Gamer von eSports-Turnier in China ausgeschlossen wegen rassistischer Äußerungen
Posted on: 05/12/2018, 01:51h.
Last updated on: 05/12/2018, 03:01h.
Ein prominentes Mitglied des philippinischen Dota 2-Profi-Teams wurde von einem Millionen-Dollar-Turnier in China ausgeschlossen. Der Gamer hatte während eines Spiels Chinesen rassistisch beleidigt. Nach zähem Ringen haben die Verantwortlichen des Events nun die Konsequenzen gezogen.
Carlo P., der den Spielernamen „Kuku“ trägt, ist Teil des Teams TNC Predator der Philippinen. Als nächste große Herausforderung für die eSportler steht das prestigeträchtige Dota 2 Chongqing Major im Januar 2019 im Terminplan. „Kuku“ wird wohl nicht dabei sein:
Die Regierung der Stadt Chonqing droht mit der Verhinderung des gesamten Events, sollte Kuku versuchen, nach China einzureisen.
Chongqing liegt im südwestlichen China und ist mit insgesamt über 30 Millionen Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt der Erde.
Die Einwohnerzahl der Kernstadt wird auf knapp 7 Millionen geschätzt.
Das Verwaltungsgebiet Chonqings umfasst 82.403 Quadratkilometer, eine Fläche von fast der Größe Österreichs.
„Ching Chong“
Vorausgegangen war eine Chat-Unterhaltung bei einem Public-Match im November. Nachdem Spieler sich mit chinesischen Schriftzeichen ausgetauscht hatten, soll Carlo P. sie mit der Äußerung „Ching Chong“ verhöhnt haben. Nur Tage zuvor hatte sich bereits der ebenfalls philippinische Spieler Andrei „skem“ Ong einen gleichlautenden Ausfall geleistet.
In der Folge machten Spieler und Zuschauer ihrer Empörung unter anderem über die Software-Vertriebsplattform „Steam“ Luft: Binnen zwei Tagen erhielt das Spiel Dota 2 ganze 4.000 negative Bewertungen. Die meisten von ihnen kritisierten die mangelnden Konsequenzen für die beiden Spieler.
Dota 2 ist ein Online-Multiplayer-Spiel, bei dem sich zwei Teams zu je fünf Spielern duellieren.
Es treten die Fraktionen „Radiant“ und „Dire“ gegeneinander an. Das Ziel ist es, die feindliche Basis (Ancient) zu zerstören.
Das größte und wichtigste Dota 2 Turnier ist das jährlich in Nordamerika stattfindende „The International“. Es ist mit insgesamt über 25 Millionen US-Dollar dotiert.
Grund genug für den Hersteller Valve, sich ebenfalls ins Geschehen einzumischen. Erik Johnson, Dota 2 Produktmanager bei Valve, machte aus seiner Haltung zum Thema in einer frühen Email-Kommunikation mit dem chinesischen Pro-Spieler und Trainer Xu „BurNIng“ Zhilei keinen Hehl:
Johnson forderte die Teams auf, mit harten Strafen auf rassistische Äußerungen zu reagieren. Die bekanntgewordenen Kommentare seien „zutiefst beleidigend und absolut unangebracht“, zudem richteten sie enormen Schaden für die gesamte Dota 2 Community an.
Es hetzt Spieler gegeneinander auf, erniedrigt ganze Gruppen und gibt ihnen das Gefühl, nicht gleichwertig zu sein. In Zukunft werden wir alle Teams, die an unseren Turnieren teilnehmen, zur Verantwortung ziehen und dies mit strengen Strafen ahnden, wenn Spieler Dota und deren Community schlecht repräsentieren.
Sanktionen: Kuku muss spenden
Die Führung des Teams TNC Predator reagierte und erklärte, sowohl die Hälfte der Gewinne Kukus aus den Kuala Lumpur Majors, in denen das Team 60.000 Dollar eingespielt hatte, als auch die Hälfte der Gewinne aus den anstehenden Chongqing Majors bzw. Bucharest Majors bei Qualifikation des Teams einzubehalten.
Das Geld solle der chinesischen Community zugutekommen, gab TNC Predator via Twitter an.
Man wolle Kuku so eine Lektion erteilen und dafür sorgen, dass die von ihm begangenen Fehler zumindest einen positiven Effekt für die Gesellschaft hätten.
Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass die Spenden an die Anti-Rassismus Organisation „International Movement Against All Forms of Discrimination and Racism (IMADR)“ (dt. Internationale Bewegung gegen alle Formen von Diskriminierung und Rassismus) fließen werden.
