Großbritannien: Buchmacher spenden Millionen für Windhunde
Posted on: 11/01/2019, 11:37h.
Last updated on: 15/01/2019, 01:00h.
Am Mittwoch teilte die britische Regierung mit, dass einige der größten Buchmacher des Landes im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung fortan insgesamt gut 3 Millionen Pfund (3,32 Mio Euro) für den Schutz von Windhunden spenden würden. Mit dem Geld sollen die Lebensbedingungen der Tiere beträchtlich gebessert werden.
Eine kleine Entlohnung für Windhunde
Wenn es um Sportwetten geht, war Großbritannien schon immer ganz vorn mit dabei und dank der UK Gambling Commission sind sämtliche Formen des Glücksspiels im Land legal und beispielhaft reguliert.
Betritt man einen beliebigen Buchmacher, fallen drei Sportarten auf, auf die im Land besonders gewettet wird: Fußball, Pferderennen und Windhundrennen. Letztere sind in der Tat sogar auf Platz sechs der beliebtesten sportlichen Veranstaltungen in Großbritannien
Wie in allen Industrien, in welche Tiere involviert sind, ist auch die Windhundzucht zum Zwecke der Windhundrennen gezwungen, gewisse Standards einzuhalten und den Tieren ein möglichst gesundes und glückliches Leben zu garantieren. Und gleich wie in anderen Industrien ist dies in erster Linie eine Frage des Geldes.
Die UK Gambling Commission bittet daher nun jene zur Kasse, welche von den veranstalteten Windhundrennen mit Abstand am meisten profitieren: die Buchmacher.
Dabei wurde mit verschiedenen bekannten Wettanbietern eine „freiwillige Verpflichtung“ zur Abgabe von Geldern an den Greyhound Trust vereinbart.
Der Greyhound Trust ist eine britische Non-Profit-Organisation zur Vermittlung ausgedienter Windhunde. Die Organisation wurde im Jahr 1975 gegründet und konnte seitdem mehr als 100.000 Hunde vermitteln. Rund 1.000 freiwillige Mitarbeiter kümmern sich darum, dass aktuell jährlich rund 4.000 Tiere ein neues Zuhause finden und viele weitere ein angenehmeres Leben führen können.
Offiziell bestätigt hat die UK Gambling Commission dabei die Zusammenarbeit mit Paddy Bower Betfair, William Hill, Ladbrokes-Coral, Bet 365, Betfred, William Hill, Jennings Bet und Sky Betting and Gaming.
Dringende Investitionen im ganzen Land
Verallgemeinernd erklärte die UK Gambling Commission, dass man mit den Millionen zusätzlicher Pfund dafür sorgen wolle, dass die Windhunde eine bessere Pflege erhielten.
Mims Davies, Parlamentsmitglied und Ministerin für Sport und Glücksspiel der britischen Conservative Party verkündete konkreter, dass man mit den Geldern vor allem in eine bessere Ausbildung der Tierärzte und -pfleger sowie bessere medizinische Versorgung nach Verletzungen investieren wolle.
Des Weiteren sollen die Rennstrecken aufgerüstet und sicherer gemacht werden sowie die Hundezwinger, in welchen die Tiere leider einen großen Teil des Tages verbringen, angenehmer gemacht werden. Auch die Transportfahrzeuge, welche die Hunde zu den verschiedenen Veranstaltungsorten bringen, sollen besser ausgestattet werden, insbesondere im Hinblick auf die Ventilation.
Nicht zuletzt benötigt der Greyhound Trust [Seite auf Englisch] aber ganz besonders Hilfe im Bereich der Weitervermittlung der Windhunde „im Ruhestand“. Derzeit warten Tausende von Windhunden auf ein neues Zuhause bei einer liebevollen Familie und jährlich kommen unzählige weitere hinzu.
Mim Davies hofft dabei, dass die Zahl der Unterstützer weiter wächst:
Ich freue mich, dass wir eine derartige Vereinbarung mit den führenden Anbietern der Branche treffen konnten, damit wir den Schutz unserer Windhunde garantieren und verbessern können. Ich möchte all die anderen Buchmacher, welche Wetten auf Windhundrennen anbieten, dazu ermutigen, dem zu folgen und der Vereinbarung ebenfalls zuzustimmen. Jeder Hund, der wegen zu hoher medizinischer Kosten eingeschläfert wird, ist einer zu viel. Wir müssen dem ein Ende setzen.
Langfristig gesehen möchte die UK Gambling Commission den strategischen Plan „Greyhound Commitment“, welcher vom Greyhound Board of Great Britain (GBGB) erstellt wurde, unterstützen.
Im Plan heißt es, man wolle sich für das Wohl der Tiere einsetzen, aber auch die Integrität der Windhundrennen als Sportart bewahren. Beim GBGB handelt es sich jedoch um eine eigenständige Regulierungsbehörde des Sportwettenbereichs der Windhundrennen.
