Irland: Sorge um zunehmende Spielsucht bei Frauen

Posted on: 15/04/2019, 03:01h. 

Last updated on: 15/04/2019, 03:01h.

In einem Interview mit der Irish Independent Tageszeitung äußerte sich Austin Prior, ein Suchtberater aus einer Dubliner Spielsuchtklinik, zu den besorgniserregenden Entwicklungen irischer Problemspielerinnen. Mangelnde Regulierung und exzessive Werbung seien einige der Hauptursachen.

Frau irische Flagge
Sorgen um immer mehr irische Problemspielerinnen (Bild: Pixabay; Casino.org)

Frauen spielen heimlich und allein

Die Republik Irland zählt zu jenen europäischen Ländern, in denen das Online Glücksspiel per Gesetz ausdrücklich erlaubt ist. Davon profitieren seit Jahren zahlreiche Online Casinos, die zu einem Großteil im Ausland basiert sind.

Die Iren nutzen diese Angebote gern, wie zuletzt auch eine repräsentative Studie des irischen Gesundheitsministeriums belegte. Insgesamt gingen 64,5 % aller Iren einer Form des Glücksspiels nach. Gut 7,3 % spielten bei Online Glücksspielanbietern, inklusive Online Lotterien.

Geschlechtsspezifische Unterschiede zeigten sich in der allgemeinen Glücksspielbeteiligung nicht. Allerdings tendierten die Frauen mehr zu Lottospielen, Rubbellosen und Bingo, während bei Männern die Sportwetten und Casinos vorn lagen.

AN Roinn Slainte Department of Health
Das irische Gesundheitsministerium führte eine Studie zum Glücksspiel durch (Bild: health.gov.ie)

Die Tageszeitung Irish Independent führte zu diesem Thema ein Interview mit Austin Prior durch, einem Berater in der Dubliner Suchtklinik Rutland Centre. Seine Einschätzung nach könnte die Realität deutlich anders aussehen, als die Ergebnisse der Studie suggerieren.

In seiner Praxiserfahrung sähe er immer mehr Frauen, die exzessiv online spielten und zum Teil genau aus diesem Grund mit Gruppen wie Gamblers Anonymus in Kontakt träten.

Jedoch würden nicht genügend Frauen diesen Schritt wagen, weshalb die Dunkelziffer der Problemspielerinnen deutlich höher liegen könnte als die in der Studie genannten 0,2 %.

Prior berief sich dabei auch auf die kürzlich veröffentlichte Studie aus Schweden, nach der sich mittlerweile mehr weibliche als männliche Spielsüchtige an Hilfsorganisationen wenden würden.

In Irland jedoch fehle es an gezielter Recherche über das Spielverhalten von Frauen. Das Thema würde allgemein wenig behandelt, was auch erklären könnte, warum Frauen eher heimlich zu Hause im Online Casino spielten.

Das Problem mit der (Nicht.-)Regulierung

Mit dem sogenannten „Horses and Greyhound Racing Act“ konnten nationale und internationale Online Buchmacher und Casinos ihre Produkte ab dem Jahr 2001 erstmals legal in Irland anbieten. Zu jener Zeit wurde aber weder eine Glücksspielaufsichtsbehörde gegründet, noch ein ausführliches Regelwerk formuliert.

Erst im Jahr 2015 sollte der „Betting Act“ dies nachholen und dafür sorgen, dass Buchmacher und Casinos nur mit einer gültigen Lizenz der irischen Regierung zugänglich sein dürfen. Ein Regelwerk (Betting Control Bill) sollte dafür die Rahmenbedingungen aufstellen und als Grundlage der Lizenzvergabe dienen.

Aufgrund politischer Uneinigkeiten wurde die Betting Control Bill jedoch bis heute nicht fertiggestellt, weshalb Online Casinos in Irland noch immer ohne Lizenz und Regulierung arbeiten.

Übeltäter zielgerichtete Werbung

Auch die Leiterin des Rutland Centre [Seite auf Englisch], Maebh Mullany, äußerte sich mit Besorgnis über den Trend der Online Spielerinnen. Bereits vor zwei Jahren sagte sie voraus, dass man einen starken Anstieg von Problemspielerinnen sehen würde.

Das Spielverhalten der Frauen unterscheide sich dabei maßgeblich von dem der Männer. Frauen, insbesondere Mütter junger Kinder, spielten oft am späten Abend, nachdem die Kinder ins Bett gebracht wurden. Für viele Frauen seien Online Spiele dann zunächst eine Art der Entspannung nach einem stressigen Tag.

Pink Casino Ad
Werbung gezielt an Frauen gerichtet (Bild: YouTube)

Dieser Umstand sei auch den Glücksspielanbietern bewusst, die zum Teil gezielt am späten Abend Fernsehwerbung schalten würden, in denen vor allem mit Gratis-Spielen geworben werde. In der Tat sehe man in den Abendstunden häufig die Werbung sogenannter „Frauen-Casinos“ wie Pink Casino oder Gala Bingo.

Jüngere Frauen seien darüber hinaus anfällig für Glücksspielwerbung auf Social Media Plattformen, wie Prior erläuterte. Angebote über Freispiele und Freiwetten erhielten Frauen zum Teil exzessiv über ihre eigenen Nutzerprofile.

Die Iren verzocken viel Geld

Irland zählt seit einigen Jahren weltweit zu den Ländern mit den höchsten Pro-Kopf-Verlusten im Glücksspiel. Zwar läge die Zahl der Spielsüchtigen bei unter 1 % der Bevölkerung, doch verschuldeten sich viele dieser Spieler häufig bis in den vier- oder fünfstelligen Bereich.

Insgesamt gäben die Iren jährlich mehr als 5 Milliarden Euro für das Glücksspiel aus. Ein großer Teil dieser Summe käme durch das Online Glücksspiel zustande. Glücksspiel Anbieter Paddy Power beispielsweise erwirtschafte nach eigener Aussage gut 77 % seiner Profile durch sein Online Geschäft.

Laut einer Studie aus dem Jahr 2015 kämen in Irland jedoch zwischen 30 und 35 % aller Einnahmen der Glücksspielbranche direkt aus den Taschen der Problemspieler. Erschreckende Zahlen, die einen weiteren dringlichen Grund bieten, die Gambling Control Bill voranzutreiben.