Sky gegen exzessive Sportwetten-Werbung: nur noch ein Spot pro Werbeblock
Posted on: 05/11/2018, 01:25h.
Last updated on: 05/11/2018, 01:25h.
Ab August nächsten Jahres wird der Medienkonzern Sky seine Ausstrahlung von Glücksspiel-Werbespots in Großbritannien drastisch reduzieren. Kunden sollen des Weiteren die Möglichkeit erhalten, jedwede Glücksspiel-Werbung auf dem eigenen Fernseher zu blockieren.
Kunden wegen Glücksspielwerbung besorgt
Das Thema Glücksspielwerbung geht derzeit durch ganz Europa und nirgendwo wird auf politischer Ebene so viel darüber diskutiert wie in Großbritannien. Auf der einen Seite werden die Rufe nach einem totalen Werbebann, ähnlich jenem in Italien, lauter, doch auf der anderen Seite bemängeln viele Kritiker, dass dies keineswegs eine Lösung im Kampf gegen die Spielsucht sei.
Der britische Ableger des Medienkonzerns Sky hat sich daher um einen Kompromiss bemüht und beschlossen, die Häufigkeit von Glücksspielwerbung drastisch herunterzusetzen. Während Kunden derzeit pro Werbepause durchschnittlich vier Werbespots für Glücksspiel- und Wettanbieter zu sehen bekommen, soll künftig maximal ein Spot pro Pause erlaubt sein.
Die Änderungen sollen ab Beginn der nächsten Premier League im August 2019 durchgesetzt werden. Frühzeitige Einschränkungen sind aufgrund laufender Verträge, insbesondere mit den Sponsoren der verschiedenen Clubs, nicht möglich.
Heftig kritisiert wurden zuletzt vor allem die vielen Sportwetten-Spots während, bzw. in den Pausen, von Live Spielen. Da viele Spiele der Premier League am Wochenende bereits mittags oder nachmittags ausgestrahlt werden, würden auch Kinder und Jugendliche dem Thema zu sehr ausgesetzt, so die Kritiker.
Steven van Rooyen, der Geschäftsführer von Sky UK sagte dazu:
Unsere Kunden sind wegen der Glücksspielwerbung im Fernsehen sehr besorgt und wir verstehen diese Sorgen. Deswegen haben wir beschlossen, die Anzahl der Glücksspiel-Werbespots zu begrenzen und für besseren Schutz derer zu sorgen, die zur Risikogruppe der Problemspieler gehören.
Van Rooyen sieht aber ebenso großen Handlungsbedarf im Bereich der Online Werbung und erwähnte Plattformen wie Google und Facebook. Er fordert daher, dass der Online Werbemarkt ebenso streng reguliert werden soll wie Fernsehwerbung.
Selbstbestimmte Werbepausen dank AdSmart
Von einem grundsätzlichen Werbeverbot sieht Sky ebenso wie andere Medienkonzerne jedoch ab. Vielmehr bemüht sich der Konzern, einen Weg zu finden, auf sinnvolle Weise zum Spielerschutz und zur Bekämpfung von Spielsucht beizutragen.
Eine neue AdSmart Technologie soll Sky Kunden künftig erlauben, selbst mitzubestimmen, welche Art von Werbung über die jeweilige TV Box gezeigt werden soll und welche Inhalte grundsätzlich blockiert werden sollen.
Kunden können dann in den Sky-Einstellungen festlegen, dass keine Form von Glücksspielwerbung gezeigt werden soll. An Stelle der Spots wird dann alternative Werbung für andere Produkte laufen.
Der größte Konkurrent von Sky UK ist der Konzern BT (British Telecommunications). Die Spiele der Premier League, Champions League und anderen großen Events teilen sich dabei recht gleichmäßig auf die Sender Sky Sports und BT Sport auf. Werbung für Sportwetten sind auch bei BT sehr prominent.
BT äußerte sich zum aktuellen Thema Werbeeinschränkung jedoch eher vage. Das Unternehmen begrenze laut eigener Aussage bereits jetzt seine Glücksspielwerbung und wolle weiterhin eng mit der britischen Werbe-Regulierungsbehörde (ASA) zusammenarbeiten.
In erster Linie sollen sich dadurch Problemspieler, die sich gegebenenfalls auch aus Online Casinos haben ausschließen lassen, besser schützen können. Ein Blockieren durch Dritte ist dabei nicht möglich, denn nur der Kunde selbst darf über die Werbung bestimmen.
