Geschenke von Buchmachern an britische Abgeordnete ganz „normal“?
Posted on: 23/11/2021, 12:15h.
Last updated on: 22/02/2022, 01:09h.
Zahlreiche britische Abgeordnete haben in den letzten Jahren Vergünstigungen und Geschenke von Glücksspiel-Firmen angenommen. Britische Zeitungen veröffentlichten vor Kurzem die Namen einiger beschenkter Politiker und traten damit eine Welle der Empörung los. Doch Warwick Barlett, CEO der Global Betting und Gaming Consultants (GBGC) scheint der Ansicht zu sein, die Medien würden viel Lärm um nichts machen.
Laut Warwick Bartlett [Seite auf Englisch], dem Gründer und Vorsitzenden der unabhängigen Beratergruppe für Glücksspiel- und Sportwetten-Anbieter, sei das Verhältnis zwischen Politikern und der Industrie weder ungewöhnlich noch verwerflich. Als ehemaliger Vorsitzender des britischen Buchmacher-Verbandes (ABB) wisse er, wovon er spreche.
Laut Mitte November veröffentlichten Recherchen der Zeitung The Guardian sollen insgesamt 28 britische Abgeordnete, davon 19 konservative Politiker (Tories), Gehälter und Geschenke aus der Glücksspielindustrie erhalten haben. Zusammengerechnet hätten sie dadurch Gelder in Höhe von 225.000 GBP angenommen.
Bei einem Großteil der Geschenke handle es sich um VIP-Tickets für Pferderennen, Fußballspiele und andere Sportveranstaltungen. Dies geht auch aus dem Bericht des Guardian hervor, welcher betont, dass ein einzelnes Ticket viele Tausend GBP wert sei.
Die Buchmacher bezahlten diese Tickets jedoch nicht direkt und nicht für spezifische Abgeordnete. Vielmehr erhielten sie im Rahmen ihrer allgemeinen Sponsoren-Partnerschaften mit Sportveranstaltern Plätze in den VIP-Logen von Rennbahnen oder Stadien.
Die CEOs und Manager der Glücksspiel-Firmen gingen selbst sehr gern zu den Veranstaltungen, da sie alle eine Leidenschaft für den Sport teilten. Auch Angestellte der Glücksspiel-Konzerne, die sich durch besonderes Engagement auszeichneten, erhielten Einladungen.
Verständnis für den Sport und das Wetten wecken?
Bartlett selbst habe in der Vergangenheit diverse Einladungen zu Events erhalten. In den VIP-Logen habe er dann auch immer wieder Politiker getroffen. Ebenso wie er selbst hätten diese schlichtweg das Event genossen. Über politische Belange, insbesondere Glücksspiel-Angelegenheiten, sei dabei kein Wort gefallen.
Bei einem Pferderennen habe er den in der Presse jüngst kritisierten Abgeordneten Philip Davies im VIP-Bereich des Buchmachers Coral getroffen. Dieser habe seit jeher eine Leidenschaft für den Sport, denn sein eigener Vater sei Buchmacher gewesen. Aus Sicht von Coral dürfe es daher kaum nötig gewesen sein, sich durch eine Event-Einladung „beliebt zu machen“. Bartlett erzählt weiter:
Zu einer anderen Gelegenheit, wieder in Wembley, hatte eine Abgeordnete eines Wahlbezirks in Nordlondon eine Einladung von William Hill erhalten und den Buchmacher immer wieder hartnäckig gefragt, was er als Gegenleistung für die Einladung erwarte. Der William-Hill-Manager war überrascht und sagte „Gar nichts. Wir sind hier, um das Spiel zu schauen und den Tag zu genießen“. Und wie immer ist genau das auch passiert.
Es gebe letztendlich einen simplen Grund, warum Glücksspiel-Anbieter auch Politiker in ihre VIP-Logen einlüden. Die Abgeordneten sollten einen lebensnahen Eindruck vom Sport, dem Wetten und der Leidenschaft der Sportfans erhalten. Schließlich müssten sie stetig über Belange abstimmen, die die Sport- und Glücksspiel-Industrie und damit eine große Anzahl von Zuschauern und Kunden beträfen.
In der Vergangenheit sei es oft die Unwissenheit der Politiker gewesen, welche die Weiterentwicklung der Branche verhindert habe, so Bartlett.
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