Mangelnder Spielerschutz: Stehen Kreditkarten in britischen Online Casinos vor dem Aus?
Posted on: 22/02/2019, 10:59h.
Last updated on: 22/02/2019, 11:40h.
Die britische Glücksspielindustrie kommt nicht zur Ruhe. Nachdem erst vor wenigen Wochen die Werbespots der Wettanbieter im Fokus der Aufsichtsbehörde waren, steht nun die Bezahlung per Kreditkarte für Online-Glücksspiele auf dem Prüfstand. Im schlimmsten Fall könnte gar ein Verbot von Kartenzahlungen drohen.
Den staatlichen Aufsehern der UK Gambling Commission (GC) stößt bei der Zahlung per Kreditkarte insbesondere ein Faktor sauer auf: Die Tatsache, dass Kunden mit diesen Karten um Geld spielen, das sie eventuell gar nicht auf dem Konto haben. Um mehr über die Auswirkungen dieser Zahlungsform zu erfahren, startet die Kontrollbehörde nun eine Onlinebefragung.
Erhöhtes Risiko durch Kartenzahlungen
Nach Angaben der Behörde ist schon lange bekannt, dass gerade das Spiel mit “geliehenem” Geld ein hohes Risiko und Suchtpotential für die Betroffenen birgt, da die verspielten Summen oft gar nicht mehr mit echtem Geld in Verbindung gebracht würden. Der Grund: Beim Einsatz der virtuellen Geldbörsen von Visa und Co. können Spieler leicht den Überblick über ihre tatsächlichen finanziellen Verhältnisse verlieren. Bei der der GC zugeordneten Analyseabteilung “Responsible Gambling Strategy Board” heißt es dazu:
“Glücksspiel mit geliehenem Geld steigert signifikant die Gefahr, dass Betroffene mit mehr Geld spielen, als sie zur Verfügung haben.”
Um die schädlichen Auswirkungen genauer zu untersuchen, ruft die Kommission jetzt Spieler und Glücksspielunternehmen dazu auf, von ihren Erfahrungen mit Kreditkarten zu berichten. Seit gestern können Interessierte über die Webseite der Kontrolleure [Seite auf Englisch] an der Befragung teilnehmen.
Paul Hope, Executive Director der Kommission, sagte dazu in einem Statement:
“Wir untersuchen Maßnahmen, um die Gefahr für Menschen, die mit Kreditkarten online spielen oder die an Spielautomaten Geld setzen, zu reduzieren. Wir möchten deshalb von Spielern, den Anbietern und anderen Beteiligten die Meinung erfahren, um daraus Schlüsse zu ziehen und das Glücksspiel sicherer zu gestalten.”
Anhand der Ergebnisse der Umfrage will die GC entscheiden, welche Maßnahmen sie in Bezug auf die Zahlung per Kreditkarte in Gang setzt. Diese können von automatischen Zahlungslimits bis hin zu einem vollständigen Verbot von Kartenzahlungen für das Online Glücksspiel reichen.
Kreditkarten und Online Glücksspiel
Die kleinen Plastikkarten gehören bei den meisten Glücksspielangeboten im Internet zu den gängigen Bezahlungsmethoden. Die Vorteile liegen auf der Hand, denn sie sind für die Kunden bequem einzusetzen und dazu ein relativ sicheres Instrument für Onlinezahlungen.
Aus diesem Grund akzeptieren die meisten Onlineanbieter Karten wie Visa oder MasterCard, zumal sie die Transaktionsgebühren der Finanzdienstleister meist auf die Kunden abwälzen. Schätzungen zufolge werden inzwischen bis zu 20 % der Onlinezahlungen im Glücksspielbusiness über Kreditkarten abgewickelt.
Für die GC ist es nicht das erste Mal, dass sie per Umfrage an die Öffentlichkeit tritt. So befragte sie im letzten Jahr die Nutzer zu ihren Erfahrungen mit Alters- und ID-Checks bei Online Casinos.
Auch die Automatenaussteller sind im Visier
Dass die GC das Thema Spielerschutz sehr ernst nimmt, zeigt sich an einer weiteren Untersuchung der Behörde. Bei dieser geht es jedoch nicht um Online Casinos, sondern um Glücksspielautomaten, wie sie in Großbritannien zu Zehntausenden zu finden sind. Deshalb möchte die Kommission prüfen, inwieweit die Betreiber dieser Automaten ihrer Forderung nach weiteren Schritten zum Spielerschutz nachkommen.
Hintergrund ist die bevorstehende Reduzierung der Maximaleinsätze bei fixed odds betting terminals (FOBTs). An diesen von der GC als Kategorie B2-Spielautomaten eingestuften Geräten [Seite auf Englisch] dürfen künftig statt 100 Pfund Sterling nur noch 2 Pfund gesetzt werden. Diese in der Glücksspielbranche und in der Regierung gleichermaßen umstrittene Einschränkung bei den Geräten wird zum 01. April umgesetzt. Doch damit gibt sich die GC nicht zufrieden.
Sie möchte nun prüfen, inwieweit die anderen in Casinos (B1-Geräte), beziehungsweise in Spiel- und Bingohallen sowie Wettbüros (B3-Geräte) aufgestellten Glücksspielautomaten bei Spielern finanziellen und psychischen Schaden anrichten.
Zwar wurden die Maximaleinsätze bei diesen Automaten in der Vergangenheit bereits auf Beträge von 5, beziehungsweise 2 Pfund reduziert. Studien zufolge ist das Risiko für Nutzer der B1- und B3-Slots selbst bei diesen Einsätzen jedoch vergleichbar mit dem ursprünglichen 100 Pfund-Limit der FOBTs. Der Grund: Die Spiele laufen dort bis zu achtmal schneller ab als an den FOBTs; mit entsprechend häufigeren Einsatzmöglichkeiten und Verlustrisiken.
Drohen weitere Verschärfungen?
Sollte sich der Verdacht der Kontrolleure erhärten, dass die B1- und B3-Automaten vergleichbare Auswirkungen haben wie die FOBTs vor der Einsatzbeschränkung, behalten sich Glücksspielaufsicht und Regierung weitere Maßnahmen vor. Diese könnten beispielsweise aus Zeitlimits oder der automatischen Beendigung nach Erreichung eines Einsatzlimits durch den Spieler bestehen.
In einem Kommuniqué hatte die damals für das Glücksspiel zuständige Ministerin Tracey Crouch bereits im letzten Mai von der Glücksspielindustrie verlangt, proaktiv auf die Forderungen von GC und Regierung einzugehen und Vorschläge für einen besseren Spielerschutz zu unterbreiten.
Obwohl die Ministerin aus Protest gegen die aus ihrer Sicht zu geringen Regierungsbemühungen zur Begrenzung des Glücksspiels im letzten November zurückgetreten ist, greift die GC die damalige Forderung mit ihrer aktuellen Initiative erneut auf.
Deshalb auch ihre Frage an die Automatenwirtschaft, welche Schritte sie für einen besseren Spielerschutz einleiten will. Es wird sich zeigen, ob die eingereichten Antworten die Aufsichtsbehörde zufriedenstellen. Andernfalls könnten die Kontrolleure von sich aus aktiv werden und der Regierung schärfere Maßnahmen zum Schutz der Spieler vorschlagen.
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