Gegen Spielmanipulation: NASCAR paktiert mit Sportradar
Posted on: 12/12/2018, 12:34h.
Last updated on: 09/11/2021, 11:43h.
Der US-Motorsportverband NASCAR (National Association for Stock Car Auto Racing) weitet seine langjährige Partnerschaft mit dem Sport-Datendienstleister Sportradar aus. Ziel sind das Aufspüren verdächtiger Wettaktivitäten und der Kampf gegen Betrug im Motorsport.
Wie die Unternehmen am Dienstag bekanntgaben, wird Sportradar von nun an die drei Rennserien der NASCAR mit seinem Fraud Detection System (FDS) (dt. Betrugserkennungssystem) überwachen.
Die NASCAR ist einer der führenden Motorsportverbände der USA und in Daytona Beach, Florida ansässig.
Sie ist Betreiberin von drei landesweiten Rennserien: Der Monster Energy NASCAR Cup Series (Top-Division der NASCAR), der Xfinity Series und der Camping World Truck Series. Weiterhin veranstaltet die NASCAR Rennen in Mexiko und Kanada.
Ihren Ursprung hat die NASCAR zu Zeiten der amerikanischen Prohibition: Schmuggler transportierten in den 20er- und 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts selbstgebrannten Alkohol in Autos durchs Land. Um der Polizei zu entkommen, frisierten sie die Fahrzeuge zu Rennwagen, mit denen sie sich in der Folge an den Wochenenden miteinander maßen.
1936 fand das erste offizielle Rennen auf Initiative des Mechanikers Bill France sr. in Daytona Beach statt, 1947 gründete er ebenda mit weiteren Rennveranstaltern die erste NASCAR-Rennserie.
Heute werden die Rennen in streng reglementierten Fahrzeugen mit Tourenwagen-Silhouette bestritten.
Analyse und Prävention
Künftig werden nun die NASCAR-Daten des „Cup“, „Xfinity“ und der „Gander Outdoor Truck Series“ von Sportradar gesammelt und ausgewertet.
Im Fokus stehenden die inneramerikanischen und weltweiten Wettbewegungen mit Bezug zu den Motorsportevents.
Zusätzlich wird die NASCAR die Weiterbildungs- und Präventionsangebote von Sportradar nutzen.
Diese sehen unter anderem Workshops für NASCAR-Fahrer, Teams und Offizielle vor.
Auch die Anteilseigner sollen in den Komplex des Aufklärungs- und Integritätsmanagements eingebunden werden, Teil dessen auch die Einführung eines umfassenden Regelwerks zum Umgang mit der Wettthematik im Sport ist.
Sportradar sammelt und analysiert Sportdaten und verarbeitet sie zu digitalen Inhalten. Der Dienstleister arbeitet sowohl für Sportwetten-Anbieter und Sportmedien, als auch für internationale und nationale Verbände.
Mit dem Fraud Detection System bietet das Unternehmen Strafverfolgungsbehörden und Sportverbänden Unterstützung im Kampf gegen Wettmanipulation und Spielverschiebung an. Hierbei werden Wettquoten und -anpassungen beobachtet.
Bei Abweichungen von zuvor berechneten Statistiken wird automatisch Alarm ausgelöst, was zu einer vertiefenden Begutachtung durch die Analysten des Dienstleisters führt.
Zu den Partnern, die das FDS von Sportradar nutzen, gehören unter anderem der DFB und Europol.
Fall des Sportwettengesetzes macht Neuregelung erforderlich
Mit der nun öffentlich gemachten Partnerschaft reagiert die NASCAR auf eine bahnbrechende Entscheidung des US Supreme Courts im Mai dieses Jahres.
Der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hatte beschlossen, die Regelung der – bis dato fast flächendeckend verbotenen – Sportwetten in die Hände der Bundesstaaten zu geben und somit faktisch zu legalisieren.
So erklärt Brian Herbst, der Vizepräsident für globale Medienstrategie und Vertrieb der NASCAR, im Statement:
Es ist äußerst wichtig, proaktiv zu sein und ein Schutzsystem zu entwickeln, welches das Renn-Produkt der NASCAR vor allen potenziellen Integritätsbedrohungen schützt.
Sportradar ist führend in diesem Bereich und das Wissen, dass unsere Rennen künftig umfassend überwacht werden, während wir als Industrie mit den nötigen Werkzeugen und Kenntnissen ausgestattet werden, gibt uns die Sicherheit, die Integrität der NASCAR zu erhalten, während der US-Wettmarkt sich weiter öffnet.
In der Folge öffnete sich im Oktober (Link auf Engl.) die erste NASCAR-Rennstrecke in Dover, Delaware, für Wetten auf den Ausgang der Rennen.
Wetten im Motorsport: Positive Resonanz
Für die Wettangebote auf NASCAR-Veranstaltungen ist der in Las Vegas ansässige Buchmacher William Hill zuständig, Rennfreunde zeigten sich bislang erfreut über die neugeschaffenen Möglichkeiten.
So gab der 21-Jährige Bradley Saucier, der auch Geld auf College-Sport setzt, im Gespräch mit NBCsports an, dass sich das Rennsporterlebnis mit Einführung der Wetten für ihn positiv verändert habe:
Ich habe defintiv das Gefühl, mehr Anteil am Rennen zu nehmen. Ich bin mehr Teil davon, wenn ich ein Pferd im Rennen habe.
Ähnlich sah es Travis Parks, der zum ersten Mal auf die Rennnummer des Siegerwagens setzte: Er sei davon ausgegangen, sich einfach nur ein Rennen anzusehen. Tatsächlich fühle es sich aber an wie der Besuch in einem „Mini-Casino“.
Da jetzt das Wetten im Motorsport der NASCAR angekommen ist, ist es an der Zeit, klare Vorgaben zu formulieren. Bislang enthält das Regelwerk des Verbandes beispielsweise keine Punkte, in denen Fahrern oder Teammitgliedern das Wetten auf Ergebnisse innerhalb des Verbandsgeschehen explizit untersagt wird. Kein Wunder, war es doch bis vor wenigen Monaten noch von anderer Instanz gesetzlich verboten.
NASCAR paktiert mit Sportradar: Erprobte Zusammenarbeit
Die Allianz zwischen Verband und Datendienstleister ist nicht neu. Es handelt sich um die Ausweitung einer Zusammenarbeit, die bereits 2015 besiegelt wurde.
Damals hatte sich die NASCAR entschieden, SportsData, dem US- Ableger des in der Schweiz ansässigen Datendienstleisters, mit den Rechten an den Echtzeitdaten der NASCAR-Events auszustatten. Dieser vermarktet sie unter Partnern wie Google und Facebook weiter.
Mit der Entscheidung, ein neues Regelwerk aufzusetzen und die eigenen Rennen monitoren zu lassen, stellt sich die NASCAR den Anforderungen, die die Neuregelung der Sportwetten mit sich bringt.
Denn auch wenn der Anteil der NASCAR-Wetten bislang bei nur 0,2 % des Gesamtumsatzes der US-Sportwetten liegt, ist die Furcht vor möglichen Manipulationen nicht aus der Luft gegriffen: Wie bei jedem Wettkampf, dessen Ausgang man schon im Vorfeld kennt, wäre auf diese Weise auch im Motorsport viel Geld zu verdienen.
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