Glücksspielsüchtige fordert mehr Unterstützung für Frauen
Posted on: 14/01/2019, 01:58h.
Last updated on: 14/01/2019, 03:34h.
Eine spielsüchtige britische Frau, Kelly Field (36), liefert das Vorbild für die britische Drama-Serie „Cleaning Up“, die in der vergangenen Woche an den Start ging. Die Erlebnisse der Protagonistin Sam beruhen auf dem Leben von Field, die den Filmemachern bei der Entwicklung der Figur zur Seite stand und sich mehr Unterstützung für Frauen wünscht, die an einer Glücksspielsucht leiden.
Das britische Drama „Cleaning Up“
Hauptfigur der britischen Serie “Cleaning Up“ ist die Putzhilfe Sam, die von Schauspielerin Sheridan Smith gespielt wird. Sam arbeitet als Reinigungskraft in einem Trading-Büro in den London Docklands. Hier stolpert sie über Insider-Material und beginnt selbst, in die Welt der Börsen-Spekulationen einzutauchen.
Sam leidet an Glücksspielsucht und versucht mit dem Putzjob, ihre Spielschulden abzuzahlen. Als Teil einer unterbezahlten Reinigungskolonne ist das allerdings kaum möglich. Daher nutzt sie die zweifelhaften Informationen aus einem belauschten Telefonat, um selbst durch das Trading an mehr Geld zu gelangen.
Als Vorlage für die TV-Serie dienen die Erlebnisse von Kelly Field, die aufgrund ihrer Glücksspielsucht mehr als 70.000 Pfund (rund 78.000 Euro) Schulden angesammelt hat. Ihre Spielprobleme begannen, als sie im Jahr 2010 erstmals an Glücksspielen in einem Online-Casino teilnahm. Kelly Field flüchtete sich in die Welt des Glücksspiels, als sie nach einer besonders belastenden Zeit nicht arbeiten konnte.
Serienschreiber Mark Marlow sprach mit Field sowie mit weiteren Frauen darüber, wie sich das Spielen auf sie selbst, aber auch Freunde und Familie auswirkte.
Er meint:
„Ich habe mir die Unterschiede zwischen Frauen und Männern hinsichtlich der Gründe, warum sie spielen, angeschaut. Dabei habe ich entdeckt, dass die Frauen das Spielen vor allem als Ausflucht nutzen.“
Kelly Field offenbarte, dass sie zeitweise sogar unter Selbstmordgedanken gelitten habe. Sie sei so abhängig gewesen, dass sie ihren Laptop mit auf die Toilette genommen habe, um weiterspielen zu können. Mitunter habe sie mehr als 500 Pfund pro Tag verloren und dies vor Freunden und Familie geheim gehalten.
Mittlerweile liegt die Zeit ihrer Glücksspielsucht fünf Jahre zurück. Kelly Field habe die Hilfe erhalten, die sie benötige und zahlt nun ihre Schulden in Raten von 300 Pfund (rund 336 Euro) pro Monat ab. Für Field sei die Schauspielerin Sheridan Smith eine Ikone und sie freue sich, dass mit der Serie das Problem der Glücksspielsucht bei Frauen hervorgehoben werde.
Steigende Glücksspielsucht bei Frauen?
In Großbritannien hatte die offizielle Umfrage „The British Gambling Prevalence Survey“ bereits im Jahr 2010 auf die steigende Anzahl an Frauen hingewiesen, die sich an Glücksspielen beteiligten. Während in Großbritannien im Jahr 2007 noch 65 Prozent der Frauen an Glücksspielen teilgenommen hatten, waren es 2010 bereits 71 Prozent.
Der Umfrage entsprechend spielten immer noch mehr Männer als Frauen, aber es gäbe nun mehr Frauen, die Rubbellose oder andere Lotterie-Produkte kauften sowie an Glückspielautomaten oder im Online-Casino spielten.
Wie die Umfrage „Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2017 zeigt, ist die Beteiligung der Frauen am Glücksspiel in Deutschland ähnlich hoch wie in Großbritannien. So hat der Anteil unter den Erwachsenen, die angegeben haben, schon einmal an einem Glücksspiel teilgenommen zu haben, insgesamt 76,4 Prozent betragen. Unter den Männern waren es dabei 78,8 Prozent, unter den Frauen 73,9 Prozent. Beliebt waren bei den Frauen dabei vor allem Lotterie-Produkte, wie Lotto „6 aus 49“, Spiel 77 oder Super 6.
Insgesamt ist die Anzahl derjenigen, die in ihrem Leben schon einmal an einem Glücksspiel teilgenommen haben, zwischen 2007 und 2017 sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen gesunken. Hatten im Jahr 2007 noch rund 84 Prozent der Frauen angegeben, schon einmal an einem Glücksspiel teilgenommen zu haben, waren es im Jahr 2013 nur noch rund 75 Prozent und im Jahr 2017 noch rund 73 Prozent.
Eine ähnliche Tendenz, wie sie sich bei der Lebenszeitprävalenz abzeichnet, kann auch bei der 12-Monats-Prävalenz festgestellt werden. Hatten im Jahr 2007 noch 50 Prozent der befragten Frauen angegeben, im vergangenen Jahr an einem Glücksspiel teilgenommen zu haben, so waren es 2017 nur noch 33 Prozent.
Pathologisches Glücksspiel bei Frauen
Angestiegen ist laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung der Anteil an Frauen, die als pathologisch Glücksspielende eingeordnet werden. Der Anteil an männlichen Befragten lag 2017 bei 1,19 Prozent, der Anteil der Frauen bei 0,53 Prozent. Im Jahr 2015 hatte der Anteil bei den Männern noch bei 1,34 Prozent, bei den Frauen bei 0,25 Prozent gelegen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung weist diesbezüglich darauf hin, dass sich dieser Anteil auf „vergleichsweise niedrigem Niveau“ befindet.
Unterschiede zwischen spielsüchtigen Männern und Frauen
Auf geschlechtsspezifische Unterschiede in der Spielsucht weist die Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim hin. Ihre Forschungen zeigen, dass Frauen zwar seltener, aber schwerer spielsüchtig werden als Männer.
Andrea Wöhr von der Universität Hohenheim berichtete:
„Von problematischen Spielerinnen ist bekannt, dass sie im Durchschnitt später mit dem Spielen anfangen als Männer, dann aber rascher in süchtiges Verhalten abgleiten.“
Auffällig ist zudem, dass glücksspielsüchtige Frauen wesentlich häufiger als spielsüchtige Männer in ihrer Kindheit traumatisiert wurden. So betonte die Ärztin Monika Vogelgesang, dass von 100 Männern und 100 Frauen, die wegen des pathologischen Glücksspielverhaltens stationär in Behandlung seien, etwa 70 Prozent der Frauen von traumatischen Kindheitserlebnissen berichteten. Bei den Männern seien es dagegen rund 36 Prozent.
Den Zusammenhang zwischen psychischen Problemen und der Glücksspielsucht betont auch Kelly Field. Sie geht davon aus, dass man nicht logisch denke und zu keinen rationalen Entscheidungen fähig sei, wenn man gerade psychische Probleme habe.
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