Geld macht nicht glücklich, oder doch? – Welchen Einfluss hat ein Lottogewinn auf das Glücksgefühl?
Posted on: 30/12/2018, 05:30h.
Last updated on: 20/12/2018, 12:45h.
Der Reiz des Lottospielens liegt im Traum vom großen Glück. Und doch hört man immer wieder den Satz „Geld macht nicht glücklich“. In diesem Jahr ist es allerdings Forschern aus Schweden gelungen, das Gegenteil zu beweisen. Zwanzig Jahre lang haben sie Lottogewinner beobachtet und ihre Studie mit dem Fazit abgeschlossen, das ein Lottogewinn glücklich macht.
Die schwedischen Forscher Erik Lindqvist, Robert Östling und David Cesarini vom Research Institute of Industrial Economics in Stockholm haben mehr als 4.800 Lottogewinner mit Gewinnen in unterschiedlicher Höhe in einer Langzeitstudie beobachtet.
Mit ihrer Studie, die den Titel „Long-run Effects of Lottery Wealth on Psychological Well-being” (Seite auf Englisch) trägt, hat das Forscher-Trio nachweisen können, dass Lottogewinner sich auch viele Jahre, nachdem der Lottogewinn ausgeschüttet wurde, noch glücklicher fühlen als vor dem Gewinn.
Langfristige Auswirkungen eines Lottogewinns auf das Glück
Viele Studien haben bisher herausgefunden, dass Zufriedenheit und Glück eng mit Wohlhaben und Einkommen verbunden sind. Wie sich dieser Zusammenhang gestaltet, bleibt jedoch oft unklar. Häufig geht man davon aus, dass die Menschen ihre Anforderungen hochschrauben, wenn sich ihre wirtschaftliche Situation verbessert.
Dies hätte zur Folge, dass eine Einkommenserhöhung oder ein Lottogewinn zwar kurzfristig zu einem Glücksgefühl führen würden, sich durch den Anpassungseffekt langfristig aber nur wenig darauf auswirken würden.
Den Forschern aus Schweden jedoch ist es gelungen nachzuweisen, dass die positiven Auswirkungen eines Lottogewinns keinesfalls eine kurzfristige Angelegenheit sind. Sie haben mit ihren Beobachtungen fünf Jahre, nachdem die Lottospieler gewonnen hatten, begonnen und sind zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Gewinner auch Jahrzehnte, nachdem sie gewonnen haben, glücklicher sind.
Lebenszufriedenheit versus spontane Freude
Glück kann für jeden etwas anderes bedeuten und das Gefühl, glücklich zu sein, kann von den verschiedensten Faktoren abhängen. Die schwedischen Forscher haben daher bei den Befragungen spezifische Aufteilungen für den Begriff „Glück“ vorgenommen.
Sie haben die Lottogewinner einerseits nach ihrer „happiness“, also nach dem Glücksgefühl, das sie in diesem Moment empfanden, andererseits aber auch nach ihrer generellen Lebenszufriedenheit befragt. Hinzu kamen weitere Aufschlüsselungen nach psychischer Gesundheit und nach der finanziellen Zufriedenheit.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sowohl die generelle Lebenszufriedenheit als auch die finanzielle Zufriedenheit mit dem Lottogewinn anstiegen – und zwar umso mehr, je höher der Gewinn war. Nur relativ wenig Einfluss dagegen hatte der Lottogewinn langfristig auf die psychische Gesundheit und auf das spontane Gefühl von Glück und Freude.
Verschleudern Lottospieler ihre Gewinne?
Die Studie zeigt, dass ein langfristiger Zusammenhang zwischen dem Lottogewinn sowie der damit einhergehenden finanziellen Zufriedenheit und der generellen Lebenszufriedenheit besteht. Dem steht die populäre Annahme gegenüber, dass Lottogewinner ihren Gewinn normalerweise verschwenden würden.
Die Forscher gehen davon aus, dass Lottospieler, die einen großen Gewinn machen, diesen für die langfristige Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation verwenden und diese auch Jahrzehnte nach dem Gewinn noch sichtbar ist.
