Football Leaks: Manchester City und seine Nachwuchsspieler aus Ghana
Posted on: 12/11/2018, 05:33h.
Last updated on: 12/11/2018, 05:33h.
Im Rahmen der großen Football Leaks Enthüllungen kommen immer mehr Details über geheime Abmachungen und dubiose Geschäfte ans Licht. Auch der englische Top Club Manchester City geriet nun ins Schussfeuer der Medienberichte. Der Verein soll mit minderjährigen Nachwuchsspielern aus Westafrika ein zweifelhaftes Millionengeschäft betreiben.
Manchester City und die Right to Dream Academy
Im Osten von Ghana, knapp 100 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Accra befindet sich direkt am Flussufer der Volta die „Right to Dream Academy“, eine Fußballschule, welche im Jahr 1999 von dem Briten Tom Vernon als Wohltätigkeitseinrichtung gegründet wurde.
Der Aspekt der Wohltätigkeit geht jedoch im Lichte der neuesten Football Leaks Aufdeckungen unter, denn der britische Profi-Club Manchester City scheint in einen dubiosen Handel mit den jungen Spielern verwickelt zu sein.
So wurde in den Dokumenten, welche der mysteriöse Whistleblower „John“ mit dem „Spiegel“ teilte, ein geheimer Vertrag gefunden, gemäß welchem die Akademie in allen 15 Ländern Westafrikas nach jungen Talenten suchen soll und sich verpflichtet, diese „unter größtem Bemühen“ dazu zu bringen, einen Vertrag mit Manchester City zu unterschreiben.
Im Gegenzug erhält die Schule jährlich 850.000 Pfund (rund 970.000 Euro), viel Geld für eine verhältnismäßig kleine Akademie mit nur knapp 90 jungen Spielern. Für den Club, welcher sich die besten und teuersten Spieler der Welt leisten kann, ist diese Summe jedoch eher ein kleines Investment.
Laut Angaben des Internationalen Zentrums für Sportstudien (CIES Football Observatory) verfügt Manchester City derzeit weltweit über die teuerste Mannschaft. Den zweiten Platz belegt Paris Saint-Germain, den dritten Manchester United. Während sich in der Top 10 der teuersten Clubs ganze sechs Premier League Vereine finden, ist kein einziges deutsches Team vertreten.
Zu den teuersten Spielern Manchester Cities zählen Riyad Mahrez (68,5 Mio. Euro), Aymeric Laporte (65 Mio. Euro), Kevin De Bruyne (61,67 Mio. Euro) und Benjamin Mendy (59,4 Mio. Euro). Während es weltweit gesehen durchaus vereinzelt teurere Spieler gibt, ist es die Summe, welche Man City zum teuersten Club macht. Derzeit steht der Verein ungeschlagen an der Spitze der Premier League Tabelle.
Gesucht werden die Spieler vor allem in Ghana, wobei die Scouts unter anderem gezielt in die ärmsten Gegenden fahren, um neue Talente anzuwerben. Einer der Talentsucher, namentlich „Prince“ ließ sich dabei filmen und erklärte, dass es für die Kinder aus armen Gebieten nur eine positive Sache im Leben gäbe, und zwar den Fußball.
Der Talentscout schaut sich auf seinen Reisen durchs Land rund 25.000 Kinder an. Doch nur die 15 besten schaffen es auf die Akademie. Im selben Film des politischen Magazins „Panorama“ kommen auch einige der Schüler zu Wort. Diese sind oft erst im Grundschulalter, leben aber weit entfernt von ihren Familien und haben zum Teil nur einmal wöchentlich Kontakt zu diesen.
FIFA Regeln geschickt umgangen
Entsprechend den Regeln der FIFA ist der internationale Handel mit Minderjährigen verboten, doch über das Konzept der umfangreichen schulischen Ausbildung kann der Verein Manchester City diese leicht umgehen.
So stehen die Spieler rein formal erst ab ihrem 18. Geburtstag bei Man City unter Vertrag, praktisch jedoch sichert sich der Verein seine Spieler schon viele Jahre zuvor durch die gezielte Ausbildung der Scouts.
Der Vertrag zwischen den Spielern und dem Verein bedeutet jedoch längst nicht, dass diese auch tatsächlich irgendwann für Manchester City spielen dürfen. Vielmehr „gehören“ die Spieler dem Club und können entsprechend an andere Teams verkauft werden.
In den geheimen Dokumenten liest man, dass die Investition in junge Spieler für den Club sehr „profitabel“ sei. In der Tat ziele man darauf ab, nach Ausbildung und Handel einen durchschnittlichen Kapitalertrag von 24 % zu generieren.
