Betrugsverdacht: Hartz IV-Empfänger gewinnt im Online Casino und kassiert weiter Geld vom Jobcenter
Posted on: 01/11/2019, 12:38h.
Last updated on: 01/11/2019, 12:46h.
In der Rheinmetropole Köln hat am Donnerstag der Betrugsprozess gegen einen 30-jährigen Hartz-IV-Empfänger begonnen. Laut Staatsanwaltschaft habe der Mann in einem Online Casino 78.000 Euro gewonnen, die Einnahmen allerdings nicht an das Jobcenter gemeldet.
Insgesamt seien innerhalb weniger Monate neun Überweisungen in vierstelliger Höhe ohne Kenntnis der Behörden bei dem Beschuldigten eingegangen.
Der Beklagte soll nun nicht nur bezogene Sozialleistungen in Höhe von 12.000 Euro an die Behörde zurückzahlen, sondern muss im Falle einer Verurteilung womöglich auch mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe rechnen.
Wann müssen Geldgewinne beim Jobcenter gemeldet werden?
In Deutschland gelten einmalige Casino- und Lottogewinne grundsätzlich nicht als besteuerbares Einkommen. Im Fall des Leistungsbezuges von Hartz-IV besteht jedoch eine Meldepflicht für Gewinne, die beim Lotto und in Casinos erzielt werden. Online-Casinos sind davon nicht ausgenommen.
Der Gesetzgeber will durch die Maßnahmen sicherstellen, dass nur bedürftige Antragsteller notwendige Sozialleistungen erhalten. Kommt der Leistungsempfänger seiner Meldepflicht nicht nach, drohen Sanktionen in Form von Geld- oder Freiheitsstrafen. Grundsätzlich gilt, dass der gemeldete Gewinn anrechenbar ist.
Das heißt, dass gezahlte Leistungen vom Jobcenter zurückgefordert werden können. Auch eine Kürzung oder Streichung kommt je nach Höhe des Gewinns in Betracht. Anders steht es unter Umständen beim Erzielen von Sachpreisen. Hier zählt, ob der Preis „verwertbares Vermögen“ darstellt. So muss ein Gewinn, zum Beispiel der eines Autos, nicht zwangsläufig zur Anrechnung beim Hartz-IV führen. Dies wäre lediglich der Fall, wenn das Auto verkauft würde.
Ein teurer Freundschaftsdienst?
Obgleich die Staatsanwaltschaft dem Leistungsbezieher vorwirft, anrechenbares Vermögen rechtswidrig am Jobcenter vorbeigeschleust zu haben, sieht sich der Mann nur bedingt in der Schuld.
Wie der Kölner Express am Donnerstag berichtete, habe der Angeklagte vor dem zuständigen Richter erklärt, lediglich einen Freundschaftsdienst für seinen ehemaligen Lebenspartner geleistet zu haben. Der Ex-Lebensgefährte habe aufgrund hoher Schulden eine Privatinsolvenz anmelden müssen und deshalb ein anderes Konto zum Spielen im Online-Casino benötigt.
Eine Aussage, die dem ehemals spielsüchtigen Angeklagten noch auf die Füße fallen könnte. Scheitert eine Verurteilung wegen Betruges, könnte sich der Mann unter Umständen wegen Geldwäsche oder Beihilfe zum Insolvenzbetrug strafbar gemacht haben.
Das Jobcenter schaut genau hin
Wie die Behörden überhaupt auf die vermeintlichen Online-Casino-Gewinne des Angeklagten aufmerksam wurden, wurde nicht bekannt. Im Regelfall überprüft das Jobcenter bei Antragstellung die Kontoauszüge eines Antragstellers, um die Höhe des Vermögens festzustellen.
Überdies ist es möglich, dass die Behörde eine direkte Anfrage an ein Finanzinstitut richtet und Auskunft verlangt. Die sogenannte „Kontoabfrage“ ist datenschutzrechtlich umstritten.
Das Jobcenter darf nämlich nicht nur die Kontoinformationen von Leistungsempfängern abfragen, sondern auch die von zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Nicht-Leistungsbeziehern.
Wie gewonnen, so zerronnen
Obwohl der Beschuldigte im Kölner Verfahren selbst nicht am Online-Glücksspiel teilgenommen haben will, zeigt der Prozess, mit welch engen Regeln Sozialleistungsempfänger im Alltag leben müssen.
Sie dürfen zwar mit den Transferleistungen spielen, von den Gewinnen bleibt in der Regel aber nur wenig. Beispiele hierfür gibt es genug. So hatte ein 33-jähriger Hartz-4-Empfänger im Jahre 2016 knappe 10.000 Euro durch einen „Quicktipp“ beim Lotto gewonnen.
In ehrlicher Manier gab der Wilhelmshavener den Gewinn beim Jobcenter an und bekam umgehend einen korrigierten Leistungsbescheid mit Kürzungen ins Haus. Sich mit rechtlichen Mitteln gegen die Streichungen zu wehren, verspricht derzeit wenig Erfolg. Legal ist die Anrechnung der einmaligen Einkünfte nicht zu umgehen.
No comments yet