Vom Opfer zur Täterin: 58-Jährige wird „Außendienstmitarbeiterin“ von Glücksspiel-Betrügern
Posted on: 19/09/2020, 05:30h.
Last updated on: 18/09/2020, 03:26h.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat in dieser Woche eine 58-jährige Frau wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Veronika B. hatte sich von einer Bande einspannen lassen, um Senioren mit einer Glücksspiel-Masche abzuzocken. Bevor sie bei den Geprellten als „Frau Maier“ angebliche Gebühren für vermeintliche Gewinne einsammelte, war sie selbst zum Opfer der organisierten Glücksspiel-Betrüger geworden.
Frau Maier vom Außendienst
Die Richter in Nürnberg sahen es als erwiesen an, dass Veronika B. aus dem bayerischen Stockheim bei Opfern einer Glücksspielmasche Bargeld, Schmuck und Goldmünzen im Wert von rund 40.000 Euro eingesammelt und an ihre kosovarischen Hintermänner weitergereicht hatte. 16 Mal soll die Frau zwischen November 2018 und November 2019 tätig geworden sein.
Veronika B. hatte sich wahlweise als Notarin oder „Frau von der Steuer“ ausgegeben. Der Besuch von „Frau Maier“ war den betagten Opfern zuvor telefonisch angekündigt worden: Um einen ominösen Glücksspiel-Gewinn ausgezahlt zu bekommen, müssten zunächst Steuern bzw. Gebühren entrichtet werden.
Mit einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten auf Bewährung und der Zahlung von 1.700 Euro an eine Opferhilfeorganisation ist Veronika B. nun glimpflich davongekommen. Ursprünglich hatten der Großmutter wegen gewerbsmäßigen Betruges bis zu zehn Jahre Gefängnis gedroht.
Das milde Urteil beruht auf der gemeinsamen Auffassung der Verantwortlichen, dass die 58-Jährige nicht nur Täterin, sondern auch Opfer gewesen sei. Zudem habe sie nicht im Geringsten von dem Betrug profitiert.
Jackpot im Geldkoffer
Die Verteidigung hatte glaubhaft darlegen können, dass Veronika B. selbst auf die Masche der Betrüger hereingefallen war.
Im Jahr 2017 sei ihr telefonisch mitgeteilt worden, dass sie über einen vergessenen Lottoschein 500.000 Euro gewonnen habe. Um das Geld, das sich in einem Koffer befinde, zu erhalten, müsse sie vorab jedoch Zahlungen leisten. Vor Gericht erklärte der Verteidiger der Frau:
Die Anrufe kamen fast täglich. Ihr wurden Bilder von dem Koffer zugeschickt. Sie zahlte immer weiter.
Letztlich habe sie rund 100.000 Euro in den Kosovo überwiesen. Als alle Geldquellen versiegt seien, habe sie zugestimmt, als „Außendienstmitarbeiterin“ für die vermeintlichen Glücksspielbetreiber tätig zu werden.
Vor Gericht hatte sich die Frau reuig gezeigt und Scham über ihre eigene „Dummheit“ geäußert. So sei sie heute nicht nur hochverschuldet und habe ihren Arbeitsplatz verloren, auch ihr Privatleben habe schwer gelitten. Ihre Ehe sei zerrüttet und das Verhältnis zum Sohn schwierig. Zudem wüssten „alle im Dorf“ Bescheid.
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