Paukenschlag: Schleswig-Holstein setzt weiter auf Lizenzen für Online Casinos
Posted on: 13/02/2019, 04:27h.
Last updated on: 13/02/2019, 04:39h.
Die schleswig-holsteinische Regierungskoalition plant, weiterhin Lizenzen für private Anbieter von Online Casinos zu vergeben, notfalls auch gegen den Willen anderer Bundesländer. Das machte heute Hans-Jörn Arp (CDU) bei einer Debatte im Kieler Landtag klar. Angeblich sind auch Nordrhein-Westfalen und Hessen mit im Boot.
Die Regelungen zum Umgang mit dem Online-Glücksspiel waren heute Hauptpunkt der Debatte im Landtag in Kiel. Während die regierende Jamaica-Koalition offensiv für eine Öffnung des Marktes und die damit einhergehende Aussicht auf bessere Regulierung und höhere Steuereinnahmen eintrat, blieb Oppositionsführerin SPD bei ihrem „Nein“ zur erneuten Liberalisierung des Online-Glücksspiels in Schleswig-Holstein.
Lizenzvergabe auch gegen den Willen der Länder
Wenn am 21. März die Ministerpräsidenten der Länder tagen, um sich unter anderem mit der Ausgestaltung des 2021 in Kraft tretenden neuen Glücksspielstaatsvertrags zu beschäftigen, hofft die Jamaica-Koalition aus Schleswig-Holstein auf eine Einigung im Sinne einer bundesweiten Liberalisierung des Marktes für Online Casinos.
Sollte die Konferenz der Länderchefs keinen solchen Beschluss treffen, so kündigte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Schleswig-Holsteins, Hans-Jörn Arp, bereits vor der heutigen Landtagsdebatte an, werde man erneut einen Sonderweg einschlagen:
Am 21. März findet die Ministerpräsidentenkonferenz statt. Da wird sich entscheiden, ob es einen Sonderweg in Schleswig-Holstein gibt. Es wäre schön, wenn zumindest die bewährten Anbieter, die sich an die Regeln gehalten haben, in Form einer „White List“ eine weiter Genehmigung bekommen.
Wenn das nicht funktioniert, werden wir mit Hessen und Nordrhein-Westfalen einen gesonderten Weg einschlagen.
Zweiter Alleingang Schleswig-Holsteins
Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Regierung im nördlichsten Bundesland durchsetzt und den Markt für Online Glücksspiel gegen den Willen von Opposition und Bund für private Anbieter öffnet. So hatten CDU und FDP bereits 2012 eine gesetzliche Grundlage geschaffen, nach der Anbieter von Online Casinos, Online Poker und Online Sportwetten unter strengen Auflagen in Schleswig-Holstein operieren durften.
Zwar revidierte die Nachfolgeregierung unter Thorsten Albig von der SPD die Entscheidung, zuvor waren aber bereits 48 Genehmigungen für den Betrieb von Online-Spielangeboten, darunter 23 für Online-Pokerspiele und Online-Casinos, erteilt worden. Diese traten zum 01. Januar 2013 in Kraft, die Lizenzen für Poker- und Casinoanbieter liefen bis zum Mittwoch vergangener Woche sukzessive aus. Für die Betreiber von Sportwetten im Internet gilt eine Übergangsfrist.
SPD: Sonderweg = Irrweg
In den vergangenen Tagen war Kritik laut geworden, dass Inhaber nunmehr ungültiger Lizenzen nach wie vor offensiv und mit dem Wappen Schleswig-Holsteins u.a. in der Landeshauptstadt Kiel prominent für ihre Online-Angebote warben. Diesen Umstand bemängelte in der heutigen Debatte auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Ralf Stegner.
Der Sonderweg Schleswig-Holsteins sei ein kompletter Irrweg gewesen, der nun eigentlich endlich ein Ende gefunden hätte, so der stellvertretende SPD-Vorsitzende in seinem Redebeitrag. Trotzdem gehe das Spiel mit Verweis auf die schleswig-holsteinische Lizenz munter weiter.
