Spanischer Bürgerbeauftragter befürwortet Totalverbot von Glücksspiel-Werbung
Posted on: 21/05/2019, 12:57h.
Last updated on: 21/05/2019, 02:13h.
Der amtierende spanische Bürgerbeauftragte Francisco Fernández Marugán (72) hat der spanischen Regierung am Montag zu einem Totalverbot von Glücksspielwerbung geraten. Der Wirtschaftswissenschaftler forderte ein Verbot von Glücksspielwerbung in Medien wie Radio, Fernsehen und Internet.
Ausnahmen sollten einzig für die staatlichen Wett- und Lotteriebetriebe gelten. Sei ein Totalverbot in der Praxis nicht umsetzbar, fordere der Politiker der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (PSOE), die Ausstrahlung der Glücksspielwerbung auf bestimmte Tageszeiten zu begrenzen, um den Kinder- und Jugendschutz zu stärken.
Die Macht der Werbung
Marugán richtete seine Empfehlung vordererst an das spanische Finanzministerium, welches bereits im letzten Oktober den Plan bekanntgab, Glückspielwerbung ähnlich hart sanktionieren zu wollen wie Tabakwerbung.
Anzeigen und Spots für Online Casinos und Buchmacher seien vor allem wegen ihrer Häufigkeit und der Verwendung populärer Werbefiguren gefährlich. Die Politik müsse, um suchtgefährdete Spieler zu schützen, neue Werberegularien einführen.
Die Richtlinien sollten dabei helfen, die Werbekontrollen zu vereinfachen, Verstöße festzustellen und gegebenenfalls Sanktionen gegen die Werbetreibenden verhängen zu können. Als letztes Mittel gegen illegale Glücksspielwerbung sei auch der Entzug von Glücksspiellizenzen eine mögliche Maßnahme.
Dieser Kodex gilt in Spanien für Glücksspielwerbung
Ähnlich wie in Deutschland ist landbasiertes Glücksspiel auch in Spanien regionsabhängig reguliert. Digitales Glücksspiel wird durch die Dirección General de Ordenación del Juego (DGOJ), einem Teil des Finanzministeriums, überwacht. Die Abteilung hat auch den Kodex für Glücksspielwerbung ausgearbeitet, welcher aus sechs wesentlichen Punkten besteht, die Unternehmen vor Veröffentlichung einer Werbung berücksichtigen müssen:
- Keine täuschende Werbung.
- Die Werbung soll einen verantwortungsbewussten Umgang mit Glücksspiel fördern und muss das offizielle Logo der Kampagne „Spielen mit Verantwortung“ tragen.
- Das Spielen soll nicht als Beruf oder in Verbindung mit beruflichem Erfolg dargestellt werden.
- Die Werbung soll darauf hinweisen, dass das Spielen erst ab 18 Jahren gestattet ist.
- Die Werbung soll keine besonders gefährdeten Gruppen ansprechen.
- Die Inhalte und Ziele der Werbung sollen transparent sein.
Die Dringlichkeit der Forderungen ergebe sich aus dem Umstand, dass Spielsucht ein zunehmendes Problem des öffentlichen Gesundheitswesens geworden sei und deshalb nicht ignoriert werden könne. Auch eine potenzielle Selbstregulierung der werbeannoncierenden Firmen steht der im Jahre 2017 berufene Bürgerbeauftragte kritisch gegenüber.
Dem Vormarsch des Online-Glücksspiels und der damit verbundenen Werbung müsse ein Dekret, welches sich explizit mit der Werbung für Online-Anbieter befasst, entgegengesetzt werden.
Marugán verglich die Gefahren der Glücksspielwerbung gar mit dem Rauchen:
“Das Phänomen der unkontrollierten Verbreitung des Glücksspiels, vor allem wenn die Spieler minderjährig sind, besitzt Eigenschaften, die denen des Konsums von Tabak oder Drogen ähnlich sind.”
Spaniens Markt für Glücksspielwerbung wächst
Während der Glücksspielmarkt Spaniens im vierten Quartal 2018 in einigen Bereichen mit einem langsamen Wachstum zu kämpfen hatte, scheint die Werbewirtschaft auf der iberischen Halbinsel durch das Glücksspiel deutlich zu profitieren.
Wie Zahlen der spanischen Glücksspielaufsicht zeigen (Link auf Englisch), sind die Marketingausgaben der Gaming-Anbieter zwischen dem dritten und dem vierten Quartal 2018 um satte 25,1 % gestiegen.
Im vierten Quartal 2018 gaben die Glücksspielfirmen insgesamt 95,1 Millionen Euro für Marketing in Spanien aus. 9,6 Millionen Euro entfielen dabei auf die Ausgaben für Partnerprogramme. 3,4 Millionen Euro wurden für Sponsorings ausgegeben, sowie 32,1 Millionen Euro für Promotion gezahlt.
Das Gros der Marketing-Mittel gaben die Betreiber mit 49,8 Millionen Euro allerdings für direkte Werbung aus. Die Beiträge für direkte Werbung stiegen damit um 36,5 % im Quartalsvergleich am stärksten. Die Gesamtausgaben verteilten sich auf insgesamt 52 in Spanien lizenzierte Unternehmen, die unter anderem in den Sparten Sportwetten, Online Casinos oder Online Poker aktiv waren.
Ein Totalverbot wäre kein Novum
Obwohl besonders die spanische Werbeindustrie aus der Glücksspielwerbung Nutzen zu ziehen scheint, wäre ein politisches Handeln gegen die wirtschaftlichen Ziele der Glücksspielwerbetreibenden in Europa kein Novum.
Bereits im August 2018 beschloss die italienische Politik ein totales Werbeverbot für Glücksspielprodukte in Fernsehen, Radio und Internet, das in der Folge juristisch angefochten wurde.
Ob Verbote überhaupt dafür sorgen können, den Spielerschutz zu stärken und pathologisches Spielen zu reduzieren, bleibt fraglich. Einer Studie über die Wirkung von Glücksspielwerbung in Italien zufolge, gaben 80 % der Befragten an, dass Glücksspielwerbung keinerlei Effekt auf deren Spielverhalten habe.
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