Schweizer Suchtpanorama sieht wachsende Gefahr durch Online-Glücksspiel
Posted on: 09/03/2022, 12:04h.
Last updated on: 09/03/2022, 12:38h.
In der Schweiz nimmt die Internetnutzung beständig zu. Mit dem wachsenden Angebot und der Einführung immer modernerer Technologien können Verbraucher- und Spielerschutz jedoch nicht mithalten. Darauf weist das neue Schweizer Suchtpanorama 2022 hin, welches von der Forschungsstelle Sucht Schweiz am Dienstag vorgestellt wurde.
Nach Erkenntnis der Schweizer Forscher bestehe ein zunehmendes Suchtrisiko für die Bevölkerung, da Produkte mit entsprechendem Gefährdungspotenzial mittlerweile überall im digitalen Raum verfügbar seien. Dieser kenne kaum Grenzen, was Suchtgefährdete oder Minderjährige vor besondere Herausforderungen stelle.
Dies gelte neben dem erleichterten Zugang zu Suchtmitteln wie Alkohol oder Tabak in hohem Maß für das Glücksspiel und Gaming-Angebote. Grégoire Vittoz, Direktor von Sucht Schweiz, erklärte dazu:
Der virtuelle Raum kennt Möglichkeiten ohne Grenzen, ihm selbst sind aber kaum Grenzen auferlegt. (…) Wir müssen über Regeln diskutieren und dürfen das Feld nicht einseitig den Anbietern überlassen.
Dies sei insbesondere beim Online-Glücksspiel der Fall, dessen Bedeutung kontinuierlich zunehme. Inzwischen sei es laut Suchtpanorama für rund 29 % aller Glücksspielumsätze im Land verantwortlich.
Die beständige Verfügbarkeit berge jedoch Risiken. Das zeige sich an der hohen Zahl gefährdeter Spieler. Deren Anteil an der Schweizer Bevölkerung werde auf 3 % geschätzt, wobei 0,2 % ein pathologisches Spielverhalten zeigten. Insgesamt berichteten etwa 10 % aller Spieler über Probleme mit dem Glücksspiel.
Welche gravierenden sozialen Auswirkungen die Spielsucht auf die Betroffenen habe, zeige sich laut Sucht Schweiz auch an ihrer Wohnsituation. So habe eine Studie unter Suchtkranken ergeben, dass sich der Anteil an unter problematischen Verhältnissen Lebenden von 2007 bis 2017 von 3,8 auf 7,5 % annähernd verdoppelt habe.
Gefahr der Gaming-Abhängigkeit
Auch die wachsende Gefahr der Videospiel-Nutzungsstörung wird in dem Suchtpanorama beleuchtet. Immer ausgefeiltere Spiele, die oftmals in Teams bestritten würden, setzten Jugendliche zunehmend dem Risiko eines Kontrollverlustes aus.
Sucht Schweiz fordert deshalb einen besseren Schutz von Minderjährigen vor Online-Medieninhalten. Zudem müssten Mikrotransaktionen, beispielsweise für die in vielen Games angebotenen Lootboxen, besser eingeschränkt werden.
Dem Gaming Atlas Schweiz 2021 zufolge spielen etwa 40 % der Schweizer regelmäßig mindestens fünf Stunden pro Woche Videospiele. Rund 12 % verbringen demnach täglich Zeit mit dem Gaming. Suchtforscher gehen davon aus, dass der Anteil der von einer Videospiel-Nutzungsstörung Betroffenen zwischen 0,5 % und 5 % liegt.
Die Forscher sehen nun die Politik gefragt. Es sei zwar bereits ein Gesetz zur verpflichtenden Alterskennzeichnung eingeführt worden. Doch das zunehmende Suchtrisiko, das von Videospielen ausgehe, werde noch immer nicht hinreichend berücksichtigt.
Zudem müssten Videospiele stärker von Glücksspielen abgegrenzt werden. Als Beispiel nennt Sucht Schweiz Belgien, wo Lootboxen inzwischen als Glücksspiel klassifiziert würden. Diese Strategie sollte auch in der Alpenrepublik diskutiert werden, schlussfolgern die Suchtforscher.
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