Die Schattenseite des eSports-Booms: Steigende Kosten für Profi-Teams

Posted on: 06/01/2019, 05:30h. 

Last updated on: 21/06/2019, 05:30h.

Die eSports-Szene erlebt seit Jahren einen beispiellosen Boom mit immer neuen Rekorden bei Zuschauerzahlen, Profi-Teams, eSports-Turnieren und den dort zu erzielenden Preisgeldern. Doch es gibt erste Anzeichen für eine Überhitzung des Marktes, denn auch die Kosten zum Aufbau eines Profi-Teams steigen seit Jahren signifikant an.

eSports-Turnier
eSports füllt weltweit die Arenen (Bild: Wikipedia)

Es ist dabei insbesondere die wachsende Nachfrage nach Top-Spielern zur Bildung wettbewerbsfähiger Teams, die zu wachsenden Kosten führt, mit denen die Einnahmen vielfach nicht mithalten können. Deshalb fragen sich Experten bereits, ob der aktuelle Hype nicht die Gefahr eines Absturzes nach sich zieht.

Herausforderungen für die Team-Manager

Das größte Problem ist die wachsende Diskrepanz zwischen Einnahmen und Ausgaben. Während Letztere aufgrund von zunehmenden Kosten für Gehälter, Marketing und Organisation immer weiter ansteigen, bleiben die Umsätze bei vielen Teams hinter den Erwartungen zurück.

Trotzdem herrscht ein regelrechter Ansturm auf die Teams, da sich Investoren in Zukunft hohe Renditen von einem frühen Einstieg versprechen. Angesichts der boomenden Entwicklung herrscht nach Ansicht von Kritikern eine regelrechte Goldgräberstimmung in der Branche.

So kommt es, dass manche Teams inzwischen mit 300 Millionen US-Dollar bewertet werden. Wenn diese allerdings auf Dauer weniger als 25 Millionen US-Dollar Umsatz im Jahr generieren, werden auch die nervenstärksten Kapitalgeber irgendwann unruhig.

Bis auf Ausnahmen wie die Top-Teams Cloud9, Team Liquid oder TSM mit jeweils mehreren hundert Millionen US-Dollar Umsatz sind eher Team-Einnahmen im zweistelligen Millionenbereich die Regel.

Jason Lake, Gründer des Branchen-Reports compLexity Gaming mahnt angesichts der Diskrepanz zwischen Bewertung und Umsätzen ein Umdenken an:

“Ich denke, dass wieder gesunder Menschenverstand (bei der Bewertung) gefragt ist, weil die Einnahmen einfach noch nicht mit den Erwartungen Schritt halten.”

Die aktuell hohen Bewertungen führen dazu, dass Investoren erst nach fünf bis zehn Jahren eine Rendite einfahren – eine Zeitspanne, die vielen Geldgebern zu lang sein könnte, fürchtet Jason Lake.

Cosplay
Beim Merchandising ist noch Luft nach oben (Bild: Red Bull)

Schon machen in der Finanzbranche Vergleiche die Runde, die wenig schmeichelhaft für den eSports-Sektor ausfallen. So veröffentlichte das Forbes Magazine jüngst eine Studie, nach der die Top 12 eSports-Organisationen mit etwa dem 14-Fachen ihrer Umsätze bewertet werden.

Dieser Wert ist ungefähr doppelt so hoch, wie die Bewertung von vergleichbaren Unternehmen aus der amerikanischen Basketballliga NBA. Die alles entscheidende Frage für die Investoren wird deshalb sein, ob die Umsätze im eSports mittelfristig schnell genug wachsen werden, um auf einen vergleichbaren Wert zu kommen.

Zu niedrige Einnahmen aus anderen Bereichen

Doch bis dahin scheint es noch ein weiter Weg zu sein, denn auch die Merchandising- und Sponsoring-Gelder wachsen nicht in dem prognostizierten Rahmen. Zum einen halten sich viele Unternehmen mit werblichen Aktivitäten zurück, da sie noch nicht gut genug einschätzen können, welche eSports-Formate und welche Games sich letztendlich durchsetzen werden.

Zum anderen bieten die einzelnen Games und ihre Hersteller den Teams derzeit nicht viele Möglichkeiten, ihre Einnahmen über Preisgelder oder Sponsoring hinaus zu steigern. Deshalb steckt das Merchandising noch in den Kinderschuhen, sodass auch hier zumindest mittelfristig keine hohen Umsätze zu erwarten sind.

Rekordpreisgelder sorgen für Boom bei den Teams

Dota 2 The International
The International mit millionenschwerem Preisgeld (Bild: dota2com)

Doch die Teams kämpfen nicht nur mit der schwächelnden Einnahmenseite. Der wichtigste Auslöser für die Kostensteigerungen ist der Hype bei den weltweit vor vielen Millionen Zuschauern ausgetragenen eSports-Turnieren, deren Preisgelder mittlerweile oft im ein- und sogar zweistelligen Millionenbereich liegen.

Dies weckt Begehrlichkeiten, sodass die Ausgaben stark ansteigen. Ob bei Overwatch League, Dota 2, League of Legends (LoL) oder Counter Strike (CS:GO); die Veranstalter der Events überbieten sich mittlerweile bei der Höhe der ausgelobten Gewinnsummen.

So strichen im letzten Jahr die siegreichen Gamer von London Spitfire beim Finale der Overwatch League eine Millionen US-Dollar ein. Ähnlich einträglich verlief das ESL Pro-Finale von CS:GO, bei der die Gewinner einen millionenschweren Jackpot knackten.

In noch höhere Dimensionen stieß 2018 das Dota 2-Turnier The International vor: Hier wurden insgesamt 25,5 Millionen US-Dollar unter den erfolgreichen Teams verteilt. Allein die Sieger vom Team OG erhielten 11,2 Millionen US-Dollar.

Gewinne beim eSports mit anderen Sportarten vergleichbar
Die hohen Summen zeigen, dass eSports in Punkto Preisgeld längst im Bereich klassischer Sportarten wie Tennis oder Golf angelangt ist. Zum Vergleich: Beim traditionsreichsten Golf-Turnier, den US-Masters in Augusta, werden „nur“ 11,5 Millionen US-Dollar verteilt. Selbst das Tennisturnier von Wimbledon lobte im letzten Jahr 38,65 Millionen Euro und damit lediglich 50 % mehr als das nur wenige Tage dauernde Dota 2- Turnier The International aus.

Erfolgreiche Spieler wurden durch eSports längst zu Millionären. Ganz oben auf der Liste steht mit Kuro “KuroKy” Takhasomi ein deutscher eGamer. Der Dota 2-Profi gewann in seiner bisherigen Laufbahn bereits über vier Millionen US-Dollar.

Doch auch viele andere Spieler wurden durch die Turniere zu Millionären. So zeigt eine Auflistung der erfolgreichsten eGamer (Seite auf Englisch), dass 66 von ihnen allein mit Preisgeldern über eine Million US-Dollar einfuhren.

Diese hohen Umsätze sind jedoch meist auf wenige Teams beschränkt. Wenn es den anderen, weniger erfolgreichen Teams nicht gelingt, ihre Ausgaben den Einnahmen anzupassen, droht einigen von ihnen mittelfristig das Aus, da die Investoren den Geldhahn zudrehen.