Champions League-Rechte: Bundeskartellamt ermittelt gegen Bezahlsender Sky und Streamingdienst DAZN
Posted on: 17/10/2018, 02:08h.
Last updated on: 13/01/2022, 01:37h.
Die Champions League gibt es für Zuschauer in Deutschland seit dieser Spielzeit nur noch als kostenpflichtiges Angebot: 2017 gewann der Pay-TV- Sender Sky die Ausschreibung der UEFA für die Champions League-Übertragungsrechte im deutschen und österreichischen Fernsehen. 104 der bis Ende der Saison 2010/21 anstehenden Turnierspiele hat Sky an das Streaming Portal DAZN abgegeben. Das deutsche Kartellamt prüft nun den Verdacht unzulässiger Absprachen.
Die UEFA Champions League ist das lukrativste und wichtigste Vereinsturnier des europäischen Fußballs. Wer die Spiele aber verfolgen möchte, muss seit dieser Saison in die Tasche greifen: Abgesehen von einem möglichen Endspiel mit deutscher Beteiligung, finden die Partien für deutsche und österreichische Fans nur noch hinter einer Pay Wall versteckt statt. In den Jahren zuvor hatte das ZDF einen Zuschlag erhalten und zumindest ein Live-Spiel mit deutscher Beteiligung pro Spieltag frei verfügbar gemacht.
Champions League: Nur noch mit zwei Abos
Das Problem: Dem Turnier beizuwohnen, kostet. Und das richtig: Wer alle Spiele sehen möchte, benötigt ein Abonnement des Pay-TV- Senders Sky. Gleiches gilt für die, die nur einzelne Partien verfolgen möchten, denn Einzelabrufe sind bei Sky nicht mehr möglich. Zusätzlich wird ein Abo beim Internet-Streamingdienst DAZN nötig, der den Großteil des Rechtepakets von Sky übernommen hat.
Sky legt seinen Fokus bei der Ausstrahlung auf die Partien mit deutscher Beteiligung. Der Sender überträgt 34 Spiele sowie 40 Konferenzen. Der hauseigene Sportnachrichtenkanal Sky Sport News HD wird sich zwar jeweils dienstags und mittwochs dem Thema Champions League widmen und weitere Spielaufzeichnungen ausstrahlen, live sind diese Partien aber ausschließlich mit einem internetfähigen Endgerät über DAZN zu sehen.
Der kostenpflichtige Streamingdienst DAZN wird seit 2016 von der britischen Perform Group betrieben. Derzeit bietet die Plattform Kunden in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Japan, Kanada, Italien und Großbritannien Zugang zu Sportübertragungen.
DAZN wird als englisches „Da Zone“ ausgesprochen und bezieht sich auf den umgangssprachlichen Ausdruck für den Zustand höchster Konzentration im Spiel, welcher ungefähr der deutschen Umschreibung „Tunnelblick“ entspricht.
DAZN wird auch als das „Netflix“ der Sportwelt bezeichnet, wobei CEO James Rushton betont, das Unternehmen habe durch seine Fokussierung auf Liveübertragungen einen deutlich komplexeren Ansatz als die Film- und Serienplattform, die sich auf Archivinhalte spezialisiert habe.
Eigentümer der Perform Group und somit von DAZN ist der US-amerikanische Milliardär Sir Leonard Blavatnik. Er belegt derzeit Platz 48 der Liste der reichsten Menschen der Welt und wurde aufgrund seiner philanthropischen Tätigkeiten 2017 zum Ritter geschlagen.
Unzulässige Absprachen im Bieterverfahren?
Die Frage stellt sich, inwieweit Sky und DAZN bereits vor Erhalt des Zuschlags der UEFA im Juli Absprachen zur Zusammenarbeit getroffen haben. Bereits damals waren Stimmen laut geworden, dass Sky und DAZN in der Ausschreibung eine Bietergemeinschaft gebildet haben sollen. Nach den Ausschreibungsmodalitäten ist dies zulässig, rief aber schon damals die deutsche Monopolkommission auf den Plan.