Eine Kritik, die Lars Harms, Vertreter des Wählerbündnisses SSW der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein, nicht gelten lassen wollte:
Der SSW ist froh, dass sich die Glücksspielanbieter weiter an die bisher geltenden Regelungen halten wollen, obwohl deren Lizenzen und damit die Bindungen an die bisherigen Regelungen auslaufen. Anstatt dies zu kritisieren, wie es die SPD tut, müssen wir dringend einen rechtlichen Rahmen für die Vergabe neuer Lizenzen schaffen.
Stegner kritisierte weiterhin, dass weder die von der schwarz-gelben Regierung bei ihrer Entscheidung für den Sonderweg prognostizierten Steuermehreinnahmen noch die in Aussicht gestellten positiven Auswirkungen auf Spielerschutz und Arbeitsmarktsituation eingetreten seien.
Der Oppositionspolitiker schloss mit dem Fazit, dass es einen erneuten Alleingang Schleswig-Holsteins in Bezug auf das Glücksspielgesetz nicht geben dürfe. Was in Hamburg unter Strafe stehe, könne nicht ein paar Kilometer weiter in Schleswig-Holstein erlaubt sein. Zudem sehe seine Fraktion keine rechtliche Grundlage für eine Verlängerung der kürzlich ausgelaufenen Lizenzen.
Regulierung: Kontrolle und Spielerschutz
Der juristischen Einschätzung Stegners folgte auch der Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen, der ein künftiges Totalverbot von Online Casinos aber kategorisch ablehnt: Ein solches verschlösse die Augen vor der Realität und schade Spielsüchtigen, indem es sie kriminalisiere anstatt ihnen zu helfen:
Für eine bessere Regulierung brauchen wir eine Öffnung des Glücksspiel-Staatsvertrages. Wir werben bei den anderen Bundesländern für eine Öffnung und damit gezielte Kontrolle von Online-Glücksspiel. Wem es wirklich um Suchtprävention und einen vernünftigen Umgang geht, sollte die Debatte konstruktiv begleiten und nicht polemisieren.
Ebenso sieht es Grünen-Koalitionspartner FDP. Der liberale Abgeordnete Christoph Vogt forderte eine „tragfähige, europarechtskonforme, transparente und an einem effektiven Jugend- und Spielerschutz orientierte Glücksspielpolitik“ in Schleswig-Holstein. Seine Parteikollegin Eva Grimminger legte nach:
Der von Grünen, FDP und CDU ausgehandelte Koalitionsvertrag mache klar, wie ein tragfähiges Konzept zur Eindämmung des Schwarz- und Graumarktes im Bereich des Online Glücksspiels aussehe. In dem aktuellen milliardenschweren und stetig wachsenden nicht-regulierten Markt finde weder Jugendschutz noch Spielsuchtprävention statt, während die Politik lediglich darauf verwiese, dass das alles doch eigentlich verboten sei.
Showdown am 21. März?
Mit der heutigen Debatte hat Schleswig-Holstein eine klare Marke zum weiteren Umgang mit der Regelung des Online-Glücksspiels im Land gesetzt. Offensichtlich hat sich das Konzept zur Regulierung des Marktes in den vergangenen Jahren in einer Art und Weise bewährt, dass zu seiner Fortführung auch Konflikte mit anderen Bundesländern billigend in Kauf genommen werden.
Ob diese klare Haltung zu einem grundsätzlichen Umdenken bei den Gegnern einer vernünftigen Regulierung und Liberalisierung des Marktes führen wird oder nur einige Länder diesen Weg gehen werden, wird sich voraussichtlich binnen der nächsten Wochen herauskristallisieren. Die Ministerpräsidentenkonferenz am 21. März darf mit Spannung erwartet werden.
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