Glücksspiel in der Slowakei wird reformiert – gegen den Willen des Präsidenten
Posted on: 30/01/2019, 12:35h.
Last updated on: 30/01/2019, 05:00h.
Am 21. Dezember legte der slowakische Präsident Andrej Kiska ein Veto gegen das zwei Wochen zuvor verabschiedete Gesetz zur Neuordnung des Glücksspiels in dem EU-Mitgliedsland ein. Nun hat das Parlament in einer Abstimmung beschlossen, das Glücksspiel in der Slowakei wie geplant zu liberalisieren, ungeachtet der Bedenken des Staatsoberhauptes.
Glücksspiel in der Slowakei: Entscheidung ist gefallen
Bislang galten restriktive Regelungen zum Glücksspiel in der Slowakei. Gleichzeitig mehrten sich die Stimmen, die eine Öffnung des Marktes forderten. Auf dieser Grundlage erarbeitete das slowakische Finanzministerium einen Gesetzesentwurf, der am 04. Dezember 2018 vom Nationalrat ratifiziert wurde.
Knapp zwei Wochen später der Schock: Präsident Andrej Kiska legte ein Veto ein und gab das Gesetz zur Überarbeitung an das Parlament zurück. Ihm gingen die Maßnahmen zum Spielerschutz nicht weit genug.
Der 1969 in der damaligen Tschechoslowakei geborene Millionär Andrej Kiska ist seit 2014 Präsident der Slowakei und hat sich einen Namen als Unternehmer und Philanthrop gemacht. Der parteilose Kiska ist der erste Präsident des Landes, der zuvor nie Mitglied der kommunistischen Partei war.
Obwohl dem Präsidenten in der Slowakei, ähnlich wie in Deutschland, vornehmlich repräsentative Aufgaben zukommen, erklärte Kiska im Wahlkampf, das marode Sozial- und Gesundheitssystem reformieren und den Kampf gegen Justizversagen und Korruption in der Slowakei aufnehmen zu wollen. Die nächsten Direktwahlen zum Präsidenten finden 2019 statt, eine Wiederwahl ist einmalig möglich.
Am Dienstag stimmten die 150 Abgeordneten des Nationalrats erneut ab. Mit 86 Stimmen, die zum Teil der Opposition geschuldet waren, erreichte die für den Gesetzesentwurf verantwortliche Regierungspartei von Ministerpräsident Peter Pellegrini die nötige Mehrheit, um sich über das Veto des Präsidenten hinwegzusetzen. Das Gesetz wird nicht überarbeitet, sondern wie geplant eingeführt.
Poker und Co.: Slowakei lässt ausländische Anbieter ins Online-Geschäft
Die weitreichendsten Neuerungen im Umgang mit dem Glückspiel in der Slowakei betreffen das geplante Ende des Monopols des staatlichen Lotterieanbieters Tipos im Bereich des Online Glücksspiels:
Während Bingo, Lotterien und Verlosungen im Internet weiterhin exklusiv vom Staat angeboten werden, werden für den Betrieb von Online Casinos künftig Lizenzen vergeben. Bewerben können sich sowohl slowakische als auch internationale Unternehmen.
Damit macht die slowakische Politik eine Wende von 180 Grad: Erst im Sommer 2017 hatte das Finanzministerium eine Blacklist von 10 Online Glücksspielanbietern veröffentlicht, die das Who is Who der internationalen Industrie abbildete und seither gepflegt und stetig ergänzt wurde.
So fanden sich neben 888 Holdings, Bet-at-Home und Bet365 auch die Wettanbieter William Hill und Bwin auf der Liste derer, denen mit empfindlichen Strafen gedroht wurde, sollten sie ihre Angebote weiterhin in der Slowakei ansässigen Spielern zugänglich machen.
