Manipulationsversuche in der 4. Liga: Chinesische Wettmafia in Deutschland?
Posted on: 12/02/2019, 01:31h.
Last updated on: 12/02/2019, 01:31h.
Ein möglicher Manipulationsskandal erschüttert den Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV). Im Fokus: Der Vater eines Nationalspielers und seine Verbindungen zu einer chinesischen Sponsoring-Agentur. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Der Vater von Nationalspieler und Freiburg-Stürmer Nils Petersen soll versucht haben, in der Regionalliga Fußballer für Spielmanipulationen anzuwerben. Ermittlungen zufolge könnte ein in Deutschland ansässiger Ableger der chinesischen Wettmafia die Strippen ziehen.
Wollte Funktionär Spieler kaufen?
Bereits im vergangenen November wurden erste Vorwürfe laut: Der Trainer des Potsdamer Regionalligisten SV Babelsberg 03, Almedin Civa, gab nach dem ersten Spiel der Rückrunde gegen Germania Halberstadt eine Pressekonferenz mit brisantem Inhalt: Zweien seiner Spieler sei vor der Partie Geld angeboten worden, damit sie „die Füße hochnehmen“ sollten, so der entsetzte Coach:
Diese Situation habe ich noch nie erlebt, ein Spieler rief mich vor der Partie an und berichtete von etwas, wodurch ich den Glauben an den Fußball verliere. Für die Spieler ist es eine sehr schwierige Situation.
Nach Medienberichten sollen sich die Vorwürfe gegen Andreas Petersen, den Sportdirektor der Mannschaft aus Halberstadt, richten. Der 58-jährige Petersen ist der Vater von Nationalspieler Nils Petersen, der beim FC Freiburg unter Vertrag steht.
Angeblich habe der frühere Trainer zwei Babelsberg-Spieler vor der Partie im November kontaktiert und einen Betrag von 12.000 Euro in den Raum gestellt, falls sie sich beim Spiel „zurücknähmen“. Beide Fußballer sollen zuvor bei Halberstadt unter Coach Petersen gespielt und das Angebot unmissverständlich abgelehnt haben. Hierfür läge Beweismaterial vor.
Petersen selbst gibt zu, die Spieler kontaktiert zu haben, bestreitet aber vehement jeglichen Manipulationsversuch:
Ich war 31 Jahre im Fußballgeschäft sauber und werde immer sauber bleiben. Ich werde mit einem Anwalt gegen die Schmutzkampagne des SV Babelsberg vorgehen.
Alles nur ein „Jux“?
Zunächst hatte Petersen angegeben, es habe sich bei der Aktion um einen „Jux“ gehandelt: So sei es gang und gäbe, Spieler gegnerischer Mannschaften vor einer Begegnung zu kontaktieren und sie „etwas zu locken und zu verunsichern“.
In einer zweiten Version erklärte der Funktionär, die betreffenden Spieler wollten sich an ihm rächen, da sie mit seinen vorangegangenen Entscheidungen als Trainer in ihrer Zeit bei der Germania nicht einverstanden gewesen seien. Schlussendlich gab Petersen mögliche Wintertransfers als Grund für die Kommunikation an.
Der SV Babelsberg hatte umgehend nach Bekanntwerden und bereits vor dem im Fokus stehenden Spiel den zuständigen NOFV über die im Raum stehenden Vorwürfe informiert. Der Verband nahm umgehend Ermittlungen auf.
Nach umfangreichen Medienberichten hatte sich auch zunächst das Landeskriminalamt Brandenburg und dann die für Korruption zuständige Abteilung der Staatsanwaltschaft Neuruppin eingeschaltet. Nun soll die Staatsanwaltschaft Magdeburg die Ermittlungen koordinieren. Das Ausmaß der Vorgänge scheint größer zu sein, als zuvor angenommen.
60.000 Euro für „sicheren Sieg“?
So meldete auch der Chemnitzer FC dem NOFV einen beunruhigenden Vorfall. Ein im Harz ansässiger chinesischer Sportvermarkter war bei dem Verein vorstellig geworden, um eine VIP-Loge im Chemnitzer Stadion anzumieten. Im Laufe des Gesprächs hätten die Interessenten eine mögliche „Refinanzierung“ ins Gespräch gebracht und dem Verein ein Angebot unterbreitet:
Die Chemnitzer sollten nach Willen der möglichen Sponsoren „sichere Siege“ im Vorfeld telefonisch kommunizieren. Dafür sollte der Verein neben der Miete für die Loge, pro angekündigt gewonnenem Spiel einen Betrag von 60.000 Euro erhalten. Der CFC brach die Gespräche ab und informierte Verband und Staatsanwaltschaft umgehend über die Vorgänge.
Spielmanipulation und Sportwettbetrug gelten seit 2016 nach § 265c, § 265d Und § 265e StGB in Deutschland als Straftaten. Dementsprechend ermitteln bei Verdacht nicht mehr nur die zuständigen Sportverbände, sondern auch die staatlichen Strafverfolgungsbehörden. Es drohen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren.
Nun steht die Frage im Raum, ob und wie die Vorwürfe gegen Halberstadt-Funktionär Petersen in Verbindung mit dem chinesischen Sponsor stehen könnten. Klar ist: Das Unternehmen mit Hauptsitz im chinesischen Qingdao hat nicht nur eine Dependance im 20 Kilometer von Halberstadt entfernten Wernigerode, sondern ist seit dem vergangenen Jahr auch offizieller Partner des Fußballvereins Germania Halberstadt.
Zweifelhafte Zufälle
Das Datum, an dem die diesbezügliche Vereinbarung feierlich unterschrieben wurde, mag nur eine Randnotiz sein, führt bei einigen Beobachtern aber zu Stirnrunzeln: Der Sportvermarkter wurde am 30. November offizieller Sponsor der Germania. Am selben Tag fand auch das fragliche Spiel Babelsberg gegen Halberstadt statt.
Und auch eine gewisse vorangegangene Nähe zwischen Funktionär und Unternehmen ist nicht von der Hand zu weisen: Auf der Website der chinesischen Firma findet sich ein Video zu einem Jugendturnier, das sie im Sommer in Wernigerode organisierte. Eine Grußbotschaft stammt von einem Nationalspieler namens Nils Petersen, seines Zeichens Sohn des in der Kritik stehenden Andreas Petersen.
Es ist nicht das erste Mal, dass als Investoren auftretende Chinesen im Verdacht stehen, Fußballvereine in krimineller Absicht zu unterstützen. So förderten Recherchen auf Basis der Football-Leaks im Jahr 2017 ein weltumspannendes Netzwerk zutage, das insbesondere kleine Vereine zunächst mit hohen Investitionssummen lockte, sie so zu Spielverschiebungen verführte und letztendlich massiv unter Druck setzte. Damals kam heraus, dass hierfür extra Agenturen im nicht-chinesischen Ausland installiert worden seien.
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