Lootboxen: Nintendo nimmt zwei Spiele vom belgischen Markt
Posted on: 22/05/2019, 01:02h.
Last updated on: 22/05/2019, 01:02h.
Am Dienstag kündigte der japanische Spielhersteller Nintendo an, zwei seiner Spiele vom belgischen Markt zu nehmen. Der Grund: die Spiele enthielten Lootboxen und seien damit nicht mit dem belgischen Glücksspielgesetz vereinbar.
Schlechte Nachrichten Nintendo Fans
Kaum ein anderes Land geht so rigoros gegen Lootboxen in Videospielen vor wie unsere belgischen Nachbarn. Seit November 2017 gelten Lootboxen dort nämlich offiziell als eine Form des Glücksspiels, welches gemäß des belgischen Glücksspielgesetzes einer Lizenz durch die belgische Glücksspielkommission bedarf.
Als Belgien zu jener Zeit die entsprechende Gesetzesänderung veranlasste, war der Aufschrei unter den Spielentwicklern groß. Electronic Arts, Hersteller der beliebten FIFA Produkte, weigerte sich zunächst sogar, sich an die veränderte Gesetzeslage anzupassen.
Nach Monaten des gerichtlichen Streits jedoch sah sich auch EA gezwungen, die in FIFA enthaltenen Lootboxen in Belgien nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Doch während FIFA und Co. nach wie vor von Belgiern gespielt werden können, zieht Spielentwickler Nintendo noch weitreichendere Konsequenzen.
Am Dienstag erschien folgende Mitteilung auf der belgischen Version der offiziellen Nintendo Website:
Wegen der aktuellen unsicheren Situation in Belgien bezüglich In-Game-Verkäufen haben wir beschlossen, die Spiele Animal Crossing: Pocket Camp und Emblem Heroes in Belgien nicht mehr anzubieten. Ab Dienstag, den 27. August 2019, wird es daher nicht mehr möglich sein, die Spiele zu spielen oder herunterzuladen. Spieler, die noch Orbs- und/oder Leaf-Tickets auf ihrem Konto haben, können diese weiterhin verwenden, bis der Service eingestellt wird.
Nintendo erklärte des Weiteren, dass seine zukünftigen Spiele, die ebenfalls Lootboxen enthalten sollen, gar nicht auf dem belgischen Markt erscheinen werden.
Dies könnte beispielsweise bedeuten, dass Spieler aus Belgien auf die in Kürze erscheinenden Spiele Mario Kart Tour und Dr. Mario World verzichten werden müssen.
Laut der belgischen Glücksspielkommission handelt es sich bei vielen Lootboxen um Glücksspiel, weil Spieler nach dem Einsatz von Geld sowohl etwas gewinnen als auch verlieren können. Enthalten sein können beispielsweise Skins, Voices oder andere Extras, die entweder rein ästhetischer oder technisch-vorteilhafter Natur sein können.
Da Lootboxen niemals leer sind, wird der Verlust daran gemessen, wie viel der Inhalt im Vergleich zum Kaufbetrag wert ist. Wenn Spieler durch den Inhalt der erstandenen Lootbox keinerlei Mehrwert für das Spiel erfahren, gilt dies als Verlust.
Glücksspielkommission lässt die Wahl
Da das Glücksspiel in Belgien nicht per se illegal ist, geht es der Glücksspielkommission weniger darum, grundsätzlich alle Formen des Glücksspiels zu unterbinden, als darum, das illegale Glücksspiel zu stoppen.
Als illegales Glücksspiel wird in Belgien jedwedes Glücksspiel angesehen, für welches keine konkrete Lizenz durch die Kommission vorliegt. Für die Hersteller der Spiele würde dies bedeuten, dass auch diese eine derartige Lizenz erwerben müssen, bevor die Spiele gänzlich legal sein können.
Allerdings ist das Fehlen der Lizenz nicht das einzige Problem. Deutlich problematischer ist, dass die Spiele sehr gern von Kindern und Jugendlichen gespielt werden. Diesen ist das Glücksspiel jedoch ausnahmslos untersagt.
Die gesetzliche Altersbeschränkungen zur Teilnahme an Glücksspielen in Belgien besagen, dass Personen ab 18 Jahren an Lotterien und Sportwetten teilnehmen dürfen. Casinobesuche sind jedoch erst ab 21 Jahren erlaubt.
Die Kommission gab daher im April 2018 ein 27-seitiges Dokument [Seite auf Französisch] heraus, in welchem erklärt wird, wann Lootboxen Glücksspiel sind und an welche Regeln sich die Entwickler entsprechend zu halten haben, wenn sie weiterhin am belgischen Markt bleiben möchten.
Für sämtliche Videospiele mit Lootboxen müssen die Anbieter seither:
- die Chancen auf die verschiedenen Inhalte der Lootboxen unmissverständlich angeben
- zulassen, dass die Kommission die für die Lootboxen genutzten Zufallsgeneratoren überprüft
- der Kommission sämtliche Spieler- und Zahlungsdaten zur Verfügung stellen
- eine monetäre Obergrenze einführen, was den Erwerb von Lootboxen betrifft
- dafür sorgen, dass der Besitz von Lootboxen-Inhalten weder den normalen kompetitiven Spielverlauf erschwert noch begünstigt
- einen Hinweis auf die Spielverpackung drucken, dass Glücksspiele enthalten sind
Andere Hersteller bevorzugen die Anpassung
Als weltweit erfolgreicher Hersteller entschied Nintendo daher, Belgien lieber den Rücken zu kehren anstatt die komplexen Anpassungsmaßnahmen durchzuführen. Andere Hersteller zeigten sich jedoch deutlich widerwilliger, den belgischen Markt gänzlich aufzugeben.
Spielentwickler Blizzard hat für seinen Verkaufsschlager Overwatch eine modifizierte Version des Spiels vorgeschlagen, die allein in Belgien verkauft werden soll. Eine ähnliche Ankündigung kam im Januar auch von EA. Spieler aus Belgien sollten keine FIFA Points mehr erstehen können, was in Folge den Kauf von Lootboxen unmöglich macht.
Um hohe Strafen seitens der belgischen Glücksspielkommission zu vermeiden, müssen sich alle Spielhersteller nun überlegen, wie auf die Gesetze zu Lootboxen zu reagieren ist. Wie Nintendo werden daher auch weitere Hersteller abwägen müssen, ob der belgische Markt den Aufwand der Spielanpassung wert ist.
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