Als Inspiration für die Neuausrichtung der Gesetzgebung nennt die Regierung die Erfolge der EU-Länder mit liberaleren Regelungen, wie Dänemark, Rumänien und die Tschechische Republik. So sieht es auch Peter Papanek, der Vorsitzende des Verbandes der slowakischen Glücksspielanbieter:
Die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt, dass illegales Glücksspiel und Steuerhinterziehung nur über eine Liberalisierung des Marktes, der faire Bedingungen für alle schafft, eingedämmt werden kann. Die Länder, die den Weg der Liberalisierung gegangen sind, haben den Anteil des Schwarzmarkts sehr schnell verringern können.
Der Staat verdient mit
Nun haben Firmen voraussichtlich ab dem 01. März 2019 die Möglichkeit, sich bei einer neugeschaffenen Glücksspielbehörde um Lizenzen zum Angebot ihrer Produkte im slowakischen Netz zu bewerben. Diese Regulierungsinstanz soll mit einem jährlichen Budget von sechs Millionen Euro plus 0,7 % der Bruttoeinnahmen des Glücksspielsektors ausgestattet werden.
Die Konzessionen, so sieht es das neue Gesetz vor, werden für zehn Jahre gültig sein, es besteht die Option auf eine Verlängerung für weitere fünf. Bewerben können sich alle Anbieter, die der genannten Blacklist nicht in den vergangenen 12 Monaten hinzugefügt wurden, die anderen müssen den Ablauf eines Jahres abwarten.
Im Angebot hat die slowakische Behörde Lizenzen für den Betrieb von Online Casinos und Online Sportwetten für jeweils drei Millionen Euro. Möchte sich ein Anbieter beide Optionen sichern, kostet ihn das fünf Millionen Euro. Neben einem lokalen Mittelsmann, der im Kontakt zu den slowakischen Behörden steht, ist die Bereitschaft, die von nun an fälligen 22,07 % auf die Einnahmen an Steuern zu entrichten, notwendige Voraussetzung für eine Bewerbung.
Präsidentenveto: Undurchsichtige Regelungen, mangelnder Spielerschutz
Der Umgang mit den durch den geöffneten Glücksspielmarkt generierten Einnahmen war einer der Gründe für das Veto des slowakischen Präsidenten im Dezember.
Kiska monierte die fehlenden Informationen zur Verwendung der kommenden Mehreinnahmen und forderte das Finanzministerium auf, einen Plan zu erarbeiten, wie die Glücksspielsteuern und -gebühren auf direktem Wege Hilfsangeboten zum Umgang mit exzessivem Spiel zugutekommen könnten.
Bei seinem Veto hatte Kiska erklärt, seine Vorbehalte zeigten klar auf, dass das nun gegen seinen Willen verabschiedete Gesetz in seiner Gesamtheit fehlerhaft sei. Gerade der aus seiner Sicht mangelnde Spielerschutz hatte den Präsidenten dazu bewogen, die Neuregelung abzulehnen.
So forderte er unter anderem, alle Personen, die Privatinsolvenz angemeldet hatten, in einer nationalen Sperrdatei zu listen und so automatisch vom Glücksspiel auszuschließen.
Auch der Plan, User von Online Casinos anhand ihrer in Kopie eingesandten Personalausweise zu identifizieren, provozierte die Kritik des Präsidenten, der hierin eine Gefahr für die Datensicherheit der Nutzer sieht.
Liberal und sehr lukrativ
Ob die Slowakei nach der Verzögerung durch Veto und Abstimmung in der Lage ist, die ersten neuen Lizenzen wie geplant bis zum 1. Juli 2019 zu vergeben, ist ebenso fraglich wie die Motivation hinter der Kehrtwende vom restriktiven System zur lukrativen Öffnung des Marktes.
Über die inhaltlichen Bedingungen zum Betrieb ihrer Seiten, die Lizenznehmer erfüllen müssen, um auf dem slowakischen Markt operieren zu dürfen, ist nämlich deutlich weniger bekannt als über die finanziellen Leistungen, die sie erbringen müssen.
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