WSOPE Bracelet Gewinner Sherkhan Farnood ist in afghanischem Gefängnis gestorben
Posted on: 31/08/2018, 01:41h.
Last updated on: 07/07/2021, 04:27h.
Der erfolgreichste afghanische Pokerspieler Sherkhan Farnood ist in der vergangenen Woche im Alter von 57 Jahren im Gefängnis in Kabul, Afghanistan, gestorben, wo er eine 15-jährige Haftstrafe absaß.
Farnood, der einst als Vorsitzender der Kabul Bank, des größten Finanzinstituts des Landes, tätig war, soll maßgeblich an einem der größten Bankenskandale der Geschichte des Landes beteiligt gewesen sein.
Daraufhin wurden er und CEO Khalilullah Frozi aus ihren Posten entlassen. Im Prozess im Jahre 2014 wurden sie wegen Veruntreuung von über 900 Millionen US Dollar und Vermögenswerten jeweils zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Farnoods Familie will auf den Autopsie-Bericht warten
Die Familie des Bankers und Pokerspielers kündigte eine Verzögerung der Begräbniszeremonie an, denn sie wollen auf das Ergebnis der Autopsie warten.
Die Angehörigen des Verstorbenen sagten außerdem, dass sein Tod unerwartet und verdächtig gewesen sei. Daher wollten sie die Umstände seines Todes genau untersuchen lassen.
Farnoods Bruder sagte:
„Ich habe noch einen Tag vor seinem Tod mit ihm gesprochen. Es ging ihm gut. Wir wissen nichts darüber. Die Regierung weiß, wie er gestorben ist.“
Shah Khan Shirzad, Farnoods Neffe fügte hinzu, dass sein Onkel kurz nach dem Frühstück verstorben sei. Das habe er von den Bediensteten des Gefängnisses gehört. Allerdings seien der Familie keine weiteren Fakten bekannt.
Ein Beamter der afghanischen Industrie- und Handelskammer (ACCI) sagte, die Bedingungen, denen Farnood ausgesetzt gewesen sei, seien fraglich gewesen.
Atiqullah Nusrat, CEO des ACCI, sagte, dass Farnood in einem zivilen Gefängnis untergebracht werden sollte, und nicht im Bagram Militärgefängnis, dessen mangelhafte sanitäre Einrichtungen schlechte hygienische Zustände verursachen.
Sherkhan Farnood soll die afghanische Wirtschaft schwer geschädigt haben
2004 erhielt Farnood eine Konzession für die Eröffnung der Kabul Bank, die von der neuen Schutzmacht USA gefördert wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt existierten in Afghanistan nur zwei staatliche Geldinstitute. William Byrd, der damalige Weltbankbeauftragte, erinnert sich:
“Die internationalen Aufseher waren froh, als sich in Kabul echte Banken gründeten. Und die ausländischen Geldgeber glaubten, man könnte diese Institute den internationalen Regeln unterwerfen.”
Farnood war rasch erfolgreich und entwickelte ein Gespür dafür, die Bürger in Afghanistan zu motivieren, ihre Ersparnisse auf die Bankkonten einzuzahlen. Er veranstaltete Lotterien, die unter dem Motto “Bakht” (Glück, Reichtum) lanciert wurden. Wer mehr als 100 US Dollar auf ein neues Konto einzahlte, erhielt ein Los. Die Gewinner sollten dann Immobilien, Autos oder Bargeld erhalten.
Farnood gelang es, seine Position zu festigen und er soll dann seine Stellung genutzt haben um Darlehen zu vergeben, unter anderem auch an seine eigenen Unternehmen. Beispielsweise erwarb er 2009 für seine Firma Kamir Airways fünf antiquierte, in Russland gebaute Antonow-Flugzeuge. Ein Jahr später stürzte eines dieser Flugzeuge nördlich von Kabul ab und alle 44 Personen an Bord kamen ums Leben.
Insgesamt soll der Generalstaatsanwalt in Afghanistan 413 Kredite ermittelt haben, die von der Kabul Bank vergeben wurden. Die Konditionen dieser Darlehen sollen dabei äußerst lax gewesen sein und es soll weder Rückzahlungsfristen noch Zinsen gegeben haben.
Strohmänner wie Hausangestellte, Gärtner oder Leibwächter sollen die Kredite beantragt haben. Die Gelder sollen dann an Aktionäre der Bank geflossen sein. Zugleich sollen Auszahlungen der Gehälter von Staatsbediensteten zurückgehalten worden sein, um zusätzliche Gewinne durch die Zinsen zu erzielen. Diese Gelder sollen dann in zahlreiche Geschäfte investiert worden sein.
Ende August 2010 drohten die Geschäfte aufzufliegen und die Kontoinhaber stürmten die Kassen, um ihr Geld abzuheben. Der Skandal brachte 2011 die Vereinigten Staaten dazu, die finanziellen Hilfen für Afghanistan in Höhe von 3,9 Milliarden US Dollar zu streichen.
Ein Leben in Saus und Braus
Neben seinen Geschäften, die sich mitunter in der Grauzone bewegt haben dürften, genoss er einen aufwendigen Lebensstil. In Dubai sollen ihm 16 Villen gehört haben. Berichten zufolge könnte Farnood Kontakte zur Unterwelt gepflegt haben. Während der 80er und 90er Jahre soll er Hawalas betrieben und ein Finanznetzwerk in Asien, China, dem Irak, Pakistan, Kalifornien und Europa aufgebaut haben.
Hawala hat seine Wurzeln im Mittelalter im Orient und ist ein informelles Geldtransfersystem. Damit wird Geld schnell, anonym und günstig weitergeleitet. Über die Transaktionen wird weder Buch geführt noch ist bekannt, wer Sender und Empfänger der Beträge sind. Illegale Transaktionen können daher nicht identifiziert werden.
Staatliche Maßnahmen, die gegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Terrorismus und Drogenhandel vorgehen, sind daher selten erfolgreich. Hawala ist in Deutschland ohne Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verboten.
Da das Hawala Finanzsystem kaum schriftliche Spuren hinterlässt, ist auch der illegale Geldtransfer möglich. So soll Farnood laut eines Ermittlers der US- Drogenbekämpfungsbehörde DEA in den 90er Jahren sogar für die Taliban, Al-Qaida und Drogenhändler Transaktionen getätigt haben.
Farnoods Karriere als professioneller Pokerspieler
Farnood spielte neben der Abwicklung seiner Geschäfte auch Poker. Er spielte zwar Poker unter der afghanischen Flagge, hatte aber die doppelte Staatsbürgerschaft in Afghanistan und in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Sein größter Erfolg war sein Gewinn beim #2 Event 2.500 £ H.O.R.S.E. der WSOPE 2008 in London in Höhe von £ 76.999 (zu den Wechselkursen dieser Zeit entsprach der Betrag etwa 140.000 US Dollar).
Auf diesem Turnier konnte er sich gegen ein Feld von 110 Spielern durchsetzen und erhielt sein erstes, aber auch einziges Bracelet. Doch dies war nicht sein erster größerer Gewinn, den er beim Pokern generieren konnte.
Er erhielt 165.274 US Dollar für seinen zweiten Platz beim Event # 26B der WSOP 2006: $ 1.500 Pot-Limit Omaha (Rebuy), das von Eric Froelich gewonnen wurde.