Kalte Pyrotechnik als ungefährliche Lösung in deutschen Fußballstadien?
Posted on: 22/11/2018, 11:33h.
Last updated on: 23/11/2018, 09:29h.
Der dänische Pyrotechniker Tommy Cordsen hat eine neue Pyrotechnik entwickelt, die deutlich weniger Hitze und Rauch entwickelt als herkömmliche Bengalos. In Dänemark soll die neue „kalte Pyrotechnik“ im Dezember bei einem Spiel der ersten Liga getestet werden. Könnte dieses Produkt auch eine Option für deutsche Stadien sein?
Pyrotechnik, auch bekannt unter der Bezeichnung „Bengalos“, ist in deutschen Stadien streng verboten. Das ist nicht ohne Grund der Fall, denn die Fackeln entwickeln eine Temperatur von bis zu 2.000 Grad Celsius und einen Rauch, der für die Gesundheit äußerst schädlich sein kann.
Trotz Verboten und strenger Kontrollen werden Bengalos von den Fans in den Stadien gezündet, denn für hartgesottene Anhänger gehört das Abbrennen der Bengalos zur Fankultur. Für die Clubs bedeutet das Verhalten ihrer Anhänger jedoch hohe Strafen und für einen Großteil der Fans sowie für die Behörden ist das einfach nur kriminell.
Innenminister Beuth fordert harte Strafen
Erst kürzlich hatte sich der hessische Innenminister Peter Beuth zur Anwendung von Bengalos und Rauchbomben in den Stadien geäußert:
“Wer in einer Menschenmenge mit Pyrotechnik umgeht, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch sein Umfeld. Am Ende muss klar sein: Wer rechtswidrig agiert, der muss damit rechnen, dass er hart bestraft wird.“
Mit dieser Äußerung stieß er allerdings auf Unverständnis bei der Fanorganisation von Eintracht Frankfurt, die sagte, dass eine derartige Forderung fernab jeglicher Realität sei. Man könne von einer Ordnungswidrigkeit nicht zu einer Straftat kommen, die sogar mit Gefängnis bestraft werde.
Dennoch beharrte Beuth auf seiner Meinung, denn es gehe um echte Gefährdung. Dabei bezog sich der Politiker auf ein DFB-Pokal-Spiel des Drittligisten SV Wehen Wiesbaden gegen Zweitligist Hamburger SV:
“Das ganze Stadion stand im Rauch und der Schiedsrichter musste das Spiel unterbrechen. Das ist doch nicht in Ordnung für diejenigen, die Spaß an dem Sport haben.”
Neue Möglichkeiten durch kalte Pyrotechnik
Verbote und Kontrollen haben bislang keine nennenswerten Erfolge gebracht. Doch nun soll die sogenannte „kalte Pyrotechnik“ eine Lösung darstellen, die alle Seiten zufriedenstellen und den Konflikt, der zwischen Fans und Verbänden schwelt, beenden könnte.
Der Pyrotechniker Tommy Cordsen hat mehrere Jahre an einer neuen Variante des bengalischen Feuers gearbeitet, denn seiner Ansicht nach sollten Möglichkeiten geschaffen statt Verbote verhängt werden.
Das Ergebnis ist eine Fackel, die mit einer Temperaturentwicklung von 230 Grad Celsius deutlich ungefährlicher ist als die herkömmlichen Bengalos. Eine im Handel erhältliche Tischkerze kann bis zu 1.000 Grad Celsius heiß werden.
Ein weiterer Vorzug von Cordsens Erfindung ist die Tatsache, dass die kalte Pyrotechnik keinen Rauch entwickelt und mit Wasser gelöscht werden kann. Außerdem sei das Produkt laut Cordsen in mehreren Farben erhältlich, so dass es auch einen Rahmen für besondere Aktivitäten böte, beispielsweise um ein Logo oder eine Fahne nachzuahmen.
Die kalte Pyrotechnik könnte in jedem europäischen Supermarkt zum Verkauf angeboten werden, denn es trägt das CE Prüfzeichen.
Erste Tests und Feedbacks
Die neuen Bengalo Fackeln sollen im Dezember 2018 zum ersten Mal in der höchsten dänischen Liga getestet werden. Im Rahmen dieses Probelaufs sollen 1.000 Stück der Fackeln verteilt werden. In Schweden sollen die Bengalos ebenfalls getestet werden.
In Deutschland stößt die neue Pyrotechnik auch auf Interesse. Fanbeauftragte der Vereine Werder Bremen, Schalke 04 und Mainz 05, ein Vertreter des Fanladens des FC St. Pauli sowie Abgesandte der Deutschen Fußball Liga (DFL) reisten nach Stockholm, um die Präsentation des Produkts zu verfolgen.
Sven Langer vom Fanladen St. Pauli sagte:
“Alle waren sehr positiv überrascht und auch zuversichtlich, dass das vielleicht etwas für die Zukunft sein kann. Die nächsten Schritte müssten jetzt sein, dass man sich mit den Verbänden zusammensetzt, die Sicherheitsbehörden frühzeitig mit einbezieht und auch die Vereine und die Fans, um dann gemeinsam zu gucken, welche Wege wir finden können, um das Abbrennen von ‘kalter Pyrotechnik’ im Stadion zu ermöglichen.”
Der DFB hat seine Meinung dazu allerdings noch nicht geäußert und sagte nur, dass man seine Position zum Thema Pyrotechnik bereits mehrfach dargelegt habe.
Auch das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen scheint noch nicht von der kalten Pyrotechnik überzeugt und sagte, dass auch diese Fackeln mit erheblichen Unfallrisiken verbunden seien, weswegen sie aus polizeilicher Sicht in Stadien nicht zum Einsatz kommen dürften.
Für den Fanforscher Jonas Gabler ist das kalte Bengalo-Feuer jedoch eine gute Option und er riet dem DFB und der DFL dazu, ihre ablehnende Haltung noch einmal zu überdenken und über Alternativen nachzudenken.
Es bleibt abzuwarten, wie sich der Testlauf im Dezember in Dänemark entwickeln wird. Es ist durchaus möglich, dass das legale und kontrollierte Abbrennen dieser Fackeln dann auch in den deutschen Stadien genehmigt werden könnte.
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