Lottogewinner reduzieren häufig ihren Arbeitsaufwand und geben das Geld nach und nach aus, sie investieren aber auch in finanzielle Vermögenswerte, wobei sie häufig auf Produkte mit niedrigem Risikowert setzen. Dies zeigt beispielsweise ein Bericht mit dem Titel „Windfall Gains and Stock Market Participation“ von Joseph Briggs, David Cesarini, Erik Lindqvist und Robert Östling aus dem Jahr 2015.
Gibt es eine Obergrenze für das Glück?
Bei der Frage, ob Geld glücklich macht oder nicht, wird einerseits oft davon ausgegangen, dass dies für den Einzelnen, aber nicht für die ganze Gesellschaft bejaht werden kann. Zudem wird von einer Obergrenze ausgegangen. Man nimmt häufig an, dass ab einem Einkommen von rund 60.000 Dollar (etwa 53.000 Euro) im Jahr kein Zusammenhang mehr zwischen mehr Geld und einem größeren Gefühl des Glücks zu verzeichnen sei.
Das Easterlin-Paradox
Das Easterlin-Paradox geht auf den Aufsatz „Does Economic Growth Improve the Human Lot?” des Ökonomen Richard Easterlin zurück. Dieser hat sich hierin im Jahr 1974 dahingehend positioniert, dass zwar der Einzelne durch ein höheres Einkommen zufriedener sei, ein durchschnittlich höheres Einkommen in einem Land aber nicht dazu führen würde, dass sich die Menschen hierin generell glücklicher fühlen würden als in einem ärmeren Land.
Auch über die Zeit hinweg scheint, so die Annahme von Easterlin, die Zunahme des Einkommens nicht mit einer Zunahme des Glücklichseins zu korrelieren. So stellte er beispielsweise während seiner Untersuchungen in der Zeit zwischen 1946 und 1970 fest, dass die US-Amerikaner mit den Jahren subjektiv nicht glücklicher geworden sind, obwohl das durchschnittliche Einkommen im Land gestiegen ist. Das Easterlin Paradox ist häufig diskutiert worden und wurde im Laufe der Jahre von einigen Studien bestätigt, konnte jedoch auch immer wieder widerlegt werden.
Hinterfragt wurde das Easterlin-Paradox zum Beispiel von den Ökonomen Justin Wolfers und Betsey Stevensson von der Universität von Pennsylvania. Sie haben die These Easterlins, dass der Einzelne durch mehr Geld glücklicher wird, unterstrichen, aber auch festgestellt, dass reichere Gesellschaften glücklicher sind als arme. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte Justin Wolfers hierzu:
„Es stimmt, dass reiche Leute glücklicher sind als arme. Aber reiche Länder sind auch glücklicher als arme – fast in der gleichen Größenordnung. Und wenn die Länder reicher werden, werden sie glücklicher. Da ist überhaupt kein Paradox. Es stimmt, was Ökonomen immer vermutet haben: Wer mehr Chancen im Leben hat – und das messen wir am Einkommen -, der ist glücklicher.“
Wolfers und Stevensson haben sich jedoch nicht nur mit der Frage beschäftigt, ob ein höherer Einkommensdurchschnitt zu mehr Glück und Zufriedenheit führt, sondern auch mit der vermuteten Obergrenze. Auch diese konnten die beiden Glücksforscher aus Pennsylvania widerlegen, wie Justin Wolfers erklärt:
„Wir haben die ganze Literatur gelesen, niemand hat eine Obergrenze nachgewiesen. Also haben wir wirklich alle verfügbaren Daten noch mal untersucht. Und es hat sich gezeigt, dass zusätzliches Einkommen zusätzliches Glück bringt. Bei jedem Einkommen. Das hört nie auf. Wir haben festgestellt: Immer, wenn das Einkommen um zehn Prozent steigt, steigt das Glück im gleichen Maß. Wenn Sie also sehr reich sind, braucht es viele zusätzliche Dollar, um Sie glücklicher zu machen. Aber der Zusammenhang zwischen Einkommen und Glück bleibt bestehen.“
Demnach führt ein Lottogewinn, ebenso wie ein anderer Einkommenszuwachs, nicht nur dazu, dass der Einzelne glücklicher ist, sondern steigert auch die Zufriedenheit ganzer Nationen. Eine Obergrenze gibt es dabei offenbar nicht. Ein Lottogewinn macht demnach potenziell jeden glücklich, unabhängig von der finanziellen Situation, in der er sich zuvor befand.
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