Polygame Mormonen: Kalifornien prüft Schließung von Sekten-Casino
Posted on: 30/04/2019, 01:09h.
Last updated on: 30/04/2019, 06:14h.
Die Latter Day Church of Christ (dt. Kirche der letzten Tage Jesu) ist nicht nur eine Abspaltung des Mormonentums, sondern als Kingston-Gruppe auch ein Milliardenunternehmen. Nun könnte der christlich-fundamentalistische Clan aus Utah (USA), der unter anderem auf Polygamie und Kinderehen setzt, Schwierigkeiten bekommen: Die kalifornischen Behörden wollen ihm die Berechtigung zum Betrieb seines Casinos im Sunshine State entziehen.
Seit Jahrzehnten im Familienbesitz
Aufgrund fehlender Informationen und unzureichender Dokumentation der Geschäftstätigkeit könnte dem Lake Elsinore Casino das Aus bevorstehen.
Seit Anfang der 1990er-Jahre befindet sich das südkalifornische Casino im Besitz der Kingston-Familie, ihres Zeichens einer der größten fundamentalistischen Mormonen-Clans aus Salt Lake City, Utah.
Neben der Bibel betrachtet das Mormonentum das Buch Mormon als heilige Schrift. Dieses soll die Inschrift zweier goldener Platten darstellen, die der Prophet Joseph Smith 1827 auf einem Hügel gefunden und übersetzt haben soll, bevor er sie dem Engel/Propheten Moroni habe zurückgeben müssen.
Heute gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Strömungen im Mormonentum, das zum Großteil in den USA beheimatet ist.
Die größte mormonische Kirche ist mit rund 16 Millionen Gläubigen die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Im Gegensatz zu etlichen kleineren fundamentalistischen Abspaltungen, wie der Kirche der letzten Tage Jesu, lehnt sie die Vielehe ab.
Die rund 3.500 Mitglieder umfassende Gemeinschaft verfügt über ein breites Portfolio von Dienstleistungsangeboten und Tätigkeiten im Finanz- und Landwirtschaftssektor.
Jährlich erneuertes Provisorium
Nun soll ein Gericht über das mögliche Ende des Casinos entscheiden. Laut einer Beschwerde des kalifornischen Bureau of Gambling Control (CBGC) operieren die Betreiber bereits seit 1999 ausschließlich mit einer provisorischen Betriebserlaubnis, die immer wieder verlängert wurde.
Die für eine Bewerbung um eine echte Lizensierung notwendigen Informationen habe die Eigentümerschaft nie vorgelegt.
Von Lizensierung abgeraten
Bereits im Jahr 2008 habe die CBGC der California Gambling Control Commission, die für die Konzessionsvergabe in Sachen Glücksspiel in Kalifornien zuständig ist, von der Erteilung einer weiteren Betriebserlaubnis abgeraten.
Die damaligen Gründe der deutlichen Empfehlung der Ermittler:
Unzureichende Dokumentation, irreführende Bilanzierung, das Versäumnis die Regulierungsbehörden über Wechsel in der Unternehmensführung zu unterrichten sowie die fortgesetzte Beschäftigung eines vorbestraften Angestellten in einer Schlüsselposition.
Pferdewetten statt Lizenzverlust
Im Jahr 2009 übergab die CGCC den Fall an eine Anhörungsstelle, die jedoch bis 2016 keinerlei Maßnahmen ergriff.
Stattdessen erneuerte die Kommission weiterhin jährlich die Betriebserlaubnis und forderte vom CBGC eine erneute Überprüfung der Eigner Ted und Joseph Kingston. Das Ergebnis war das gleiche wie acht Jahre zuvor: Das Büro riet dringend von einer Lizenzvergabe ab.
Noch während die Untersuchung lief, bat Casinobetreiber Ted Kingston das California Horse Racing Board 2016 um Erlaubnis, seinen Kunden auch Pferdewetten anbieten zu dürfen. Mit Erfolg.
Warum genau die überdeutlichen Empfehlungen der kalifornischen Ermittler bislang ins Leere liefen, ist unklar. Die Behörden kommentieren den Fall nicht.
Neben den unzureichenden zur Verfügung gestellten Dokumenten dürfte nun aber insbesondere der Background-Check, der für eine Lizensierung positiv beschieden werden muss, den Casino-Eignern und ihren Anwälten Kopfzerbrechen bereiten.
„Rechtschaffenheit und Integrität“
In ihrer Klageschrift (Seite auf Englisch) weist die CBGC explizit auf die notwenige charakterliche Eignung eines Lizenznehmers hin:
So muss der Bewerber nach kalifornischem Recht über einen guten Charakter, Rechtschaffenheit und Integrität verfügen, um das Glücksspiel anbieten zu dürfen. Inwieweit diese Vorgaben von hochrangigen Mitgliedern des Kingston-Clans ohne Weiteres erfüllt werden können, ist offen.
Neben einem im Juli anstehenden Prozess gegen fünf Familienmitglieder wegen Betrugs in Höhe von einer halben Milliarde US-Dollar und wiederkehrenden Gerüchten in Bezug auf enge Verbindungen zur organisierten Kriminalität, sind es vor allem die Lebens- und Glaubensansichten der Gemeinschaft, die eine Lizensierung bedrohen könnten.
Vielehe und eine „reine Blutlinie“
Der Clan wird von einer kleinen elitären Gruppe verwandter Männer und weniger Vertrauter geleitet. Eine Säule des Glaubens der Gemeinschaft ist die polygame Ausrichtung, die es Männern erlaubt, mit mehreren Frauen gleichzeitig verheiratet zu sein.
Angeblich führt jedes Mitglied des Führungszirkels parallel mindestens 30 Ehen. Der Glaube, die Kingston-Familie stamme direkt von Jesus Christus ab, nährt die Vorstellung, die Blutlinie „reinhalten“ zu müssen (Seite auf Englisch). Dies mündet nicht nur im rassistischen Glauben an die Überlegenheit der weißen „Rasse“, sondern auch in inzestuösen Ehen.
Insbesondere Mädchen, die gerade die Geschlechtsreife erreichen, sollen Opfer von Zwangsehen und sexuellem Missbrauch innerhalb der Familie sein.
Die gerichtliche Entscheidung über die Zukunft des Lake Elsinore Casino wird für Juni erwartet.
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