Anwendbar ist dies auf mehr als 140 TV-Sender, einschließlich SkySports, der Sender, der am meisten wegen Glücksspiel-Werbung unter Kritik stand. Die AdSmart Funktion soll aller Voraussicht nach jedoch erst ab Juni 2020 zur Verfügung stehen.
Ein Schritt mit weitreichenden Folgen
Die Ausgaben für Werbung jedweder Art sind im Vereinigten Königreich in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen und tragen maßgeblich zu den gesamtwirtschaftlichen Einnahmen bei. Laut der britischen Advertising Association werden durch jeden für Werbung ausgegebenen Pfund sechs Pfund über die Ausgaben der Konsumenten generiert.
Im Jahr 2017 lagen die Gesamtausgaben bei 22,1 Milliarden GBP (umgerechnet 25,25 Milliarden Euro). Im Umkehrschluss heißt das, dass der Wirtschaft des Landes durch Werbung allein 132,6 Milliarden GBP (151,52 Milliarden Euro) zu Gute kommen.
Der Anteil der Werbeeinnahmen aus dem Glücksspielsektor ist dabei in den letzten Jahren exponentiell angestiegen. Letzte offizielle Zahlen der Medienanalytiker der Firma Nielsen belegen, dass im Jahr 2016 ganze 127 Millionen GBP (145 Mio Euro) in die Glücksspiel- und Sportwetten-Werbung floss. Schätzungen zufolge liegt diese Zahl für die Jahre 2017 und 2018 sogar noch darüber.
Die britische Zeitung Telegraph {Seite auf Englisch] nannte in der Tat eine Zahl von 200 Mio GBP (228,5 Mio Euro), welche die Glücksspielanbieter pro Jahr für TV-Werbung allein ausgäben. Mit einer Reduzierung auf einen einzigen Werbespot pro Werbepause würden für Sky jedoch zwischen 50 und 75 % dieser Einnahmen wegfallen.
Allerdings besteht die Möglichkeit, dass aufgrund der verringerten Verfügbarkeit, die einzelnen Werbefenster deutlich teurer werden und Sky so seine Verluste abmindern wird. An die Stelle der Glücksspielwerbung werden darüber hinaus die Spots anderer Marken und Unternehmen treten.
Unterstützung auch durch Wettanbieter
Auch wenn die verschiedenen Sportwetten- und Casino-Anbieter ebenso von der Werbereduzierung betroffen sein werden wie Sky selbst, erhielt der Konzern Zuspruch für seine Entscheidung.
Vor allem der in Großbritannien verbreitete Anbieter Ladbrokes begrüßte die Entscheidung. In der Vergangenheit hatte der Buchmacher bereits dafür plädiert, alle Formen von Online Glücksspielwerbung vor 9 Uhr abends zu verbieten. Dadurch könnten Millionen von Pfund gespart und gleichzeitig die offline Buchmacher in den Straßen des Landes unterstützt werden.
Kenny Alexander, Ladbrokes Vorsitzender und Inhaber von GVC merkte an, dass die Anzahl der Glücksspiel-Werbespots während Sportveranstaltungen „ausgeartet“ sei. Dies sei dabei längst nicht nur seine Meinung:
In der Glücksspielbranche denken die meisten Menschen, dass es viel zu viel Werbung gibt. Wir sollten daher alle zusammenarbeiten und mit der gesamten Industrie gemeinsam für Veränderung sorgen. Das könnte sicher schwierig werden und letztendlich liegt es an der Regierung, festzulegen, was legal ist und was nicht.
Auf politischer Ebene gehen die Diskussionen indes weiter. Tom Watson, der stellvertretende Parteivorsitzende der Labour Party, plant im Falle des Wahlsieges umfangreiche Veränderungen in der Glücksspielregulierung. Abgesehen von einem kompletten Werbeverbot sollen auch die englischen Fußballteams keine Sponsorenverträge mehr mit Casinos und Buchmachern eingehen dürfen.
Ob es wirklich zu derart drastischen Veränderungen kommen wird, ist derzeit jedoch äußerts fraglich. Ein kooperatives Entscheiden, wie es der Chef von Ladbrokes vorschlug oder auch der vorläufige Kompromiss von Sky scheinen daher für den Moment ein vernünftiger Beginn zu sein.
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