DAK-Gesundheitsreport: Computerspielsucht auf dem Vormarsch
Posted on: 25/05/2019, 05:30h.
Last updated on: 24/05/2019, 07:49h.
Im Rahmen ihres jüngst veröffentlichten Gesundheitsreports „Sucht 4.0 in Bayern – Trinken, Dampfen, Gamen in der Arbeitswelt“ beschäftigt sich die Krankenkasse DAK mit dem Suchtverhalten von Arbeitnehmern im Freistaat. Insbesondere die vermehrte Abhängigkeit von Computerspielen und/oder Social Media hat laut den Experten vermehrt Auswirkungen auf die heutige Arbeitswelt.
„Neue Süchte“ im Fokus
In ihrem Gesundheitsreport 2019 wertete die Krankenkasse DAK die Daten von 2,5 Millionen erwerbsfähigen DAK-Versicherten sowie die Erkenntnisse aus einer Befragung von 5.000 Arbeitnehmern aus.
Neu am Report ist, dass nicht nur stoffgebundene Süchte, wie Alkoholismus und Rauchen, in Bezug auf ihre Auswirkungen auf die Arbeitswelt betrachtet wurden. Auch dem Thema Gaming räumten die Experten einen prominenten Platz in ihrer Arbeit ein, wie die Leiterin der Landesvertretung der DAK-Gesundheit Bayern, Sophie Schwab, in einem Statement erklärte:
Die in Diskussion stehenden neuen Süchte beziehungsweise Störungen Internet Gaming Disorder und Social Media Disorder sind noch wenig erforscht und noch nicht vollumfänglich als Sucht anerkannt. Deshalb verstärken wir unsere Prävention und Aufklärung. Wir untersuchen das Thema Internetsucht und Gaming bereits seit fünf Jahren und bleiben gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) am Thema.
Computerspiel als Massenphänomen
Laut dem DAK-Gesundheitsreport spielen 54 Prozent der bayrischen Erwerbstätigen regelmäßig Computerspiele.
Während weniger als die Hälfte der befragten Frauen (46 Prozent) angaben, sich mit dem Spiel am Computer zu beschäftigen, war der Anteil der Gamer unter Männern mit 62 Prozent deutlich höher.
Bei rund 5,5 Prozent der arbeitenden Bevölkerung erkannten die Forscher ein riskantes Spielverhalten. Damit wären in Bayern ca. 380.000 Arbeitnehmer von einer zumindest drohenden Computerspielsucht betroffen.
Bei hochgerechnet 86.000 berufstätigen Bayern sieht Studie die Kriterien der mittlerweile offiziell als Krankheit eingestuften Computerspielsucht bereits als erfüllt an.
Junge Arbeitnehmer besonders gefährdet
Besonders betroffen von riskantem und problematischem Spiel seien laut der Studie junge Arbeitnehmer. Während bei 11,6 Prozent der Befragten zwischen 18 und 29 Jahren eine riskante Nutzung von Videospielen vorliege, sinke dieser Wert mit Anstieg des Lebensalters.
In der Vergleichsgruppe der 60- bis 65-Jährigen machten die Forscher nur noch einen Anteil von 1,3 Prozent der Spieler aus, für die das Computerspiel ein Risiko darstelle.
Laut dem Report zeige sich das riskante oder problematische Spielverhalten oft auch während der Arbeitszeit:
Rund 25 Prozent der Problemgamer sollen sich auch im Beruf immer wieder mit Computerspielen beschäftigen. Bei den Abhängigen sind es mit 47 Prozent doppelt so viele, die auch während des Jobs nicht vom Gaming lassen können oder wollen.
Mangelnde Konzentration und Aufmerksamkeit
In der Folge fühlen sich die Betroffenen laut Studie im Beruf oft abgelenkt oder unkonzentriert. Jeder elfte befragte Problemspieler sah sich mit solchen Konsequenzen konfrontiert. Bei den Computerspielabhängigen klagte mit 34,1 Prozent mehr als ein Drittel der Studienteilnehmer über negative Auswirkungen des Gamings auf das Berufsleben.
Immer wieder komme es auch dazu, dass Betroffene aufgrund des Spielens zu spät zur Arbeit erschienen oder den Arbeitsplatz frühzeitig verließen.
Als Teil der Problematik des Gamings identifiziert die DAK-Studie auch die bereits seit langem in der Kritik stehenden Bezahl-Inhalte einiger Video- und Computerspiele. Bei den sogenannten Lootboxen, durch die Gamer gegen Geldzahlungen teils spielentscheidendes virtuelles Equipment erstehen können, verwischen die Grenzen zwischen Gaming und Glücksspiel, so die Kritik der Experten.
Social Media-Nutzung als Sucht
Neben den Folgen des exzessiven Spiels betrachtet die DAK-Studie erstmals auch die Auswirkungen starker Social Media Nutzung auf den Arbeitsalltag. Hierbei stellten sie fest, dass auch internetbezogene Störungen trotz bislang nicht klarer Diagnostik ernsthafte Auswirkungen auf das Berufsleben der Betroffenen nach sich ziehen könnten:
Bisher hat die Abhängigkeit von sozialen Medien keine Anerkennung als Krankheit gefunden. Betroffene fühlen sich schlecht, wenn sie soziale Medien nicht nutzen können.
Rund 0,5 Prozent aller Beschäftigten sollen an einer sogenannten „Social Media Disorder“ leiden. Hochgerechnet hieße das, dass allein in Bayern rund 31.000 Beschäftigte die Kontrolle über ihren Umgang mit Facebook, Instagram und Co. verloren hätten.
Nach wie vor, so stellte die Studie heraus, sei es immer noch klar der Alkoholismus, der die Spitzenposition der Süchte in Bayern einnehme. Rund 9,5 Prozent der Beschäftigten praktizieren einen riskanten Alkoholkonsum, bei 0,3 Prozent der Arbeitnehmer sei eine krankhafte Abhängigkeit zu diagnostizieren.
Dennoch scheinen auch die sogenannten „neuen Süchte“ wie Gaming und Social Media Disorder auf dem Vormarsch zu sein. Was dies für die Betroffenen und die Gesellschaft bedeutet, wird wohl auch künftig vermehrt von Experten untersucht werden müssen.
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