Auch TNC-Teammanager Paulo Sy wird ein halbes Monatsgehalt an das IMADR spenden: Er hätte zur Eskalation der Situation beigetragen, indem er versucht habe, den Vorfall unter den Tisch zu kehren.
Konsequenzen? Ein ewiges Hin und Her
Kuku selbst, der einer der bekanntesten Köpfe der philippinischen eSports-Community ist, hatte sich – ebenfalls via Twitter – zwischenzeitlich zu Wort gemeldet und reuig gegeben: Sein Verhalten sei unentschuldbar gewesen, dennoch hoffe er auf eine zweite Chance, um von nun an ein besseres Vorbild abgeben zu können.
Geht es nach den Offiziellen der Stadt Chongqing, wird er diese zweite Chance nicht erhalten.
Erst vor zwei Wochen hatte ein Rassismus-Skandal in China für Furore gesorgt. Anlässlich einer bevorstehenden aufwändigen Modenschau in Shanghai hatte das italienische Modelabel Dolce & Gabbana ein Werbevideo veröffentlicht, in dem ein chinesisches Model vorführte, wie italienische Speisen mit Stäbchen zu essen seien.
Nachdem ein Sturm der Entrüstung sich in erster Linie via Internet über den Konzern ergoss und anti-chinesische Kommentare von einem Account des Designers Gabbana gepostet wurden, sagte das Modehaus die geplante Veranstaltung in letzter Minute ab.
Stars und Influencer hatten ihre Teilnahme verweigert, Prominente zum Boykott der Marke aufgerufen. Chinesische Versandhändler nahmen D & G aus ihrem Sortiment. Zudem trendete der #deadandgone (dt. „aus und vorbei“) unter dem User das Verbrennen von Kleidungsstücken der Marke öffentlich machten.
Der wirtschaftliche Schaden, den das Video, das als herabwürdigend empfunden wurde, angerichtet hat, ist kaum zu beziffern. Der Imageschaden noch weniger.
Während TNC Predator den Gamer weiterhin bei dem Turnier in der Megacity antreten lassen möchte, machte die chinesische Stadtverwaltung klar, dass dies nicht infrage komme, wie das Team in einem Statement mitteilte:
Die Organisatoren des Turniers hätten das Team darüber informiert, dass Kuku unter Umständen nicht nach China einreisen dürfe und die Stadtverwaltung, sollte er doch antreten, möglicherweise das gesamte Turnier canceln würde.
Zudem hätte man klargemacht, keine Verantwortung für die Sicherheit Kukus auf dem Event übernehmen zu können.
Die Verantwortlichen bei Dota 2 erklärten hieraufhin in einem Blogbeitrag (Link auf Englisch), kein direktes Sicherheitsrisiko für die Veranstaltung in der Anwesenheit Kukus zu sehen. Dennoch habe man sich entschlossen, ihn nun vom Turnier auszuschließen:
Es scheint, als übernähme TNC nicht angemessen Verantwortung für ihr Handeln, hinzukommt der Versuch des Teams, die Angelegenheit zu verschleiern. Deshalb schreiten wir nun ein und bannen Kuku von der Teilnahme an dieser Veranstaltung.
Eine Einflussnahme der chinesischen Regierung schloss man aus.
Dota 2 Spieler gebannt: Community ist sich uneins
Ein Statement von TNC auf diese vorerst letzte Verlautbarung steht noch aus. Die Reaktionen der Dota 2 Community hingegen sind klar – klar gespalten:
So meldete sich beispielsweise der amerikanische Streamer und Dota Urgestein Grant “GranDGranT” Harris zu Wort und drohte mit Boykott des Turniers:
Sollte Kuku nicht spielen dürfen, weigere ich mich, über das Turnier zu berichten.
Schließlich, so Harris, mache jeder mal Fehler, die Konsequenz könne nicht der Ausschluss von einem Turnier sein, das möglicherweise karriereentscheidend sei.
Demgegenüber steht die Reaktion von ESports Kommentator Paul “Redeye” Chaloner, der die Entscheidung von Spieleentwickler Valve für richtig und notwendig hält:
Valve solle sich öfter einmischen und mehr Einfluss auf die eSports nehmen, ließ er in einem Tweet wissen. Auf das Drama, das aus dem Hin und Her entstanden sei, hätte man seiner Meinung nach aber getrost verzichten können.
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