Russland will Interessengruppen für Buchmacher abschaffen
Posted on: 05/12/2018, 02:45h.
Last updated on: 05/12/2018, 02:45h.
Das russische Ministerium für Wirtschaftsentwicklung plant die Abschaffung von drei Selbstregulierungsorganisationen für Buchmacher (SRO) in Russland.
Wie das Ministerium mitteilte, übernähmen die Organisationen unrichtiger Weise Funktionen der Bundessteuerbehörde.
Was machen die Selbstregulierungsorganisationen (SROs)?
Die SROs sind Interessengruppen, die aus den 16 in Russland operierenden Online-Buchmachern bestehen. Ihre Gründung geht auf den Dezember 2014 zurück. Bis zum diesem Zeitpunkt war jede Art der Online-Wette in Russland verboten.
Jedoch zeichnete sich zum Ende des Jahres 2014 ab, dass zumindest inländische Unternehmen ab Sommer 2015 Online-Wetten anbieten könnten.
Um eine der begehrten Lizenzen zu erhalten, war es allerdings nötig, die staatlichen Anforderungen an die Lizenzvergabe zu erfüllen.
Das sind die beliebtesten Buchmacher Russlands
Zu den beliebtesten russischen Buchmachern gehören die Unternehmen Parimatch, Liga-stavok, Marathonbet, Olimp und 1xBet. Obwohl Russland das größte Land der Welt ist, macht der Umsatz der Buchmacher nur 2,7 Prozent des Gesamtumsatzes weltweit aus. Als Grund hierfür wird nicht selten die restriktive Gesetzgebung in Russland genannt.
Dazu gehörte unter anderem die Einführung einer technischen Lösung, die es den staatlichen Regulatoren zukünftig erlaubte, jede Transaktion zwischen Buchmacher und Kunden lückenlos nachzuvollziehen.
Ziel der Regierung war dabei nicht nur der Spielerschutz und die Prävention von Geldwäsche. Auch der Terrorfinanzierung und Korruption sollte durch Kontrollen entgegengewirkt werden.
Eine Lösung für dieses Problem stellte die Einführung des sogenannten TSUPIS-Systems dar.
SORs etablieren das TSUPIS-System
Damit der Staat die Einnahmen der russischen Buchmacher kontrollieren konnte, richteten die SORs ein TSUPIS-System (Seite auf Russisch) ein. Unter TSUPIS kann man ein System verstehen, das als Vermittler zwischen Buchmachern und Kunden fungiert.
Es zeichnet auf, welche Beträge von Kunden verwettet werden und welche Gewinne der Buchmacher an den Kunden auszahlt. Auf diese Informationen hat schließlich auch das Finanzministerium Zugriff.
Damit TSUPIS funktioniert, muss es an das Transaktionssystem einer russischen Bank oder eines Zahlungsdienstleisters angeschlossen sein. So schlossen die Unternehmen, die Teil der „Buchmacher SRO“ (einem der drei russischen SROs) waren, einen Vertrag mit der russischen KIWI-Bank, um die Transaktionen abwickeln zu können.
Nunmehr seit 2016 muss jeder Buchmacher, der seine Dienste auch online in Russland anbietet, Teil des besagten TSUPIS-Systems werden. Gleiches gilt für die Spieler.
Wer in Russland eine Wette online platzieren möchte, hat sich vorher über TSUPIS zu registrieren.
Der Registrierungsprozess für Spieler stellt sich dabei einigermaßen kompliziert dar. Zuerst muss sich der Kunde bei einem in Russland lizenzierten Buchmacher anmelden.
Im zweiten Schritt muss auf der Website von TSUPIS ein Profil erstellt werden, wozu Name, Telefonnummer und Emailadresse des Kunden notwendig sind.
Im dritten Schritt muss der Spieler nachweisen, im Besitz eines russischen Passes zu sein.
Dazu muss er mit seinem Pass persönlich bei einem Shop des Buchmachers vorstellig werden. Einer Registrierung für in Russland lebende Ausländer ist nicht möglich.
Das umständliche TSUPIS-System geriet in der Folge immer wieder in Kritik. Die Buchmacher bemängelten, dass der Registrierungsprozess zu aufwendig sei und einer großen Infrastruktur bedürfe.
Die Idee, eine Registrierung für Wettangebote nur in offiziellen Läden der Wettanbieter zuzulassen, schien es für die Landbevölkerung unmöglich zu machen, am Online-Wettgeschäft teilzunehmen.
Diesen Umstand erkannte vor der WM 2018 auch das russische Finanzministerium, das kurzer Hand ankündigte, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das die Registrierung über TSUPIS vereinfache.
Ein Versprechen, das bislang nicht gehalten wurde.
Ein Schritt zur Unzeit
Der Schritt der Regierung, die SROs abzuschaffen zu wollen, kommt zu einem seltsamen Zeitpunkt.
Zum einen hat die Regierung bisher keine neuen Maßnahmen ergriffen, die einen Verzicht auf die SROs und damit auf das TSUPIS-System rechtfertigen würde. Zum anderen arbeitete das Finanzministerium in jüngerer Vergangenheit Hand in Hand mit den SROs.
Erst letzte Woche schlug das Finanzministerium ein neues Selbstausschlusssystem für Problemspieler vor, welches es erforderlich gemacht hätte, dass die betroffenen Spieler ihre Daten an die SROs weitergeben.
Unklar bleibt, wie der Spielerschutz ohne die SROs nun effektiv umgesetzt werden soll.
Gängelei gegen Glücksspielanbieter?
Wie wir in der Vergangenheit berichteten, geht Russland immer wieder gegen Casino-Seiten vor. Auch die oberste russische Zensurbehörde Roskomnadzor sperrt immer wieder Online-Glücksspielseiten und Content, der mit dem Online-Glückspiel in Verbindung steht.
Beliebtes Angriffsziel der Behörden sind aber auch die Banken, Zahlungsdienstleister und die Transaktionsregeln an sich. So hatte das russische Finanzministerium erst vor kurzem angekündigt, russische Banken überprüfen zu wollen.
Grund sei, dass immer noch nicht alle russischen Finanzinstitute den Zahlungsverkehr zwischen russischen Spielern und Online-Plattformen im Ausland eingestellt hätten.
Einige Banken kritisierten allerdings, dass die Behörde gar keine aktualisierten Listen mit den Namen der besagten Online-Plattformen übermittelt hätte.
Die Ankündigung der Auflösung der SORs kann in diesem Kontext verstanden werden. Sollte es die Selbstregulierungsorganisationen nicht länger geben, wären gleich drei staatsunabhängige Interessengruppen der Glücksspielbranche Teil der Geschichte.
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