Im Kampf gegen Spielsucht: Britische Regierung will Mindestalter für Rubbellose erhöhen
Posted on: 23/02/2019, 05:30h.
Last updated on: 22/02/2019, 06:14h.
Großbritannien widmet sich seit 2018 intensiv dem Kampf gegen Spielsucht. Nun gab die zuständige Ministerin für Sport und Zivilgesellschaft, Mims Davies (43), im Interview bekannt, ein Gesetz auf den Weg bringen zu wollen, das Minderjährigen künftig auch den Erwerb von Scratch Cards, also handelsüblichen Rubbellosen der staatlichen Lotterie, untersagen soll.
Rubellose erst ab 18
In einer Studie der britischen Glücksspielbehörde von 2018 gaben 16 % der Befragten zwischen 11 und 16 Jahren an, sich mindestens einmal pro Woche Rubbellose der staatlichen Lotterie zu kaufen. Und das, obwohl die derzeitige Regelung den Erwerb der Lotteriescheine erst ab einem Alter von 16 Jahren erlaubt.
Wie sie nun in einem Gespräch (Link auf Englisch) mit der Parlamentszeitschrift The House Magazine bekanntgab, plant Ministerin Mims Davies, das Glücksspiel in jeglicher Form Personen erst nach Erreichen des 18. Lebensjahres zugänglich zu machen. Rubellose werden in das Vorhaben explizit eingeschlossen:
Wir müssen es vollkommen klarmachen, dass das Glücksspiel erst ab 18 Jahren startet. Es geht nicht darum, den Leuten den Spaß zu verderben, sondern darum, die am meisten gefährdeten zu schützen. Hier muss die Regierung einschreiten.
Momentan wird der Zutritt zu Casinos in Großbritannien ab 18 gewährt, an Lotterien, zu denen auch die Rubellose gehören, können Jugendliche aber bereits zwei Jahre früher teilnehmen. Damit bildet das Vereinigte Königreich eine Ausnahme in Europa, in den meisten Ländern, so auch Deutschland, müssen Lotterieteilnehmer volljährig sein.
Im Jahr 2013 gewann die damals erst 17-jährige Schottin Jane Parks den umgerechnet rund 1,4 Millionen Euro schweren Jackpot der Mehrstaatenlotterie EuroMillions. In der Folge führte sie ein ausschweifendes Leben und ließ sich dabei von einem Kamerateam des Senders BBC begleiten. Nach Ausstrahlung der Dokumentation erntete sie massive Kritik.
Im Jahr 2017 kündigte die heute 23-Jährige an, gegen EuroMillions vor Gericht ziehen zu wollen. Sie plädierte dafür, Jugendliche unter 18 Jahren von Lotterien auszuschließen, da diese mit den hohen Gewinnen nicht umgehen könnten. Sie selbst habe erfahren müssen, wie der Jackpot ihr Leben zerstört habe.
Regulierung auf allen Ebenen
Mit ihrem Vorstoß unterstützt Ministerin Davies den bereits seit Monaten in Großbritannien schwelenden Kampf zum Schutz von Jugendlichen und Erwachsenen vor der Entwicklung eines problematischen Spielverhaltens.
Nachdem ihre Vorgängerin im Streit über eine Verzögerung in der Regulierung von Wettterminals zurückgetreten (Link auf Englisch) war, hatte Mims Davies im November vergangenen Jahres das Ministerium für Sport und Zivilgesellschaft übernommen. Diesem unterstehen unter anderem auch die Regelungen für Glücksspiels, Lotterien und Pferderennen.
Einen Meilenstein konnte die Konservative Davies bereits kurz nach Amtsantritt für sich verbuchen, als sich die großen Buchmacher in einer Erklärung selbst verpflichteten, ihre Werbeangebote während der Live-Übertragung von Sportereignissen ab der Saison 2019/2020 massiv zurückzufahren. Auch in ihren jüngsten Statements stellte die Politikerin klar, künftig ein wachsames Auge auf die Verbindung von Sport und Glücksspielindustrie zu haben:
Bei einigen professionellen Sportarten solle man sich dringend Gedanken darüber machen, wie eine gesunde Beziehung zwischen Sport und Sponsoring aussähe, warnte die Ministerin im Gespräch mit dem The House Magazine. Einerseits seien hier beispielsweise die Instanzen im Fußball gefragt, andererseits trete die Glücksspielbehörde auf den Plan, sollte sie eine Gefahr für Minderjährige im Verhalten der Verantwortlichen ausmachen.
Und auch in Bezug auf die gesetzlichen Bestimmungen zu Rubbellosen sei sie zuversichtlich, schon bald die nötigen Maßnahmen ergreifen zu können, erklärte die Ministerin.
Studie lässt an Erfolg von Verboten zweifeln
Inwieweit ein Verbot vom Erwerb der Rubellose für Minderjährige erfolgreich wäre, könnte allerdings fraglich sein. Eine Studie im benachbarten Irland, in dem der Verkauf der Lotteriescheine an unter 18-Jährige untersagt ist, brachte im Januar ernüchternde Erkenntnisse. Im Auftrag der irischen Lotteriebehörde hatte ein Marktforschungsunternehmen Jugendliche im Alter zwischen 15 und 17 Jahren als Mysteryshopper in Lotterie-Verkaufsstellen geschickt, um dort ein Rubbellos zu kaufen.
In insgesamt 37 % der überprüften 510 Lotterieverkaufsstellen, also mehr als einem Drittel, wurde den Jugendlichen das gewünschte Los ausgehändigt.
Wenn sogar unter 16-Jährige in Großbritannien regelmäßig die Felder von Scheinen der staatlichen Lotterie freirubbeln, scheint das Problem weniger in der Altersbegrenzung als bei den Lotteriestellen und Elternhäusern zu liegen. So mag eine neue gesetzliche Regelung zwar ein Zeichen setzen, aber ohne präventive Aufklärung und die Mitwirkung von Verkaufsstellen und sozialem Umfeld bliebe es aber ein stumpfes Schwert im Ringen um den Jugendschutz.
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