Der Grund, warum der Club mit dem Verkauf der Spieler so viel Geld einnehmen kann, ist der Marktwert, den diese automatisch erhalten, sobald Sie bei Man City unter Vertrag stehen. Glaubt man den Zahlen des Dokuments, reiche dieser von umgerechnet fast 87 Mio. Euro auf bis zu 172 Mio. Euro.
Weder die FIFA noch die Premier League haben bisher gezielte Nachforschungen begonnen. In der britischen Tageszeitung „Telegraph“ liest man dazu ein aktuelles Statement der Premier League:
In unserer League gibt es strenge Regeln bezüglich der Ausbildung von Akademie-Spielern und Third Party Ownership. Hinzu kommen die Regeln der FA und FIFA. Sollten wir begründete Hinweise erhalten, dass unsere Regeln gebrochen wurden, werden wir natürlich eine Ermittlung einleiten und diese schriftlich dokumentieren.
Die FIFA hingegen sagte, derartige Verträge nie zu Gesicht bekommen zu haben, diese aber dennoch gern einsehen zu wollen.
Heiligen die Mittel den Zweck?
Heute wird die Schule von rund 90 Kindern und Jugendlichen besucht. Ausgebildet werden die Schüler in drei großen Bereichen: Allgemeine Schulbildung, Charakterbildung und Fußball. Gleichzeitig erhalten die jungen Afrikaner kostenlose Verpflegung und Unterkunft.
Der Lehrplan folgt dabei den offiziellen Cambridge Richtlinien und die Schüler erhalten die Möglichkeit, einen internationalen GCSE Abschluss zu erreichen. Dieser schulische Abschluss ist in etwa vergleichbar mit dem deutschen Realschulabschluss und für viele Kinder normalerweise unerreichbar.
Genau damit verteidigt auch der Manchester City Fußballverein sein Engagement. Doch eine Frage bleibt bestehen: Heiligen die Mittel den Zweck? Ist es moralisch vertretbar, dass der Club das „Heranzüchten“ junger Talente als eine finanzielle Investition ansieht und die Spieler nur deshalb in den Genuss einer guten Schulausbildung kommen?
Für viele der Jungen bedeutet der Eintritt in die Akademie die Flucht aus ärmsten Verhältnissen und auf dieser Basis war die Schule letztendlich gegründet worden. Auch wenn die Verträge mit Manchester City scheinbar ausschließlich auf die Profite des Vereins abzielen, lässt sich also durchaus mit positiven Effekten argumentieren.
Doch wie empfinden es die Spieler, wenn Sie nach Jahren der Ausbildung nach Europa kommen und dort gehandelt werden? Ein lebendiges Beispiel einer derartigen „Kapitalanlage“ ist der Profifußballer Divine Naah, welcher mit 18 Jahren einen Vertrag mit dem FC unterschrieb, aber seither an sechs verschiedene europäische Vereine verliehen oder verkauft wurde.
Derzeit spielt Naah für Belgien, doch „gehört“ er nach wie vor dem Manchester City Verein. Dieser hat sich vertraglich die Rechte auf 50 % aller künftigen Transfereinnahmen gesichert.
Naah selbst ist nicht glücklich über diese Geschäfte. Im Interview sagte er, dass es nicht okay sei, so mit Spielern umzugehen. Menschen sollten nicht benutzt werden und nur weil Manchester City Gelder an die Akademie überweisen würde, hätten diese „längst nicht das Recht über [ihn] zu entscheiden“.
Man Citys Milliarden aus Abu Dhabi
Wie ist es dazu gekommen, dass der Verein Manchester City über die weltweit teuerste Mannschaft verfügt und sich derartige Investitionen erlauben kann? Die Antwort liegt in Abu Dhabi.
Im Jahr 2008 kaufte der Unternehmer Khaldoon Al Mubarak 86,21 % der Anteile des Clubs für 185 Millionen Euro und machte somit die Abu Dhabi United Group Investment & Development Ltd zum Haupteigentümer.
Al Mubarak selbst ist im Vorstand zahlreicher großer Unternehmen, wie der staatlichen Aktiengesellschaft Abu Dhabis „Mubadala Development Company“, des Diabetes Centers in London und der Executive Affairs Authority (EAA Abu Dhabi).
Seit der Vereinsübernahme steckte der Geschäftsmann Milliarden in den Club und verhalf diesem insbesondere durch den Ankauf mehrerer Weltklassespieler an die Spitze der Premier League. Was aktuell daher die finanziellen Möglichkeiten des Clubs betrifft, überragt dieser jeden anderen Verein.
Wie sinnvoll diese Gelder derzeit und zukünftig eingesetzt werden und ob dies immer moralisch zu rechtfertigen ist, bietet viel Raum für Diskussionen. Das Beispiel in Ghana ist in jedem Fall von höchstem Interesse und ob und wie sich die Premier League und FIFA äußern werden, bleibt mit Spannung abzuwarten.
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