 aufgenommen und als Krankheit anerkannt wurde, kam es zu vielfältigen Diskussionen. So hatte die Gaming-Branche unter anderem die Befürchtung geäußert, dass Spieler pathologisiert werden könnten, ohne dass sie tatsächlich Suchtverhalten aufwiesen.
Tatsächlich seien allerdings nur 3 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen als süchtig zu klassifizieren. Dies erklärt der Professor für Psychologie Dr. Matthias Brand in einem aktuellen Beitrag in der Zeitschrift „Science“.
Angesichts dieser Zahl und der umfassenden Internet-Nutzung der Bevölkerung entsteht immer wieder die Frage, was pathologische Gamer von all jenen unterscheidet, die Internet und Computerspiele nutzen, ohne abhängig zu werden.
Die Frage nach den biologischen Vorbedingungen für eine Suchterkrankung beschäftigt Forscher bereits seit geraumer Zeit. Dabei weisen Studien immer wieder darauf hin, dass sowohl genetische Faktoren als auch Umwelteinflüsse eine Rolle bei der Entwicklung von Süchten spielen können. Treffen beide Faktoren zusammen, potenziere sich das Suchtrisiko jedoch deutlich. Dies zeigen beispielsweise Studienergebnisse von Forschern der Universitäten Richmond und Malmö.
Dr. Brand zufolge seien Unterschiede beispielsweise auf Hirnscans von pathologischen Gamern zu erkennen, die mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) erstellt würden. Dabei zeigten die Spieler Auffälligkeiten, die jenen ähnelten, die unter einer stoffgebundenen Sucht, wie einer Alkohol- oder Drogensucht, litten. Gestört sei bei ihnen das Gleichgewicht zwischen den Signalen, die eine Abhängigkeit fördern und jenen, die die Handlungen steuern.
Noch nicht geklärt sei, ob die beobachteten Veränderungen tatsächlich im Laufe des pathologischen Spielens entstehen oder ob sie bereits vorhanden gewesen seien. Sei letzteres der Fall, könnten sie Menschen besonders anfällig für die Entwicklung jeder Art von Sucht machen.
Entscheidend sei, dass eine Computerspielsucht nicht zwingend bestehen bleiben müsse, sondern behandelbar sei. Sei die Sucht überwunden, normalisiere sich auch das Gehirn. So erklärt Brand:
„Das Hirn ist lernfähig, es hat eine Plastizität. Es verändert sich bei den Verhaltenssüchten im Verlauf des Suchtprozesses, aber wir sehen auch, dass das reversibel ist.“
Um die Computerspielsucht zu bekämpfen, könne eine entsprechende Therapie Erfolg zeigen. Der Vorteil ihrer Anerkennung als Krankheit sei, dass die Suchthilfe nun von den Krankenkassen bezahlt werden könne.
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