Privatisierung und Kommerzialisierung schreitet voran
Allgemein steht die Vergabepolitik der UEFA und das Gebaren der Sender bzw. möglichen Rechteinhaber schon länger in der Kritik. Der Vorwurf: Anstatt den Fußball für die Allgemeinheit zugänglich zu machen und als europäisches Kulturgut zu unterstützen und fördern, setzen die Verantwortlichen allem Anschein nach auf Privatisierung und Gewinnmaximierung. Die Abkehr vom Free-TV und die diesjährige Einführung von zwei Spielzeiten (18.55 Uhr und 21 Uhr) statt wie bisher einer, sind für viele Fans und Experten nur weitere Symptome eines Trends, der sich im gesamten Fußball zeigt.
Der Vorteil für den Zuschauer: Nicht erkennbar. Trotz eines deutlich eingeschränkten Champions League-Angebots kostet der Sky-Zugang nicht weniger als zuvor, hinzukommen derzeit knapp zehn Euro für ein DAZN-Abo und die Notwendigkeit, ein internetfähiges Endgerät nutzen zu können.
Deutsche Monopolkommission rät zu „Begleitung der Vermarktung“
Bereits im Juli kritisierte die deutsche Monopolkommission die Zentralvermarktung der Übertragungsrechte für die UEFA Champions League als „aus wettbewerblicher Sicht – auch im Vergleich mit der früheren Vermarktung von Fußballwettbewerben – kritisch“ und empfahl dem Bundeskartellamt, „die Vermarktung der Champions League in Zukunft kartellbehördlich zu begleiten und insbesondere darauf hinzuwirken, dass die Vermarktungsmodelle ausreichend wettbewerbliche Elemente aufweisen und eine Beteiligung der Verbraucher sichergestellt ist“. Dieser Empfehlung folgt die Behörde nun, wenn auch nachträglich.
Die Rechte der UEFA werden im Ausland vermarktet, im Falle der Champions League von der UEFA Agentur „Team Marketing“ in Luzern in der Schweiz. Dennoch ist eine Zuständigkeit der deutschen Kontrollbehörden gegeben, da das Ergebnis eine Relevanz für Deutschland besitzt.
Ermittlungen: Auch Wettbewerber werden befragt
In den nun anstehenden Ermittlungen will das Kartellamt neben Sky und DAZN auch in der vergangenen Ausschreibung unterlegene Mitbewerber, wie das ZDF, die Deutsche Telekom und Eurosport zum Ablauf der Vergabe befragen. Das Ziel der Ermittlungen ist es, herauszufinden, ob andere Bieter durch mögliche heimliche Absprachen benachteiligt wurden.
Zudem müsse laut Kartellamtspräsidenten Andreas Mundt auch geprüft werden, inwieweit die von Sky und der hinter DAZN stehenden Perform Group getroffenen Vereinbarungen im Sinne des Wettbewerbsrechts relevant sind, zumal Sky als führender Pay-TV-Anbieter in Deutschland möglicherweise besonderen kartellrechtlichen Beschränkungen unterliege:
Die Vereinbarung zwischen Sky Deutschland und Perform könnte zu einer weiteren Absicherung der Marktposition von Sky beitragen. Darüber hinaus sind bestimmte Spiele auch deutscher Vereine jetzt nur noch über den Verbreitungsweg Internet zu sehen. Im frei empfangbaren Fernsehen sind gar keine Spiele der Champions League mehr zu sehen. Auch insofern kommt eine durch die Kooperation bezweckte oder bewirkte Wettbewerbsbeschränkung in Betracht.
Sky selbst gibt sich bezüglich der Ermittlungen der Kartellrechtler schmallippig: Man sei von den Untersuchungen überrascht worden und werde „selbstverständlich vollumfänglich mit der Behörde kooperieren“, ließ das Unternehmen durch einen Sprecher wissen.
Neues Ausschreibungsverfahren nicht ausgeschlossen
Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, könnte das von den Deutschen eröffnete Verwaltungsverfahren im schlimmsten Fall für die UEFA und die Rechteinhaber dazu führen, dass eine neue Ausschreibung durchgeführt werden müsste. Wahrscheinlicher wäre aber eine Anpassung der Vorgänge bei Vergabe und Ausgestaltung der Ausstrahlungsrechte.
Mit einer Geldstrafe muss, falls es beim Bieterverfahren zu unzulässigen Absprachen gekommen ist, allerdings niemand rechnen. Dies wäre lediglich in einem Bußgeldverfahren möglich.