Britische Fußballprofis suchen immer häufiger Rat wegen mentaler Probleme und Glücksspiel

Posted on: 08/03/2019, 05:30h. 

Last updated on: 07/03/2019, 12:14h.

In Großbritannien wächst die Zahl der Fußballspieler, die wegen psychischer Erkrankungen externe Hilfe in Anspruch nehmen möchten. Dies gab die Vereinigung professioneller Fußballspieler (Professional Footballers’ Association; PFA) bekannt.

Fußballspieler Stadion
Die Zahl von Spielern mit Problemen steigt laut PFA stark an (Bild: Getty Images)

Nach Angaben der PFA haben allein im letzten Jahr 438 Profispieler nach Therapiemöglichkeiten gefragt. Gegenüber 2017 ist dies eine Steigerung um über 60 %, denn damals hatten sich lediglich 278 Sportler an die PFA gewandt.

Michael Bennett, seit 2011 verantwortlich für gesundheitliche Fragen bei der PFA, geht davon aus, dass die Zahlen künftig weiter steigen:

“Die Ansichten haben sich geändert. Früher ging es für die Spieler darum, keine Schwäche zu zeigen. Inzwischen haben sie erkannt, dass es keine Schwäche ist, über diese Dinge zu sprechen. Die Probleme waren schon immer da, aber früher haben zu viele Menschen geschwiegen und gelitten. Ich hoffe, dass sie jetzt wissen, dass sie Hilfe bekommen können.”

Diese geänderte Einstellung zeigt auch der Vergleich mit 2016, denn seitdem hat sich die Zahl der Hilfeersuchen beinahe verdreifacht. Hinzu kommt, dass sich immer mehr Frauen an die PFA wenden. Ihr Anteil wuchs gegenüber 2017 um über 100 %.

Die Gründe für die neue Offenheit

Michael Bennett
Michael Bennett (Bild: thepfa.com)

Michael Bennett sieht zwei Hauptgründe für das wachsende Interesse an dem Angebot der PFA. Zum einen hätten in der Vergangenheit mehrere prominente Ex-Spieler offen über ihre Probleme mit Alkohol, Glücksspiel oder Verletzungen gesprochen. Ihre Offenheit diene aktuellen Spielern als Vorbild.

Zum anderen habe die PFA ihre PR-Arbeit in dem Bereich verstärkt. Dazu gehörten Besuche in den Clubs, Workshops und eine öffentlichkeitswirksame Konferenz zu der Thematik im letzten Oktober. Spieler wüssten demnach jetzt viel genauer, an wen sie sich wenden könnten und was die PFA ihnen anböte.

Verletzungen, Alkohol und Glücksspiel

Während karrierebedrohende Verletzungen oder Alkoholmissbrauch schon länger zu den größten Risiken für die mentale Gesundheit der Spieler zählen, hat die PFA mit dem Glücksspiel eine weitere wachsende Gefahr identifiziert.

Hier liegt laut Michael Bennett das Hauptproblem beim Online Glücksspiel, das für die Betroffenen jederzeit und an jedem Ort verfügbar sei. Hier könne man sofort loslegen, sobald man einen Haken in der Box “Ich bin 18 Jahre alt” gemacht habe. Dazu sagte Bennett:

“Früher waren es Wettbüros oder Kartenspiele, während heute virtuelle Casinos direkt auf dem Handy locken. Sie sind überall und man kann schnell die Kontrolle verlieren. Jeder denkt, dass alle Spieler 5.000 Pfund in der Woche verdienen. In der 2. oder 3. Liga sind es aber eher 500 Pfund. Diese Spieler können schnell Probleme bekommen.”

Wer hilft den Spielern?

Selbstverständlich sind auch nach Ansicht der PFA die Clubs und ihre Ärzte-Teams die ersten Ansprechpartner für Spieler mit Schwierigkeiten. Doch die Erfahrung habe gezeigt, dass die Profis gerade bei Problemen mit Alkohol oder auch dem Glücksspiel Bedenken hätten, sich an ihren Verein zu wenden.

Der Grund: Sie fürchteten sich trotz der auch bei den Teams herrschenden ärztlichen Schweigepflicht vor beruflichen Nachteilen, wenn sie sich offenbarten. Deshalb tut die Organisation einiges, um mit einem Team von 150 Betreuern bei Problemen für die Spieler erreichbar zu sein.

Die jetzt veröffentlichten Zahlen stützen die Kritik, die jüngst von prominenter Seite an den Clubs geäußert wurde. Prinz William hat in seiner Rolle als Präsident des britischen Fußballverbands bemängelt, dass die Vereine zu wenig zum Schutz der mentalen Gesundheit ihrer Spieler unternähmen. Er forderte die Clubs zudem auf, ihre Profis nicht mehr nur als „finanzielle Werte“ zu betrachten.

Neben einem E-Mail-Support haben die Organisatoren zusätzlich eine 24-Stunden Telefonnummer eingerichtet, unter der Betreuer den Spielern in akuten Fällen Hilfe anbieten. Wie die aktuellen Zahlen belegen, ist der Bedarf dafür vorhanden.

Eine Klinik für Sportler

In Großbritannien finden Sportler mit Problemen eine speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Einrichtung: Die etwa 100 Kilometer südwestlich von London gelegene Sporting Chance-Klinik ist zu einer wichtigen Anlaufstelle für Profis mit Suchtproblemen geworden.

Die im Jahr 2000 von dem ehemaligen Fußballprofi Tony Adams gegründete Einrichtung bietet Sportlern Unterstützung bei Drogen-, Alkohol- oder Glücksspielsucht und Essstörungen.

Zu den Serviceleistungen der Klink gehören die Behandlung akuter Probleme und Therapieangebote rund um die Krankheiten. Neben der PFA zählen Prominente wie Elton John oder ehemalige Sportler und Politiker zu den wichtigsten Unterstützern dieses Projekts. Auch diese Einrichtung vermeldet jährlich wachsende Besucherzahlen.