Der GBGB finanziert sich dabei vollständig aus den Einnahmen der Rennen selbst und ist wenig verwunderlich einer der größten Verfechter des Sports. Somit ist es umso wichtiger, dass die tierrechtlichen Aspekte auch von anderen Seiten geprüft und gestärkt werden.
Schockierende Zustände und Verletzungen
Für die GBGB, die Buchmacher, die Tierzüchter und die Betreiber der Rennstrecken sind die veranstalteten Rennen natürlich eine große Geldeinnahmequelle, weshalb in den vergangenen Jahren in erster Linie um das Image der Industrie gekämpft wurde.
Denn immer öfter drangen erschütternde Meldungen an die Presse, die veranschaulichen sollten, dass eben nicht alles so rosig sei, wie dargestellt. Während die GBGB in einem Statement auf Ihrer Website davon überzeugen möchte, dass derartige Medienberichte nur Einzelfälle repräsentieren würden, sehen Tierschützer die Lage deutlich kritischer.
Die Tierschutzorganisation Grey2K, welche sich auf den Schutz von Windhunden spezialisiert hat, liefert interessante Fakten, die nur schwer zu beschönigen sind. Mit nur 18 Monaten beginnen die Hunde ihr Leben auf den Rennstrecken, mit 4 oder 5 Jahren sind sie dann zu alt, um den „sportlichen Ansprüchen“ zu genügen.
Viele der Hunde würden jedoch dieses Alter nicht einmal erreichen und erlägen Verletzungen oder Infektionen. Parasitenbefall sei ebenfalls ein sehr gängiges Problem der Hunde, die den 95 % ihres Daseins dicht gedrängt in engen Zwingern verbrächten.
Laut Grey2K kam es zwischen April 2008 und April 2018 zu mehr als 15.000 Verletzungen. Darunter gebrochene Beine, gebrochene Rückenknochen, Kopftraumata und schwerwiegende Stromschläge.
Der Kampf der Tierschützer
Während der Hitzewelle des letzten Sommers kam es im britischen Henlow Greyhound Stadium zu einem Skandal. Trotz der Rekordtemperaturen wurden die geplanten Rennen durchgeführt, mit der Folge, dass Hunde einen Hitzschlag erlitten und dringend medizinisch versorgt werden mussten.
Die international bekannte Tierschutzorganisation PETA berichtete von dem Vorfall und lieferte in dem Zusammenhang weitere erschreckende Zahlen. So würden jährlich 10.000 Hunde „in Rente geschickt“, was in sich noch nicht skandalös ist.
Doch gut 3.700 der Tiere verschwänden ohne jede Spur und würden eben nicht weitervermittelt. Die Industrie selbst habe per Gesetz das Recht, gewisse Informationen für sich zu behalten. Das unerklärte Verschwinden von Hunden gehöre dazu. Doch unter Tierschützern, welche immer wieder Undercover ermittelt haben, ist die grausame Wahrheit längst bekannt.
Glaubt man den Whistleblowern, werden die Tiere schlichtweg getötet, in Massengräber geworfen oder an Länder wie China weiterverkauft.
Verbot einer langen Tradition?
Doch während Windhundrennen in Deutschland illegal sind, halte die Briten an ihrem Traditionssport fest und die Wettbranche boomt. Die ersten Windhundrennen wurden bereits im 18. Jahrhundert offiziell organisiert und heute gibt es noch immer 21 aktive Rennstrecken, von denen sich 20 in England und eine in Schottland befinden.
In den letzten Jahren wurden zwar zahlreiche Petitionen für ein Komplettverbot von Windhundrennen erstellt, doch das Aufbegehren der Tierschützer scheint erfolglos im Schatten der riesigen Industrie mit ihren Milliardeneinnahmen.
Weder von Seiten der UK Gambling Commission noch von Seiten der Buchmacher gibt es Pläne, das Ausmaß der Rennen einzuschränken. Die große finanzielle Investition in den Schutz der Tiere ist daher aktuell der einzige Lichtblick für die Gegner dieses Sports.
Viele Online Buchmacher bieten derzeit schon alternative Wettangebote für Windhundrennen an, nämlich die Wetten auf virtuelle Rennen. Diese sind rund um die Uhr möglich, denn es müssen keine offiziellen Veranstaltungen abgewartet oder echte Tiere eingesetzt werden.
Letztendlich liegt es jedoch an den Kunden der Wettanbieter selbst, wie es mit der Industrie weiter geht. Wenn mehr Wettfreunde auf die virtuellen Wetten umsteigen oder sich generell auf andere Sportarten konzentrieren, wird die Nachfrage sinken und wie in jedem Handelsbereich wenig später auch das Angebot.
Petitionen gegen die Windhundrennen in Großbritannien können übrigens auch von Deutschland aus unterschrieben werden.
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