Großbritannien will erste Spielsucht-Klinik für Jugendliche eröffnen
Posted on: 24/06/2019, 12:31h.
Last updated on: 07/10/2020, 12:04h.
Der britische Gesundheitsdienst NHS will die erste Spielsucht-Klinik für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 13 und 25 Jahren eröffnen. Die Klinik ist Teil eines Plans, der 14 weitere Kliniken zur Behandlung der Glücksspielsucht in ganz England vorsieht.
Wie der NHS heute in einer Pressemitteilung bekanntgab, solle die erste NHS-Klinik für Jugendliche und junge Erwachsene noch in diesem Jahr eröffnet werden. Diese Maßnahme werde angesichts der wachsenden Besorgnis getroffen, dass das pathologische Spiel durch das Online Glücksspiel und gezielte Werbung verstärkt werde.
Die britische Gambling Commission berichtete im November 2018 in einer Studie zum Spielverhalten von Kindern und Jugendlichen, dass 55.000 Kinder im Alter von 11 bis 16 Jahren in Großbritannien vom pathologischen Spielen betroffen seien. Wöchentlich nähmen 450.000 Kinder und Teenager am Glücksspiel teil, 70.000 von ihnen liefen Gefahr, ein krankhaftes Spielverhalten zu entwickeln.
Spezielle persönliche Behandlungen der Glückspielsucht wurden vom NHS bisher nur in London angeboten, sollen nun aber im Rahmen eines Langzeitplanes [Seite auf Englisch] landesweit verfügbar gemacht werden.
14 neue Spielsucht-Kliniken in ganz England geplant
Die Londoner Spielsucht-Klinik, die National Problem Gambling Clinic, soll künftig ebenfalls spezielle Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 13 und 25 Jahren anbieten, zusätzlich werde die Behandlung für Erwachsene erweitert. Außerdem sollen bis zu 14 neue NHS-Kliniken eröffnet werden, angefangen mit dem Northern Gambling Service in Leeds, gefolgt von Kliniken in Manchester und Sunderland.
Der Psychologe Dr. Matthew Gaskell von der Suchtklinik in Leeds betonte, dass dies das erste Mal sei, dass der NHS die Behandlung der Spielsucht in Nordengland finanziere und damit nun mehr Menschen und ihre Familien Hilfe erhielten. In den Kliniken sollen Patienten behandelt werden, die seit längerem pathologisches Spielverhalten zeigen, aber auch solche, die unter Verhaltensstörungen wie ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) oder unter Drogenmissbrauch leiden.
Simon Stevens, der Generaldirektor des NHS, sagte:
„Diese Maßnahme zeigt, wie ernst der NHS die Gefahr der Glücksspielsucht auch bei jungen Menschen nimmt, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass jeder für die Behandlung von psychischen Erkrankungen, die von Sucht verursacht werden, verantwortlich ist – speziell die Unternehmen, die direkt zum Problem beitragen.“
Stevens wies zudem darauf hin, dass die Glücksspielbranche zwar 1,5 Milliarden Pfund Sterling für Werbung ausgebe, aber nur ein Bruchteil davon suchtkranken Spielern und ihren Familien zugutekomme. Seiner Ansicht nach sei daher die Einführung einer Pflichtabgabe sinnvoll, die für Behandlungen durch den NHS sowie für Forschung und Bildung eingesetzt werde. Damit würde der NHS, aber auch der Steuerzahler, finanziell entlastet werden.
Diskussion über eine Pflichtabgabe für Glücksspielunternehmen
Eine solche Pflichtabgabe wird von der britischen Labour Party bereits seit einiger Zeit gefordert. Erst in der vergangenen Woche betonte der stellvertretende Parteivorsitzende, Tom Watson, bei einer Rede in Westminster, dass seine Partei sich für die Einführung einer Pflichtabgabe für Glücksspielunternehmen ausspreche. Diese sollte ein Prozent des Bruttojahresertrages betragen und rund 100 Millionen Pfund Sterling einbringen.
Derzeit zahlen die Glücksspielanbieter in Großbritannien eine freiwillige Abgabe in Höhe von 0,1 Prozent, jedoch deckte die Wohltätigkeitsorganisation GambleAware auf, das längst nicht alle Unternehmen tatsächlich die vereinbarten 0,1 Prozent spenden.
Um die Einführung einer Pflichtabgabe entgegenzuwirken, erklärten sich die fünf größten Glücksspielunternehmen, GVC, William Hill, Bet365, Flutter Entertainment und Sky Bet, Ende vergangener Woche zur Zahlung einer freiwilligen Abgabe in Höhe von einem Prozent bereit. Sie würden ihre Abgaben innerhalb von fünf Jahren freiwillig auf diesen Betrag erhöhen, ohne dass diese verpflichtend für andere Glücksspielunternehmen seien. Nach Schätzungen der britischen Tageszeitung The Guardian könnten damit etwa 60 Millionen Pfund Sterling eingenommen werden.
Kritiker, darunter der Abgeordnete der Scottish National Party, Ronnie Cowan, werfen den Glücksspielanbietern vor, dass es sich bei der freiwilligen Abgabe um ein Schmiergeld zur Besänftigung von Regierung und Aktivisten handele und man damit die Einführung der Pflichtabgabe verhindern wolle.
Angesichts des wachsenden Drucks ist es allerdings möglich, dass sich mehr Glücksspielanbieter für die Erhöhung ihrer freiwilligen Abgaben entscheiden. Ob sich die britische Regierung dennoch für die Einführung einer Pflichtabgabe entscheidet, bleibt abzuwarten.
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