„Gemeinsam gegen Spielmanipulation“ – DFB-Projekt gegen Betrug im Fußball
Posted on: 02/09/2018, 05:30h.
Last updated on: 31/08/2018, 05:38h.
Die weltweite Anzahl der Sportwetten steigt kontinuierlich. Doch neben Privatpersonen, die ihr Geld auf den Ausgang sportlicher Wettkämpfe setzen, haben sich kriminelle Strukturen gebildet, die das Ergebnis der Spiele in ihrem Sinne beeinflussen. Der DFB stellt sich mit einem Projekt gegen das organisierte Verbrechen und schult insbesondere junge Spieler in Bezug auf dubiose Angebote.
Wo Geld zu holen ist, ist das Verbrechen nicht weit. Diese einfache Formel lässt sich auch auf die Branche der Sportwetten anwenden, deren jährlicher Umsatz wird auf mindestens 500 Milliarden Euro geschätzt wird. Kein Wunder also, dass auch die Massensportart Fußball im Visier krimineller Banden steht. Buchmacher, Wettteilnehmer, Spieler, Schiedsrichter, jeder von ihnen kann Teil des organisierten Verbrechens werden, das kein Interesse an fairen Spielen, sondern ausschließlich an hohen Gewinnen hat.
Im Jahr 2005 war es der damals 25-jährige DFB-Schiedsrichter Robert Hoyzer, der das Thema Spielmanipulation und Wettbetrug im Fußball für die Öffentlichkeit sichtbar machte.
Aufmerksam wurden die Verantwortlichen nach einem Spiel des DFB-Vereinspokals zwischen dem Bundesligisten HSV und dem Regionalligisten SC Paderborn 07. Zur Überraschung aller gewann Paderborn mit einem Endstand von 4:2 gegen den deutlich überlegenen HSV. Schnell kamen Zweifel an Hoyzers Entscheidungen zu Ungunsten der Hamburger während des Spiels auf.
In der Folge wurden elf von Hoyzer geleitete Spiele vor dem DFB-Sportgericht behandelt und teilweise wiederholt. Nachdem er den Verdacht der Spielmanipulation zunächst bestritten hatte, legte Hoyzer ein umfangreiches Geständnis ab. Er gab zu, Spiele der des DFB-Pokals, der 2. Bundesliga und der Regionalliga verschoben zu haben.
Hintermänner waren nach Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft Angehörige der kroatischen Mafia.
Hoyzer wurde wegen banden- und gewerbsmäßigem Betrug zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. In einem Vergleich mit dem DFB wird eine Schadensersatzsumme von 750.000 Euro festgelegt.
Im Zuge der Ermittlungen wurden weitere Manipulationen durch Schiedsrichter bekannt, die unter dem Namen „Fußball-Wettskandal 2005“ in die Geschichte eingingen.
Spielmanipulation – Ein internationales Geschäft
Im Fokus der Wettmafia stehen vor allem unterklassige Partien. Platziert werden nicht selten sechsstellige Beträge, insbesondere aus dem asiatischen Raum. In Malaysia, Singapur und nicht zuletzt China bieten Wettunternehmen bessere Quoten und akzeptieren höhere Einsätze als in Europa.
So entspinnt sich ein globales Netz, in welchem ein junger Spieler in Deutschland zum Garant für hohe Gewinne in Übersee werden kann. Vorausgesetzt, er hat sich bei einer Kontaktaufnahme für die Ideen eines Mittelsmannes erwärmen können.
Im Interview beschreibt ein junger Spieler, der ungenannt bleiben möchte, den Versuch einer Kontaktaufnahme. Als Kapitän seiner Mannschaft war er vor einem Spiel von zwei dubios wirkenden Männern angesprochen worden.
Wir sollten das Spiel verlieren, und ich sollte noch ein, zwei Spieler involvieren. Auch die, die auf wichtigen Positionen spielen.
Obwohl er abgelehnt und sofort den Vorstand informiert habe, seien die Männer das Spiel über am Spielfeldrand stehengeblieben.
Es war ein erschreckendes Gefühl. In dem Moment, als die Typen versuchten, durch mich Geld zu verdienen, also dreckiges Geld zu gewinnen.
Doch nicht jeder, der angesprochen wird, kann sich so klar abgrenzen wie der Interviewte.
Leichen im Keller und sehr viel Geld
Die Gründe, warum insbesondere unerfahrene Spieler zu Helfern internationaler Kartelle werden sind vielfältig. Oft befinden sie sich selbst in einem Kreislauf aus Spielsucht und Spielschulden, teilweise ist von Erpressung die Rede.
Eine weitere Motivation mag im Machtgefühl liegen, spielentscheidend eingreifen zu können. Und – last but not least – ist es sicher das Geld, dass Schiebung für den ein oder anderen zu einem Angebot macht, dass er nicht ausschlagen kann.
Laut einem Angeklagten im Skandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer konnte ein Profi mit 5.000 bis 7.000 Euro rechnen, wenn sein Spiel den Erwartungen der Auftraggeber entsprach, Torhüter auch mit mehr.
Prävention als Mittel gegen Spielmanipulation
Mit diesem Wissen und dem Anspruch, Spielmanipulationen rigoros entgegenzutreten hat der DFB zusammen mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) das Projekt „Gemeinsam gegen Spielmanipulation“ ins Leben gerufen.
Das Projekt richtet sich an alle Aktiven, die mit dem Thema Spielmanipulation in Berührung kommen können. Neben Kursen und Schulungen für Trainern, Schiedsrichtern und Clubverantwortlichen wird insbesondere Wert auf die Präventionsarbeit bei Jugendlichen gesetzt.
In altersgerechten Workshops setzen die Macher auf Aufklärung, ein eigens eingerichtetes e-Learning Tool (ext. Link https://gemeinsam-gegen-spielmanipulation.de/etraining/) vermittelt relevante Inhalte auf spielerische Weise.
Ombudsmann als Ansprechpartner
Auch ein Ombudsmann ist Teil des, dem FIFA-Ethikreglement verpflichteten Projektes. Unter Zusicherung absoluter Anonymität steht er allen zur Verfügung, die von der Thematik Spielmanipulation direkt oder indirekt betroffen sind.
Spielmanipulation ist kein Kavaliersdelikt
Während die Sportverbände auf Prävention und Frühwarnsysteme bei auffälligen Wettquoten setzen, um die Problematik der Spielmanipulation in den Griff zu bekommen, hat auch die deutsche Politik reagiert. 2017 brachte sie das Gesetz gegen Sportwettbetrug und Spielmanipulation auf den Weg. In besonders schweren Fällen droht eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren.