Ein Jahr nach Amoklauf in Las Vegas – Gedenkfeiern auf dem Strip
Posted on: 02/10/2018, 12:55h.
Last updated on: 02/10/2018, 12:55h.
Vor einem Jahr, am 1. Oktober 2017, erschoss der 64-jährige Stephen Paddock vom Mandalay Bay Hotel aus 58 Menschen beim Country Festival „Route 91 Harvest“.
Gestern versammelten sich Hunderte von Menschen, um den Opfern des Attentats mit einem Gebet und einer Ansprache von Brian Sandoval, dem Gouverneur von Nevada, zu gedenken. Darunter waren Überlebende, Familien und Freunde der Opfer.
Sandoval sagte in seiner Rede, dass sich alle an den Schmerz erinnerten, den niemand vergessen könne und der nie wirklich vergehe. Für die Opfer stiegen 58 weiße Tauben auf, es folgten 58 Sekunden im stillen Gedenken.
Selbst die bunten Lichter des sonst so schillernden Las Vegas Strips erloschen, während die Hinterbliebenen Kerzen für die Opfer anzündeten und Blumen ablegten. Trotz der vielen Menschen war es auf dem Strip ungewöhnlich ruhig.
Die Menschen fassten sich dann an den Händen und bildeten eine Kette rund um den Ort des schrecklichen Attentats [Video auf Englisch].
Was vor einem Jahr geschah
Als Paddock aus einem Fenster des 32. Stocks des Mandala Bay Resorts die ersten Kugeln abfeuerte, dachten viele Konzertbesucher, es handle sich um ein Feuerwerk. Es dauerte einen Augenblick, bis sie erkannten, dass es sich um Schüsse handelte.
Das Las Vegas Massaker ist mit 58 Opfern die tödlichste Massenschießerei der modernen amerikanischen Geschichte.
Der Todesschütze von Las Vegas feuerte 10 Minuten ununterbrochen. Mehr als 1.000 Schüsse gab er ab, bevor er sich am Ende selbst das Leben nahm. Das SWAT Team, das sein Zimmer stürmte, fand ihn tot auf dem Boden. Um ihn herum lagen Gewehre und Munition, die Fenster waren zersplittert.
Wer war der Attentäter?
Auch ein Jahr später geht die Suche nach dem „Warum“ weiter. Was könnte den Täter veranlasst haben, so viele Menschen, die er nicht kannte, zu töten? Die ermittelnden Polizeibeamten sind auch jetzt nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten. Religiöse oder politische Motive schloss die Polizei aus.
Selbst in seiner Nachbarschaft in Mesquite, einer kleinen Ruhestandsgemeinde etwa 145 Kilometer nordöstlich von Las Vegas, kannte ihn fast niemand.
Das Haus, in dem er lebte, sei ruhig gewesen. Er habe sich nie mit jemandem unterhalten und habe auch nicht an Aktivitäten wie Bingo oder Kartenspielen teilgenommen.
Vor seinem Ruhestand hat Paddock als Appartement-Manager und in der Luftfahrtindustrie gearbeitet. Er war auch als leidenschaftlicher Spieler bekannt, der häufig in den Casinos pokerte. Doch auch Stammgäste der Spielbanken konnten sich an nichts mehr als sein Gesicht erinnern.
Paddock war recht wohlhabend. Sein Vermögen wurde auf knapp 1,4 Millionen US Dollar geschätzt. Paddocks Mutter sagte nun, dass das Geld den Opfern des Attentats zugutekommen solle.
Es gab keine Anzeichen für eine Gewalttat
In vielen Fällen gehen der Massengewalt Warnzeichen voraus, die für die Menschen, die sich im Umkreis eines potentiellen Attentäters bewegen, sichtbar sind. Das ist die Aussage einer Studie, in deren Rahmen das FBI [Seite auf Englisch] Dutzende von Todesschützen untersuchte, die zwischen 2000 und 2013 das Feuer eröffneten.
Im Falle von Paddock sagten Verwandte aus, er habe einige psychische Probleme gehabt. Sein Arzt sagte, er habe an einer bipolaren Störung gelitten. Paddock hatte sehr viel Zeit und Geld investiert, um sich auf den Anschlag vorzubereiten, indem er sich Waffen und Munition zulegte. Allerdings scheint er keine Nachricht hinterlassen zu haben.
Paddocks Spielgewohnheiten machten ihn zu einem gern gesehenen Gast im Mandala Bay. Oft quartierte er sich in einer 590 US Dollar teuren Suite ein, die ihm kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Das Zimmer hatte einen herrlichen Blick auf den Strip und die Route 91 Harvest Festival Konzertplätze auf der anderen Straßenseite.
Opfer des Attentats
Die überlebenden Opfer des Attentats versuchen heute, wieder in die Normalität zurückzukehren. Doch für viele war es ein monatelanger Kampf, zum Beispiel für Lori Kammer.
Als sie das Sunrise Hospital und das Medical Center verließ, saß sie im Rollstuhl und konnte auch nach einem zweiwöchigen Aufenthalt nicht gehen, nachdem eine Kugel ihre linke Hüfte getroffen und ihr Becken zerschmettert hatte.
Bei ihrem nächsten Besuch im Mai humpelte sie mit Hilfe eines Rollators, im September konnte sie schließlich aus eigener Kraft gehen.
Dennoch ist auch Lori Kammer nicht vollständig genesen. Sie sagte:
„Ich laufe jetzt schon viel besser, aber ich brauche immer noch Erholung. Ich habe noch einen langen Weg vor mir.“
Sie sagte, dass sie sich immer noch unwohl in Menschenmassen fühle. Sie versuche, derartige Veranstaltungen zu meiden. Dennoch besuchte sie die Gedenkfeier in Las Vegas, die eine Flut von Erinnerungen zurückbrachte. Es sei ein sehr emotionaler Moment gewesen, sagte Kammer.
Stipendienfond für die Hinterbliebenen
Unter den Hinterbliebenen war auch Mynda Smith, die ihrer Schwester Nyesa Davis Tonks gedachte, einer 46-jährigen alleinerziehenden Mutter aus Salt Lake City, die in Las Vegas drei Kinder großzog. Smith sagte, ihre Schwester sei ein abenteuerlustiger Mensch und Musikliebhaberin gewesen.
Mynda Smith hat einen Stipendienfonds für die Kinder der Opfer gegründet und sagte, dass sie fast alle Angehörigen bereits kontaktiert habe. Davon seien 33 aus Kalifornien, sechs andere aus Nevada, vier aus Kanada und zwölf aus anderen US Bundesstaaten.
58 unschuldige Menschen sind tot, doch die gestrige Gedenkfeier hat dafür gesorgt, dass sie nicht vergessen werden. Das Schöne an der sehr tragischen Begebenheit ist allerdings die Tatsache, dass sich Hunderte von Menschen im Rahmen der Feierlichkeiten friedlich vereinten.