Casinospiele in Shopping-App? Chinesischer Fashion-Store Shein in Kritik
Posted on: 09/11/2021, 12:02h.
Last updated on: 09/11/2021, 12:02h.
Der chinesische Online-Fashion-Händler Shein hat schon des Öfteren für Negativschlagzeilen gesorgt. Nach Schlagwörtern wie Umweltverschmutzung, Arbeiterausbeutung und Massendatensammlung ist der Fast-Fashion-Gigant nun wegen Glücksspiel-ähnlicher Features innerhalb seiner App in die Kritik geraten.
Wie die britische Zeitung The Times am Sonntag berichtet hat, sähen Suchtexperten in den „Shein-Casinospielen“ insbesondere für minderjährige App-Nutzer eine große Gefahr. Features wie Glücksräder, Mini-Games und Verlosungen regten dazu an, länger in der App zu verweilen und Käufe zu tätigen.
Die „Glücksspiele“ geben den Nutzern in erster Linie die Chance, Rabattgutscheine oder Treuepunkte zu gewinnen. Beim Glücksrad beispielsweise haben Shein-Kunden während des Promotion-Zeitraums täglich einen Spin zur Verfügung. Zwei weitere Spins können für das je 15-sekündige Browsen durch ausgewählte Artikel erhalten werden.
Neben der ein oder anderen „Niete“ können Spieler beispielsweise Rabattgutscheine von 25 % erhalten. Dafür muss jedoch in der Regel ein Kauf von knapp 125 Euro getätigt werden.
Der Online-Mode-Shop Shein wurde im Jahr 2008 in China gegründet. Das Unternehmen ist bekannt und in der Kritik für seine sehr kostengünstige „Fast-Fashion“. Insbesondere im Bereich Damenmode werden Kleidungsstücke wie Tops, T-Shirts, kurze Hosen oder Unterwäsche schon ab unter 2 Euro verkauft. Das Unternehmen wirbt darüber hinaus mit weltweit kostenloser Lieferung ab einem Bestellwert im ein- oder unteren zweistelligen Bereich.
Seit Beginn der Coronakrise verzeichnete Shein Berichten zufolge einen starken Boom. Über Social-Media wie Instagram und TikTok und in Zusammenarbeit mit Influencern soll der Konzern viele neue Kunden erreicht haben. Sein Gesamtumsatz für das Jahr 2020 wird auf 8 Mrd. Euro beziffert.
Die Tricks der Casinos in Online-Shops
Shein bediene sich einer Fülle bekannter und umstrittener Marketing-Tricks, schreibt The Times. Erst letzten Monat sei der Konzern von der Web-Design-Firma Rouge Media deshalb als die „manipulativste Mode-Marke“ bezeichnet worden. Vermeintliche Countdowns, Kurzzeit-Rabatte von bis zu 90 % und Pop-Up-Belohnungen sorgten dafür, dass die Kunden unplanmäßige Käufe tätigten.
Besonders gefährlich seien jedoch die genannten „Glücksspiele“, mahnen Suchtexperten. Im Gespräch mit The Times erläuterte der Londoner Psychiater Dr. Cyrus Abbasian:
Die gleichen Konzepte, die von Casinos genutzt werden, werden nun praktisch von jedem angewandt, der es sich ungestraft erlauben kann. So wie Sportwetten-Konzerne Gratis-Wetten vergeben, wenn man sich registriert, gibt Shein Gratis-Rabatte, wenn man Spiele spielt.
Ebenso wie die Wettanbieter mache auch Shein die vermeintlichen Geschenke schnell wieder wett. Das Modehaus setze dabei vor allem auf den Nachwuchs, kritisiert Abbasian. Teenager entwickelten suchtartiges Verhalten beim Nutzen der App und blieben dieser dadurch „treu“. Shein versuche, seine Kunden möglichst lange zu halten, bis diese alt genug seien, um höhere Geldbeträge auszugeben.
No comments yet