Ontarios Regierung streicht Gelder für Spielsucht-Forschung
Posted on: 06/05/2019, 12:35h.
Last updated on: 06/05/2019, 12:35h.
Am Wochenende gab Ontarios Regierung bekannt, für welche aktuellen Projekte, Kampagnen und Organisationen im Rahmen der geplanten Milliardeneinsparungen die laufenden Finanzierungen eingestellt werden sollen. Betroffen ist unter anderem die Glücksspielforschung Gambling Research Exchange Ontario (GREO), die sich seit Jahren mit der Prävention und Behandlung von Spielsucht beschäftigt.
Das Ende der Vorbildfunktion?
Ontarios neuer Premierminister Doug Ford versprach im Rahmen seiner Wahl, Einsparungen in Höhe von mehreren Milliarden für die Provinz vorzunehmen. Seine mehrheitlich konservativ eingestellte Partei erhielt dafür zunächst viel Zuspruch, doch jetzt teilte die Regierung mit, an welchen Stellen [Seite auf Englisch] man wie viel sparen wolle.
Betroffen ist unter anderem der Bereich der Spielsuchtforschung, was angesichts der jüngsten Entscheidungen über die Zukunft des Glücksspiels überrascht. Die Provinz Ontario hatte nämlich im April beschlossen, in naher Zukunft das Online Glücksspiel zu legalisieren.
Als Begründung wurde zum einen höherer Spielerschutz für die ohnehin bereits online spielenden Kanadier genannt, und zum anderen das finanzielle Plus, was die Provinz dadurch in Form von Steuern und anderen Abgaben erhalten könnte.
Doch legales Glücksspiel bedeutet für den Staat immer auch gewisse Ausgaben, zumindest wenn dieser offizielle Regulierungs- und Aufsichtsbehörden einrichtet und sich auch mit dem Thema der Spielsuchtprävention und -behandlung auseinandersetzt.
Die Regierung um Ford errechnete, dass man hier 2,5 Mio. Kanadische Dollar einsparen könnte, wenn die gesamte Finanzierung der Glücksspiel-Forschungs-Organisation Gambling Research Exchange Ontario gestrichen würde.
Bereits im Juli soll die Organisation geschlossen werden. Das bedeutet auch, dass die vierzehn dort beschäftigten Forscher ihre Jobs verlieren werden. Hayley Chazan, die Pressesprecherin von Gesundheitsministerin Santé Christine Elliot, erklärte dazu:
Mit dem Ziel, all unsere verfügbaren Ressourcen auf allein die Hauptstellen umzuleiten, haben wir uns dazu entschlossen, einige laufende Forschungsprojekten zu beenden. Die Regierung wird aber weiterhin gut 33 Mio. Dollar pro Jahr in Projekte zu Prävention und Suchtbehandlung investieren.
Die genannten „Hauptstellen“ seien laut Angaben von Radio Canada die staatliche Lotteriegesellschaft sowie die offizielle Kommission für Alkohol und Glücksspiel in Ontario.
Die GREO selbst zeigt sich gegenüber der Regierungsentscheidung verständnislos. Die Provinz sei seit Jahren Vorreiter in der Glücksspielforschung gewesen und leiste vorbildliche Arbeit, um die Schäden des Glücksspiels zu minimieren. Auch befürchte man, dass die bisherige Forschungsarbeit mit dem Ende der Finanzierung ebenfalls verloren ginge.
Erst im April führte GREO eine umfangreiche Studie über den Zusammenhang von Spielsucht und kognitiver Verzerrung bzw. Depressionen durch. Hierfür wurden 345 Menschen untersucht und befragt, die sich zuvor bei einer Spielsuchteinrichtung Hilfe gesucht hatten. Die Studie selbst wurde in Brasilien an Brasilianern durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigten eine hohe Übereinstimmung zwischen pathologischen Spielern und Betroffenen kognitiver Verzerrungen. Unter kognitiver Verzerrung versteht man eine psychische Störung, bei der Betroffene die Realität anders wahrnehmen und daher keine korrigierenden Erfahrungen sammeln können.
Auf das Glücksspiel bezogen sehen die Spieler beispielsweise ihre eigenen Verluste nicht oder haben unrealistische Erwartungen, dass Verluste wenig später durch große Gewinne ausgeglichen werden.
Zu viele Freiheiten in Ontario?
Die Entscheidung, ausgerechnet im Bereich der Glücksspielforschung und Spielsuchtprävention Finanzierungen zu streichen, kam mitunter überraschend, denn erst letzten Monat verkündete die Regierung im Rahmen ihres Budget Plans 2019 eine große Liberalisierungswelle „moderner Sünden“.
Nicht nur soll noch in diesem Jahr das Online Glücksspiel legalisiert werden, sondern es werden auch für die Spielbanken des Landes die Regeln an einigen Stellen gelockert.
Casinos dürfen künftig beispielsweise gratis Alkohol ausschenken und genau damit für sich Werbung machen. Der Konkurrenzkampf unter den Spielbanken soll durch gelockerte Werberichtlinien wieder verstärkt angekurbelt werden.
Auch außerhalb der Casinos sollen die Regelungen rund um den Erwerb und Konsum von Alkohol „entgegenkommender“ werden. Nicht nur sollen die Bewohner der Provinz an deutlich mehr Verkaufsstellen Alkohol erwerben können, sondern sie dürfen diesen künftig auch an öffentlichen Orten (bspw. Parks und Grünflächen) konsumieren.
Ob es tatsächlich ein kluger Schachzug ist, zur gleichen Zeit die Tore zu potentiell suchtgefährlichen Aktivitäten zu öffnen und im Bereich der Prävention und Behandlung zu sparen, bleibt fürs erste fraglich. In jedem Fall befindet sich Ontario aktuell in einem spannenden Wandel, der sicher interessante Beobachtungen liefern wird.
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