Job-Aus durch Mindestabstände? Spielhallen-Branche trägt Protest auf die Straße
Posted on: 09/06/2021, 01:15h.
Last updated on: 09/06/2021, 01:15h.
Mit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 zum 1. Juli enden vielerorts auch bislang geltende Übergangsregelungen für Spielhallenbetreiber. Mit der künftigen Pflicht zur Einhaltung bestimmter Mindestabstände droht einer Vielzahl von Betrieben das Aus. Auf den letzten Metern bläst die Branche nun nochmal zum Sturm. Nachdem gestern vor der Staatskanzlei in Schwerin protestiert wurde, soll heute eine Demo in Stuttgart auf die Situation der Beschäftigten aufmerksam machen.
„Absurd und antiquiert“
In den vergangenen Monaten haben Spielhallen- und Automatenbetreiber ihre Anstrengungen verstärkt, die Legislative davon zu überzeugen, dass ihre Angebote nach rein qualitativen Kriterien bewertet werden sollten. Dies würde bedeuten, dass Vorgaben zu Mindestabständen, wie sie der Glücksspielstaatsvertrag 2021 von den Ländern fordert, hinfällig würden.
So appelliert beispielsweise der Sprecher des Dachverbands Die Deutsche Automatenwirtschaft e.V., Georg Stecker in einer aktuellen Mitteilung:
Spielhallen mit dem Zollstock zu regulieren, ist im digitalen Zeitalter und angesichts demnächst legaler Online-Glücksspielangebote absurd. Statt einer antiquierten Spielhallen-Regulierung, die unternehmerische Existenzen und tausende Arbeitsplätze vernichtet, brauchen wir eine moderne Regulierung. Eine Regulierung, die die Qualität des Angebots, des Betreibers und des Personals der Spielhalle in den Mittelpunkt stellt und so den Jugend- und Spielerschutz stärkt.
Während Bundesländer wie Berlin Vorgaben zum Mindestabstand bereits rigoros umsetzen, hofft die Branche unter anderem in Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg nach wie vor auf ein Umdenken der Politik.
Demos in Schwerin und Stuttgart
So sollen nach Angaben des Veranstalters gestern über 200 Menschen im Rahmen einer angemeldeten Demonstration vor die Schweriner Staatskanzlei gezogen sein, um vor der heutigen Abstimmung des Landesparlaments zum Landesglücksspielgesetz Stellung zu beziehen. Sie fürchteten die Schließung von rund zwei Dritteln der Spielhallen vor Ort und somit den Verlust von ca. 600 Arbeitsplätzen.
Während der Glücksspielstaatsvertrag bereits von allen Ländern ratifiziert wurde, stehen die Entscheidungen über die landesrechtlichen Regelungen überall mit Ausnahme Hamburgs noch aus. In diesen entscheiden die Bundesländer selbst, wie sie die Vorgaben des Staatsvertrages, beispielsweise mit Blick auf Spielhallen-Mindestabstände, im Detail umsetzen.
In Baden-Württemberg sind Betroffene heute dazu aufgerufen, ihren Unmut öffentlich kundzutun. Schätzungen der Branche zufolge soll bei Umsetzung der geplanten 500-Meter-Abstandsregelung für Spielhallen 8.000 der aktuell 10.000 Beschäftigten das Job-Aus drohen.
Inwieweit das Engagement der Branche und ihrer Beschäftigten Früchte tragen wird, bleibt abzuwarten. Dass dies nicht ausgeschlossen ist, zeigt das Beispiel Nordrhein-Westfalen. So hatte der Entwurf zum Gesetz zur Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages ursprünglich einen Mindestabstand von 450 Metern Luftlinie untereinander und 500 Metern zur nächsten Kinder- oder Jugendeinrichtung vorgesehen.
Für viele überraschend, hatte die schwarz-gelbe Landesregierung diesen im Entwurf später auf 350 Meter bzw. 100 Metern bei Wettbüros verkürzt. Beobachter warfen daraufhin Koalitionspartner FDP vor, sich massiv für die Interessen der Automatenindustrie eingesetzt zu haben.
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