Casino di Campione: Ermittlungen zur Insolvenz abgeschlossen
Posted on: 30/05/2020, 05:30h.
Last updated on: 29/05/2020, 11:22h.
Vor zwei Jahren meldete das Casino di Campione Insolvenz an. Misswirtschaft, Unterschlagung und schließlich der Konkurs des Casinos rissen auch in die Gemeinde Campione d’Italia als Alleingesellschafterin ein riesiges Schuldenloch. Mit Abschluss der Untersuchungen wirft die zuständige Staatsanwaltschaft von Como nun unter anderem zwei ehemaligen Bürgermeistern der Enklave Amtsmissbrauch vor, wie lokale Medien in dieser Woche berichtet haben.
Ein millionenschwerer Schuldenberg führte zur Insolvenz
Als das Casino de Campione vor zwei Jahren Insolvenz anmeldete, verloren fast 500 Mitarbeiter und damit rund ein Viertel der Einwohner ihre Arbeit. Da mit dem Konkurs des Casinos die wichtigste Einnahmequelle der Gemeinde als Alleineigentümerin wegbrach, konnte sie auch die Schulden gegenüber dem Kanton Tessin nicht bezahlen. Mittlerweile soll sich der Schuldenberg der Gemeinde auf mehr als 140 Mio. Franken, der des Casinos auf über 175 Mio. Franken belaufen.
Das im Jahr 1917 eröffnete Casino di Campione wurde 2007 von der Gemeinde durch ein neues Gebäude ersetzt. Der bekannte Schweizer Architekt Mario Botta entwarf den 10-stöckigen Bau. Doch das Timing war schlecht. Die Eröffnung der rund 140 Mio. Euro teuren Immobilie fiel mit dem Boom der Online-Casinos, einem Wertverlust des Euros und der Finanzkrise zusammen. Statt wie erhofft zu florieren, musste das Casino im Jahr 2018 schließen.
Fraglich war lange, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass die Gemeinde mit ihrem Casino einen solchen Schuldenberg anhäufen konnte. Die in dieser Woche abgeschlossenen Voruntersuchungen der Staatsanwaltschaft von Como zeigen, dass dies nur mit falscher Buchführung und Unterschlagung vonseiten der Gemeinde und des Casinos möglich war.
Amtsmissbrauch und nachträgliche Vertragsveränderungen
Dem ehemaligen Bürgermeister Roberto Salmoiraghi wird in diesem Zusammenhang Amtsmissbrauch und Korruption vorgeworfen. Ebenfalls verwickelt gewesen sein sollen die ehemalige Bürgermeisterin Marita Piccaluga sowie ein stellvertretender Bürgermeister, ein Gemeindesekretär und weitere namentlich nicht benannte Personen.
Unter anderem soll die Gemeinde auf Forderungen gegenüber dem Casino verzichtet haben. Den Verantwortlichen wir vorgeworfen, Vereinbarungen zwischen der Gemeinde und der Verwaltungsgesellschaft Casino di Campione im Nachhinein zugunsten des Casinos verändert zu haben. Sie müssen sich nun nach dem Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen vor Gericht verantworten.
Für die Bevölkerung von Campione d’Italia dürfte diese Nachricht keine Überraschung sein. Dennoch hofften viele, dass das Casino in absehbarer Zeit wieder öffnen würde. Doch die Hoffnungen sinken. Ein 60-jähriger Einwohner kommentierte schon im vergangenen Jahr gegenüber des Magazins Die Zeit:
Wir leben von der Verzweiflung, den Glauben an Medien, Politik und Justiz haben wir verloren.
Mit dem Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft und den nun bevorstehenden Gerichtsverhandlungen dürfte auch eine mögliche Wiedereröffnung immer unrealistischer werden, denn die Gemeinde dürfte erst 2023 wieder ein Casino eröffnen und von möglichen privaten Investoren fehlt bisher jede Spur.
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