Niederösterreich: Automatenindustrie wehrt sich gegen Grünen-Kritik
Posted on: 27/04/2019, 05:30h.
Last updated on: 09/05/2019, 08:06h.
Die Novomatic-Tochter Admiral reagiert mit harschen Worten auf Kritik aus der Politik. Helga Krismer (46), grüne Landtagsabgeordnete und Vizebürgermeisterin der Stadt Baden, hatte dem Glücksspielkonzern Novomatic vorgeworfen, den Bürgern mit seinen Spielautomaten „das Geld aus der Tasche” zu ziehen und sich erneut für ein Verbot des kleinen Glücksspiels in Niederösterreich ausgesprochen.
1,3 Milliarden in zwölf Jahren
Die Vorstandsvorsitzende der Admiral Casinos & Entertainment AG, Monika Racek, weist die Vorwürfe der Grünen-Politikerin Helga Krismer in einem Gespräch mit österreichischen Medien scharf zurück.
Krismer hatte ein Verbot des sogenannten kleinen Glücksspiels in der Region gefordert. Mit Berufung auf eine Quelle im Hause Novomatic rechnete die Politikerin aus, dass der Konzern in den vergangenen zwölf Jahren mit seinen Spielautomaten allein in Niederösterreich einen Gewinn im neunstelligen Bereich verbucht habe:
In Niederösterreich hat die Novomatic AG einen Nettobetrag seit der Einführung der Legalisierung des kleinen Glückspiels mit dem Jahr 2006 von 1,3 Milliarden Euro mit ihren Automaten erzielt. Oder anders formuliert: ein Milliardenbetrag wurde und wird den Niederösterreichern aus der Tasche gezogen.
„Substanzlose Attacken, Profilierungskampagne“
Ein Unding, wie Racek findet: Krismer versuche mit substanzlosen Attacken und auf Basis falscher Zahlen, Aufmerksamkeit zu erregen.
Statt Kritik am regulierten und legalen Markt zu üben, so die Vertreterin der Automatenindustrie, solle sich Politikerin lieber dem Kampf gegen das illegale Glücksspiel widmen.
Schließlich spiele ein Verbot ausschließlich den Betreibern illegaler Angebote in die Hände.
Während ihr Unternehmen bereits internationale Auszeichnungen in Sachen Spielerschutz erhalten habe, sei es der Schwarzmarkt, der eine wirkliche Gefahr darstelle:
(Es ist das illegale Spiel, wo, Anm. d. Verf.) tatsächlich Unsummen verdient werden, ohne Spieler- und Jugendschutz, ohne nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen und ohne Steuern abzuführen. Ich halte es für sehr bedenklich, wenn das alles für eine politische Profilierungskampagne geopfert wird.
Man könne nicht zulassen, dass die eigenen Mitarbeiter systematisch diskreditiert würden, so Racek weiter und stellte ein juristisches Nachspiel in den Raum.
Nicht die erste Verbotsforderung
Dass Grünen-Landessprecherin Krismer das sogenannte kleine Glücksspiel mehr als kritisch sieht, ist kein Geheimnis.
Bereits im Januar hatte sie ihre langjährige Forderung nach einem Verbot von Spielautomaten außerhalb von Spielbanken nach Wiener Vorbild öffentlich erneuert.
Lizenzen für „Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten“, gemeinhin als kleines Glücksspiel bekannt, werden im Gegensatz zu den Konzessionen zum Betrieb von Casinospielen, Lotterien und Online Angeboten nicht vom österreichischen Staat, sondern von den Bundesländern vergeben.
In der Steiermark, Kärnten, in Nieder- und Oberösterreich und im Burgenland sind derzeit rund 7000 Automaten legal im Betrieb.
In Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg ist das kleine Glücksspiel nicht erlaubt.
Im Kontext der Ermordung einer jungen Frau im niederösterreichischen Tulln durch ihren vermutlich spielsüchtigen Ehemann hatte Krismer damals auf eine Verbindung von Spielsucht und Gewaltkriminalität verwiesen:
Während die Sucht der Menschen einerseits Konzernen zu großen Profiten verhelfe, zerstöre sie auf der andere Seite Familien und verursache Kriminalität. Zum Schutz der Familien und im Sinne der Prävention von Gewaltverbrechen müsse die Politik Schritte zum „Verbot dieser süchtig machenden Einrichtungen“ vollziehen, so die Landtagsabgeordnete.
Präventionsbroschüre vom Dealer
In ihrer aktuellen Kritik stellt Krismer klar, dass auch das Engagement der Glücksspielindustrie in Bezug auf die Suchtprävention ihrer Meinung nach kein Argument für den regulierten Markt darstelle:
Würden wir das auf harte Drogen wie Kokain oder Heroin umlegen, würde das so ausschauen: Der Dealer wird aus der Seitengasse auf die Hauptstraße gestellt, darf legal seine Drogen verkaufen und hat auch gleich eine Broschüre für Prävention dabei. Und für die kleinen, suchtmachenden Pillen darf er auch Werbung bei Sportveranstaltungen machen, damit sie dann bei den harten Drogen landen.
Andere Länder seien in Sachen Jugendschutz und Werbeverbot bei Sportveranstaltungen bereits bedeutend weiter als Österreich, so Krismer.
Verbot nicht in Sicht
Ein Ende der Diskussion um das kleine Glücksspiel in Niederösterreich ist ebenso wenig in Sicht, wie sein offizielles Verbot.
Denn selbst wenn es mit anderen Bundesländern bereits Beispiele für das Verbot des Glücksspiels außerhalb der offiziellen Spielbanken gibt, ist der illegale Markt dort keineswegs ausgetrocknet.
Auch die Tatsache, dass mit der milliardenschweren Novomatic-Gruppe einer der weltgrößten Glücksspielkonzerne seinen Hauptsitz im niederösterreichischen Gumpoldskirchen hat und dort mehr als 1.200 Arbeitsplätze stellt, dürfte den Kritikern des kleinen Glücksspiels nicht unbedingt in die Hände spielen.
Von den historisch guten Beziehungen des Unternehmens zur ÖVP, die in der Landesregierung Niederösterreichs die Mehrheit stellt, ganz abgesehen.
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